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Menschenskinder

Menschenskinder

Titel: Menschenskinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Sanders
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vermeiden, sagte Katja, bemüht, halbwegs ansehnliche Scheiben herunterzusäbeln, das Loch käme nämlich vom Knethaken, der ja zwangsläufig im Teig drin bleibe, mitgebacken werde und erst aus dem fertigen Brot herausgezogen werden müsse.
    So viel ich weiß, ist dieses Verfahren noch immer nicht verbessert worden, die allgemeine Brotback-Euphorie hat ja auch schon nachgelassen, doch wenn Katja gelegentlich eins vollautomatisch zusammenrühren und backen lässt, schmeckt es hinterher wirklich gut! Nur das Rezept mit den Nüssen sollte sie noch mal überarbeiten.
    Es fing gerade an zu dämmern, als Rolf zum Aufbruch drängte. »Ich will wenigstens den Schlangenpfad noch bei Tageslicht hinter mich bringen.«
    »Sooo schlimm ist die Straße nun wirklich nicht«, protestierte Tom sofort, »wenn man sie ein paar Mal gefahren ist, kennt man jede Kurve und stellt fest, dass es gar nicht so viele sind.«
    »Ich möchte sie überhaupt nicht näher kennen lernen, weil ich nämlich … sag mal, sind das da meine Schuhe?« Fragend hielt mir Rolf ein Paar dunkelblaue Treter jenes Umfangs entgegen, die man in den meisten Schuhgeschäften immer erst dann findet, wenn man das Schild mit dem Pfeil Übergrößen eine Treppe tiefer gelesen hat.
    »Seit wann trägst du Slipper?«
    »Darauf habe ich jetzt nicht geachtet«, knurrte er und stellte die Elbkähne wieder hin. Natürlich muss ein Mensch von einskommasechsundneunzig Meter Körpergröße auch auf entsprechend großen Füßen stehen, in nacktem Zustand sehen sie ja auch gar nicht so riesig aus, aber bei Toms Schuhen habe ich immer den Eindruck, sie gehören von rechts wegen als Blickfang ins Schaufenster, vielleicht mit dem Hinweis ›Auch der Yeti trägt Salamander‹ oder so ähnlich.
    Katja reichte ihrem Vater die richtigen Schuhe, und während er die Schnürsenkel zuband, murmelte Rolf: »Soll ich mir vielleicht auch noch das Design meiner Schuhe merken? Zu Hause finde ich sie auf Anhieb, alles, was links im Schrank steht, gehört mir.«
    Stimmt, es darf nur keiner kommen, der seine früher nie praktizierte Ordnungsliebe plötzlich an unserem Schuhregal beweisen muss und den Inhalt nach Farben (!) sortiert. Sah auch ganz hübsch aus, doch als Rolf meine Sportschuhe anziehen wollte und mich schließlich verdächtigte, seine in der Waschmaschine geschrumpft zu haben, musste Sven wieder umräumen. Seitdem stellt er nicht mal mehr einen Teller in die Spülmaschine. »Woher soll ich wissen, ob er zum Besteck oder zur Wand gucken muss?«
    Wir stiegen wieder die ungleichmäßigen Stufen zur Straße hinab, diesmal flankiert und hilfreich gestützt von unseren Gastgebern, und als wir unten angekommen waren, verschwanden die letzten Sonnenstrahlen hinterm Kirchturm.
    »Wie lange brauchen wir bis zur Straße?« Rolf tastete seine Taschen nach dem Autoschlüssel ab, fand ihn auch gleich, schloss auf.
    »Dreihundert Meter«, sagte Katja, »gleich unten rechts um die Ecke, da fahrt ihr direkt drauf zu.«
    »Ich meine nicht diesen Maultierpfad, sondern die breite Straße ganz unten, auf der man zur Autobahn kommt!
    »Ich brauche vierzehn bis fünfzehn Minuten«, sagte Tom, »schlimmstenfalls zwanzig.«
    »Erstens hast du Heimvorteil, zweitens einen schnelleren Wagen.« Es folgte das übliche Abschiedsritual mit Danksagung, Umarmungen, Küsschen und natürlich dem etwas halbherzigen Versprechen, ganz bestimmt im Sommer wieder zu kommen, wenn man auf dem Balkon sitzen und die Eichhörnchen füttern kann. Dann stiegen wir ein, Tom schloss die Türen, Rolf steckte den Zündschlüssel ins Schloss, drehte ihn herum, es röhrte ein bisschen, doch das war schon alles.
    »Wahrscheinlich kalt geworden«, vermutete er und versuchte es noch einmal. Und dann noch mal und noch mal, und nach dem sechsten Versuch gab er auf. »Verstehe ich nicht, wenn wir zu wenig Benzin hätten, dann müsste der Motor doch schon auf der Herfahrt mal gestottert haben. Hat er aber nicht.«
    »Was heißt wir?!«, protestierte ich sofort. »Vielleicht erinnerst du dich noch, dass ich …«
    »Ja, ja, ja!«, blaffte er zurück und stieg aus, um sich die topographischen Gegebenheiten genauer anzusehen. Prompt kam ihm die Erleuchtung. »Ist ja kein Wunder, dass er nicht anspringt, das Heck liegt so tief, dass der Motor keinen Sprit ansaugen kann. Ich muss den Wagen einfach zurückrollen lassen, bis er wieder gerade steht.«
    Er stieg ein, ich stieg aus. Gegen einfaches Rückwärtsrollen ohne Motor habe ich etwas, seitdem ich

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