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Menschenskinder

Menschenskinder

Titel: Menschenskinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Sanders
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nichts zu bezahlen. Yoga war nämlich im StandardProgramm nicht enthalten und kostete extra.
    Genau wie das Body-Wrapping. Frei übersetzt heißt das ›den Körper einpacken‹ und fällt im Haus Heide unter den Oberbegriff ›Problemzonen bekämpfen‹. Lobenswertes Angebot, denn welche Frau hat keine? Die meisten fangen doch immer irgendwo in der Taillengegend an.
    »Das machen wir, Määm«, hatte Steffi beschlossen, die sich grundsätzlich für zu dick hält, »damit kannst du deine Taillenweite um mehrere Zentimeter verringern. Ich weiß das von einer Kundin, die das auch gemacht hat.«
    Stefanie erfährt alles von ihren Kunden. Wo man am günstigsten Gardinen kauft und auch gleich nähen lassen kann, dass sie besser erst in zwei Wochen zu ihrem schwulen Friseur gehen soll, weil der Liebeskummer hat und momentan jeden Haarschnitt versaut, wo es die frischesten Freilandeier gibt, die preiswertesten Terrassenmöbel und dass der Hundesalon in der Kaiserstraße den Besitzer gewechselt hat und jetzt nur noch Pudel trimmt. Ich kaufe bei uns ja auch gelegentlich Kerzen oder eine Tüte Deko-Sand, würde jedoch nie auf den Gedanken kommen, mich mit der Inhaberin des Geschäfts, die ich seit zwanzig Jahren kenne, über meine Problemzonen zu unterhalten. Über den Friseur vielleicht, aber erstens ist meiner eine Sie, und zweitens haben wir sowieso nicht denselben.
    Nun also Body-Wrapping. Ich hatte keine Ahnung, was uns erwartete, Steffi aber auch nicht, sie vertraute lediglich auf die versprochene Wirkung, und so zogen wir gleich am zweiten Tag zu Ramses in die Grabkammer. Das war ein nicht allzu großer Raum im Untergeschoss, dessen Wände sandfarben gestrichen und dann mit ägyptischen Motiven bemalt worden war. Auf einer Seite zogen Kamele durch die Wüste, auf der anderen war eine Oase dargestellt mit den obligatorischen Palmen und einem Ziehbrunnen, im Hintergrund, geographisch nicht ganz korrekt, das Meer. Pyramiden waren natürlich auch zu sehen und eine etwas verunglückte Sphinx, erstaunlicherweise mit intakter Nase. An der Decke kleine Spots, die bis fast zur völligen Dunkelheit heruntergedimmt werden konnten, so dass man sich mit etwas Fantasie tatsächlich in eine königliche Grabkammer versetzt fühlte. Es fehlten nur noch die Mumien.
    Body-Wrapping erfordert keine kosmetische Vorbildung (hilfreich ist allerdings ein gewisses Talent im Verpacken von sperrigen Gegenständen), und deshalb musste Gisela wieder ran. Sie war sowieso das Mädchen für alles, ein ausgesprochen patenter Kerl, ständig mit einem Lachen im Gesicht, viel Humor und einem gehörigen Schuss Selbstironie. Rein äußerlich passte sie so gar nicht zu den ätherischen Wesen, mit denen wir täglich in den rosa Kabinen konfrontiert wurden. Die waren alle gertenschlank und perfekt geschminkt, nach meiner Ansicht psychologisch völlig falsch, weil niemand von uns trotz einer Woche Tortur mit Salben und Wässerchen auch nur annähernd so makellos aussehen würde.
    Gisela dagegen war zwar nicht dick, aber auch nicht schlank, hatte lustige blaue Augen in dem runden Gesicht und eine Haarfarbe, die früher, als sie noch eingetragen werden musste, jeden Passbeamten zur Verzweiflung gebracht hätte. War das nun ein dunkles Blond oder doch schon ein helles Braun? Eigentlich etwas dazwischen, aber wie nennt man das?
    Gisela also erschien in der Grabkammer, während wir noch die Wandbemalungen bewunderten. Sie setzte eine Rolle durchsichtiger Folie ab, exakt in der Größe, mit der Hannes und Sven erst unlängst Nickis Auto eingewickelt hatten. Steffi grinste auch sofort. »Vierzig Zentimeter breite Stretchfolie, stimmt’s? Wir verkaufen sie in 200-Meter-Rollen. Kriegt ihr die auch über den Großhandel?«
    »Keine Ahnung, aber die hier haben immer nur zwanzig Meter drauf. Ich bin doch nicht Herkules, auch wenn ich so aussehe!« Erwartungsvoll musterte sie uns. »Wer macht denn den Anfang?«
    »Du!!!«, kam es einstimmig von uns beiden.
    »Du hast uns das eingebrockt«, beschuldigte ich meine Tochter, »also musst du auch anfangen.«
    »Man soll dem Alter den Vortritt lassen«, konterte sie, »das hast du uns selber immer eingetrichtert.«
    Nun schaltete sich Gisela ein: »Es geht schnell, tut ganz bestimmt nicht weh, und danach können Sie sich eine halbe Stunde lang ausruhen.«
    »Na gut, der Klügere gibt bekanntlich nach.« Ich begutachtete die an der hinteren Wand stehenden, offensichtlich sehr bequemen Liegen. »Was muss ich denn jetzt

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