Menschensoehne
und dürfen uns keinerlei Nachlässigkeit vorwerfen lassen. Wir haben versucht, bei ihm zu Hause in Kjalarnes anzurufen, aber da scheint niemand zu sein.«
»Das klingt alles reichlich absurd«, erklärte Erik. »Sævar soll hier in Island mit einem Mord in Verbindung gebracht werden? Besonders, wo er doch kaum noch nach Island kommt. Obwohl ich seit bald dreißig Jahren einer seiner engsten Mitarbeiter bin, weiß ich selbst kaum über seine Reisen Bescheid. Ich werde der Sache nachgehen und feststellen, ob er hier ist und ob er bereit ist, euch zu empfangen.«
»Die Sache drängt, und wir müssen diese Informationen so schnell wie möglich bekommen«, sagte Erlendur, »deswegen können wir allerhöchstens bis Mittag warten. Falls er nicht im Lande ist, fürchte ich, dass wir nach Deutschland fliegen und mit der deutschen Kriminalpolizei zusammenarbeiten müssen. Es ist außerordentlich wichtig, dass wir uns mit ihm unterhalten.«
»Ich werde sehen, was ich tun kann«, sagte Erik und stand auf. »Ich gebe euch Bescheid, wenn ich mehr Informationen habe.«
Sie gingen hinaus. Auf dem Weg zum Auto gab Erlendur Sigurður Óli die Anweisung, zum Stadtplanungsamt zu fahren und sich dort Kopien der Pläne von Sævars Haus zu besorgen. Während Sigurður Óli dies in Angriff nahm, rief Erlendur beim Verband der Bauunternehmer an und erhielt den Bescheid, dass keine isländischen Unternehmer, Architekten oder andere Fachleute irgendetwas mit dem Bau des Hauses auf Kjalarnes zu tun gehabt hatten.
In Erlendurs Tasche klingelte das Telefon, Elínborg war am Apparat. Der Polizei waren drei Kassetten in einem Umschlag zugeleitet worden, und es hatte sich herausgestellt, dass sie Aufzeichnungen von Halldórs Gesprächen mit diesem Daníel enthielten, der in der psychiatrischen Klinik Selbstmord begangen hatte. Man wollte mit dem Abspielen warten, bis Erlendur und Sigurður Óli wieder im Haus waren.
Achtunddreißig
Er gab keinen Ton von sich. Es war der Morgen, nachdem Kiddi Kolke sich Pálmi gegenüber zu erkennen gegeben hatte. Sie hatten versucht, den nächtlichen Einbrecher dazu zu bewegen, seinen Namen zu nennen und zu sagen, für wen er arbeitete und wer denn so ein Interesse an den Kassetten hätte. Wieder und wieder hatten sie gefragt, aber der Mann schwieg stur. Pálmi hatte blaue Flecken am Hals von seinen Pranken. Kiddi Kolke hatte ihn eher zufällig als absichtlich k.o. geschlagen. Weil er nicht wusste, was er mit ihm machen sollte, hatte er ihn bewusstlos zum Auto getragen und war mit ihm zu sich nach Hause gefahren.
Der Mann saß gefesselt auf einem Stuhl in einer kleinen Abstellkammer, die Kiddi Kolke im Keller zur Verfügung stand. Außer ihm kam niemand dorthin. Über dem Kopf des Mannes baumelte eine nackte Glühbirne. Er hatte keine Ahnung, wo er sich befand, Kiddi Kolke hatte er nie zuvor gesehen, aber Pálmi kannte er, weil er ihm auf den Fersen gewesen war. Er schaute sie abwechselnd mit zusammengekniffenen Lippen an und brüllte plötzlich:
»Ihr könnt mich hier nicht festhalten, ihr verdammten Kidnapper!«
»Ach, du musst vielleicht zu einem Termin? Oder zu einer Tagung? Du wirst vielleicht irgendwo erwartet? Bist womöglich zum Essen eingeladen?«
Der Mann schwieg und warf Kiddi Kolke grimmige Blicke zu.
»Sollten wir ihn nicht Erlendur überlassen?«, fragte Pálmi, und Kiddi Kolke nickte zustimmend.
»Vielleicht kriegt der ja was aus ihm raus. Wenn wir ihn ausliefern, wäre er natürlich ein echter Fall für die Polizei, dann muss er angezeigt werden, er wird verklagt und kriegt den Prozess gemacht, und dann muss er in den Bau. Vielleicht ist er ja auch kein Unbekannter bei der Polizei, die haben da womöglich auch ein Hühnchen mit ihm zu rupfen, da würde er aber ganz schön in der Patsche sitzen.«
»Du meinst, er könnte sich diese Unannehmlichkeiten ersparen, indem er uns das erzählt, was wir wissen wollen?«, warf Pálmi ein und betastete seinen Hals. »Ich kenne diesen Mann natürlich so gut wie gar nicht, und ich möchte ihm am liebsten nicht mehr begegnen müssen. Aber Helena ist vielleicht der Meinung, dass er hinter Schloss und Riegel gehört.«
»Also wenn er uns das sagt, was wir wissen wollen, kann er meinetwegen Leine ziehen, und die Angelegenheit ist aus der Welt«, erklärte Kiddi Kolke.
Der Mann sah von einem zum anderen und hatte den Mund bereits ein klein wenig geöffnet. Er wägte seine Optionen in dieser prekären Situation ab.
»Würdet ihr mich loslassen, wenn
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