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Menschenskinder

Menschenskinder

Titel: Menschenskinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Sanders
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Chancen gehabt, dort arbeiten zu können.«
    »Akustische Morgengymnastik kann ich jeden Tag im Radio haben«, hatte Renate gefaucht, »nur hat die mich noch nie zum Mitmachen animiert. Und allein frühstücken zu müssen ist doch wohl das Langweiligste, was es gibt. Ich wundere mich nur, weshalb Sie nicht wieder hingefahren sind, wenn dort alles viel besser war.«
    »Weil dieses Haus bis November ausgebucht ist. Im Gegensatz zu hier, da bekommt man sogar kurzfristig einen Termin. Wen wundert’s?«
    Wir hatten immer noch gehüpft oder schon wieder, das weiß ich nicht mehr, aber Tanja war nichts anderes mehr eingefallen, und dann war es Conny gewesen, die unseren Frühsport abrupt beendet hatte. Sie war zur Treppe geschwommen, aus dem Wasser gestiegen, und während sie sich abtrocknete, hatte sie unsere Animateurin vom hellblauen Polohemd bis zu den hautengen weißen Leggings gemustert. »Bei Wassergymnastik gerät man normalerweise ins Schwitzen, aber ich friere jetzt ganz erbärmlich. Allerdings kann man bei diesem Herumgeplätscher auch nichts anderes erwarten.« Sie hatte zu ihrem Bademantel gegriffen. »Glauben Sie mir, ich weiß, wovon ich rede! Zu Hause gebe ich mehrmals pro Woche Aerobic-Unterricht!«
    Noch während sie auf die sichtlich geknickte Tanja herabstandpaukte, waren wir nacheinander aus dem Becken geklettert. »Warum machen Sie das denn, wenn Sie keine Ahnung davon haben?«, hatte Tantchen geforscht. »Ist ja keine Schande, dass man etwas nicht kann, und ich für meine Person hätte lieber wieder Tautreten gemacht.«
    »Das hatten wir doch gestern«, war Roswitha eingefallen, »uns wurde aber zugesichert, dass wir jeden Tag auf eine andere Art beginnen werden.«
    Na schön, dann morgen eben mit den fünf Tibetern, aber ohne mich! Es würde ohnehin unser letzter Tag sein. Eigentlich schade. Endlich hatte sich die Sonne entschlossen, entsprechend der Jahreszeit kräftig zu scheinen, wir verbrachten unsere Freizeit nicht mehr im Kaminzimmer sondern auf der Liegewiese und hatten uns sogar an die Invasion aus dem Unterhaus gewöhnt, die gleich nach dem Mittagessen mit Schirmchen, Sonnenöl und zwei Badeanzügen zum Wechseln bei uns einfiel. Unten hatten die Bewohnerinnen nämlich nur eine Terrasse, und auf der gab es erstens keinen Schatten und zweitens nur Stühle und keine Liegen, auf die man letztendlich ein Anrecht hatte. Allerdings blieben die ›Damen von unten‹ auch hier oben unter sich, was den Gärtner gelegentlich in sichtbare Schwierigkeiten brachte.
    Heinrich war bereits in Ehren ergraut und nach Renates Ansicht schon jenseits von gut und böse, was ihn aber nicht hinderte, immer gerade dann die Sprinkleranlage zu überprüfen oder die Rosen neben der rückwärtigen Tür zu beschneiden, wenn wir in der Sonne brutzelten. Und besonders arbeitswütig wurde er, sobald wir oberhalb des Bauchnabels gar nichts mehr trugen. Erstaunlicherweise gab es sogar vom Unterhaus ein paar Mutige, darunter Püppi, die sich dann immer mit einem überdimensionalen Sonnenhut beschirmte.
    Heinrich konnte sich nie auf Anhieb entscheiden, ob er vorne am Haus Unkraut jäten oder weiter hinten die Maulwurfhügel abtragen sollte, je nachdem, ob ihm der Sinn nach vollbusig stand oder nach sportlich-schlank. Lange währte seine Freude sowieso nie, denn es gab ja noch Lisbeth, die ihm vor mehr als vierzig Jahren angetraute Gattin, Herrscherin über Wäschekammern und ab 19 Uhr über die fremdsprachige Putzkolonne. Sobald Lisbeth die besetzten Liegen und gleichzeitig ihren Ehemann im Park entdeckte, klingelte bei ihr die Alarmglocke. Prompt erschien sie in der Tür. »Heiii-niii, die Frau Jonkers hat gesagt, du sollst endlich das Gitter vor dem Duschraum streichen.« Dessen Fenster zeigten in die andere Richtung und entzogen Heinrich den Verlockungen der Liegewiese.
    Die konnten wir jetzt richtig genießen (die Wiese natürlich, nicht die Verlockungen. Außer Heinrich gab es weit und breit nichts Männliches auf dem Grundstück, abgesehen von dem Fahrer des Müllautos, der jeden zweiten Tag die Container leerte). Die Gesundheitspflege hatten wir hinter uns, also Bäder, Massagen, Packungen undsoweiter, jetzt ging es nur noch um die Schönheit in Form von Beautymasken, Maniküre, Augenbrauen-Korrektur und was sonst noch dazugehört. Ich hab’s sogar mit Yoga probiert, weil das angeblich auch darunter fällt, aber nach fünf Minuten Beine hoch und Kopf runter war mir schwindlig geworden, ich durfte gehen und brauchte

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