Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Menschensoehne

Menschensoehne

Titel: Menschensoehne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arnaldur Indridason
Vom Netzwerk:
Taxifahrer hat bestimmt geglaubt, ich sei verrückt. Der Kerl arbeitete in dem Gewerbegebiet am Síðumúli in einem kleinen Pharmaunternehmen, das aber seitdem in Zusammenarbeit mit den Deutschen zu einem Riesenunternehmen geworden ist. Es trug den gleichen Namen wie im …
    DANÍEL: Das hast du alles herausgefunden? Du bist tatsächlich noch besser als ich. Wie oft habe ich denen hier das gesagt, dass diese Pharmabonzen Kranke wie mich produzieren, aber auf mich hört ja keiner, weil ich nicht normal bin. Du musst also auch geisteskrank sein. Produziert diese Firma Kranke wie mich? Ich habe immer gewusst, dass ich das Opfer von solchen Verbrechern bin, ich habe es gewusst. Die produzieren uns am Fließband! Ich muss jetzt weg, Halldór. Sprich nicht mehr mit mir.
    Rascheln. Schritte. Schweigen .
    Mehr war nicht auf der Kassette. Pálmi nahm sie heraus und legte die Kassette, die mit ZWEI beschriftet war, ein. Ein anderer Tag, ein anderer Besuch. Pálmi saugte jedes Wort in sich auf und vergaß alles um sich herum. Es war still in seiner Wohnung, nur hin und wieder drang das Kreischen von Kindern herein, die draußen spielten. Er bemerkte nicht, dass sich die Tür zu seinem ehemaligen Zimmer einen Spalt geöffnet hatte.
    HALLDÓR: … in Ordnung, wenn ich das Gerät anstelle, Daníel? Entschuldige, dass ich das in der letzten Woche heimlich gemacht habe, als wir uns getroffen haben, aber ich wusste nicht, was du davon halten würdest, wenn ich unsere Gespräche aufzeichne. Ich fühle mich selbst nicht wohl dabei, aber ich glaube, es ist richtig, das zu machen. Und ich kann gut verstehen, dass du mich loswerden wolltest. Aber jetzt bin ich wieder da, und ich werde nicht aufgeben, bis ich dir all das gesagt habe, was ich dir sagen muss. Ich kann nur dann zur Ruhe kommen, wenn du mir zuhörst. Ich muss dir von diesen Männern erzählen.
    DANÍEL: Neulich ging es mir nicht besonders. Heute geht es mir viel besser. Pálmi ist vorgestern zu Besuch gekommen. Der Ärmste. Er kommt hier Woche für Woche in die Klinik, Jahr für Jahr, und er weiß nie, wie er sich verhalten soll. Er ist schon über dreißig und lebt da einsam in seiner Wohnung vor sich hin. Er sieht schlecht aus. Hast du ihn in letzter Zeit mal gesehen? Er verliert schon die Haare und hat dunkle Ringe unter den Augen und diesen mitgenommenen Gesichtsausdruck, der überhaupt nicht zu einem jungen Menschen passt. Er sagt, dass ich versucht habe, ihn umzubringen, aber daran kann ich mich nicht erinnern. Hin und wieder habe ich eine Weile bei ihm wohnen dürfen, aber ich mache immer etwas falsch. Er hat mich erlebt, als ich in meiner allerschlimmsten Verfassung war. Früher habe ich immer auf ihn aufgepasst. Mama besaß eine kleine, alte Sportkarre zum Ziehen, und ich habe ihn darin überall mit hingeschleift. Er war ständig dabei, egal, was wir machten, auch als Kiddi Kolke das Auge verlor. Da hatte ich wirklich Angst, und am meisten hatte ich Angst davor, dass sie Pálmi was antun würden. Das Mädchen hatte eine tote Katze in der Hand, und irgendwie sah ich immer Pálmi anstelle der Katze vor mir.
    Schweigen .
    HALLDÓR: Ich kann mich an Pálmi in dieser Sportkarre erinnern. Wir haben manchmal im Lehrerzimmer darüber gesprochen, und alle waren verwundert darüber, wie gut dieser Daníel auf seinen kleinen Bruder aufpasste.
    DANÍEL: Pálmi hat sich später aber auch um mich gekümmert, und ich bin ihm dankbar dafür, aber das weiß er nicht. Für ihn stand immer meine Krankheit im Vordergrund und nicht die Tatsache, dass ich sein Bruder bin. Er bringt mir Zigaretten mit, und manchmal reden wir miteinander, aber häufig kann ich merken, dass er mit seinen Gedanken ganz woanders ist. Das bin ich natürlich auch, manchmal bin ich schwierig, so ist es die ganzen Jahre gewesen, das weiß niemand besser als ich. Auch als Mama noch lebte. Manchmal wurden die beiden gar nicht zu mir gelassen. Aber daran kann ich mich nicht so gut erinnern. Und der arme Pálmi hat zusehen müssen, wie es mit mir hier bergab ging, aber ich habe auch mit ansehen müssen, wie er verkümmerte. Ich weiß noch, wie ich Mama fragte, ob sie denn immer den Jungen mitschleppen müsste, denn ich konnte spüren, dass er sich nicht wohl fühlte und dass er Angst vor mir hatte. Das hab ich genau gemerkt und oft versucht, mit ihr darüber zu reden. Manchmal wusste ich, dass er hier draußen vor der Klinik wartete, weil er sich weigerte, mit hereinzukommen und mich zu sehen. Sie war der Meinung,

Weitere Kostenlose Bücher