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Menschenskinder

Menschenskinder

Titel: Menschenskinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Sanders
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und schloss die Türen, »da aufgeblasene Luftballons prinzipiell nichts in Schränken verloren haben, werden wir uns daran halten. Schon aus Prinzip!«
    Wir haben sie dann in die Waschmaschine gestopft und in den Backofen und die restlichen am Auto befestigt, nachdem die beiden Männer mit ihrer schweißtreibenden Arbeit fertig geworden waren. In Badehosen standen sie da und wickelten eine Bahn nach der anderen um den Wagen, mal längs, mal quer, auch zwischen den Rädern durch und mit besonderer Sorgfalt um Stoßstangen und Lampen. Zuschauer gab es auch schon in genügender Menge, angefangen von ungefähr acht Jahren und der Frage: »Soll das ein Geschenk werden?«, bis zu einem Kurgast aus dem weiter östlich gelegenen Raum, der nach einem Blick zum Himmel meinte: »Die ham doch für heute jar keen schlechtet Wetter anjesacht, also wozu denn det Rejencape?«
    Ab und zu warf jemand einen Blick in den Garten, wo Anne kleine Stöckchen zu rätselhaften Mustern in den Boden steckte, wieder entfernte, nach längerem Grübeln eine andere Stelle markierte, die dann wohl doch nicht die richtige gewesen war, denn sie fing mit dem Spiel immer wieder von vorne an. Die Blumensträuße lagen, nach Farben sortiert, immer noch in zwei großen Haufen auf der Terrasse.
    »Sie scheint die Quadratur des Kreises lösen zu wollen«, vermutete Katja, während Steffi mehr an eine Art Geisterbeschwörung glaubte; war nicht erst unlängst wieder mal
Der Exorzist
im Fernsehen gelaufen?
    Doch auch dieses Rätsel löste sich. Wir begutachteten gerade unser Gesamtwerk – die einzeln aufgehängten Wattestäbchen machten sich zwischen den Tütchen mit Puddingpulver und den Teebeuteln wirklich gut –, Karen hatte noch die kleine Baldrianflasche an der Wohnungstür befestigt und den Zettel mit der Aufforderung
Nehmt es mit, Ihr werdet es brauchen!
drunter geklebt, als Anne lauthals nach Hilfe schrie.
    Zehn Minuten später waren die Stöckchen verschwunden und die Blumen verteilt. Dann gingen wir doch noch mal zurück in die Wohnung, um vom Fenster aus die Wirkung zu sehen. Abwechselnd in roten und gelben Blumen-Buchstaben war mitten im Rasen HERZLICH WILLKOMMEN zu lesen, umrandet von einem Herz aus abgepflückten Löwenzahnblüten. »Die sind bis morgen zwar verwelkt«, meinte Anne gleichmütig, »aber jetzt sieht’s doch richtig schön aus, nicht wahr? – Hat jemand zufällig einen Fotoapparat dabei?«
    Hannes hatte. Hat er eigentlich immer. Das Auto hatte er schon von allen Seiten abgelichtet, auch unsere aufwendige Wohnungsdekoration, jetzt schoss er noch ein paar Bilder vom Garten, doch den Clou hatte er sich bis zum Schluss aufgehoben und hinter verschlossener Tür eine ganze Weile daran herumgebastelt: Wenn man nämlich die Toilettenbrille hochklappt, dann über die Schüssel ganz straff eine durchsichtige Folie spannt, am Rand unauffällig festklebt und danach Brille und Deckel wieder herunterklappt, fällt diese Manipulation kaum auf. Manchmal bemerkt man sie noch zeitig genug, »aber bestimmt nicht nach einer längeren Autofahrt!«, wie Hannes mit hinterhältigem Grinsen vermutete.
    Ich hatte mir das ganz genau angesehen. »Woher kennst du diesen gemeinen Trick?«
    »Weil ich selber mal darauf reingefallen bin!«
    »Du hast also wirklich auf die Folie …?«
    »… gepinkelt? Natürlich, und das nicht zu knapp!
    »Iiiiiihhhh!«
    Nachtrag Nr. 1: Bliebe noch zu erwähnen, dass weder Nicki noch Jörg nur ein einziges Wort über unsere Heimarbeit verloren haben; lediglich für den dekorierten Garten haben sie sich bedankt und gemeint, sie würden die Blumen noch eine Weile stehen lassen, von weitem würde man gar nicht merken, dass es keine echten sind. Wir haben also nie erfahren, wie lange das Abdekorieren gedauert hat, was Nicki zu ihrer fachmännisch eingewickelten Auto-Mumie gesagt hat und vor allem, ob einer von ihnen die Folie auf der Toilette noch rechtzeitig genug … aber ich hätte mir eher die Zunge abgebissen, bevor ich nachgefragt hätte.
    Nachtrag Nr. 2: Die 117 künstlichen Blumensträuße, deren ordnungsgemäße Entsorgung Jörg strikt abgelehnt hatte, ist Sven beim nächsten Flohmarkt auf einen Schlag losgeworden. Eine türkische Gemüsehändlerin hat sie alle genommen und später in ihrem eigenen Laden stückweise zum doppelten Preis weiterverkauft.

Kapitel 12
    W er hat nicht schon mal von einer Schönheitsfarm geträumt? Sich so richtig verwöhnen lassen, mit einer regenerierenden Maske auf dem Gesicht

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