Menschenteufel
versuchten
der Luft ein Mindestmaß an Sauerstoff zuzuführen.
»Guten Abend, Herrschaften! Und die Dame.« Kollektives Hochsehen.
»Lagebesprechung. Jetzt bitte.«
Freund stellte sich vor die große Wand, in deren Zentrum die
Tatortfotos hingen. Hektisches Tippen und Papierrascheln setzte ein. Stöße von
Unterlagen wurden in Form geklopft, Kugelschreiber hinter Ohren gesteckt, aus
den Druckern quollen weitere Papierströme. Endlich wandten sich ihm alle zu.
»Guten Abend. Ich fange gleich an. Ich komme gerade von der
Pressekonferenz. Der Fall wurde den Medien dargestellt. Wir haben Unterlagen
ausgegeben und die Bevölkerung um Mithilfe gebeten. Die Hinweise werden in der
zentralen Telefonstelle aufgenommen und an uns weitergeleitet. Da wird im Lauf
der Nacht und der nächsten Tage einiges auf uns zukommen. Ihr müsst die Spreu
vom Weizen trennen. Das ist eine extrem wichtige Aufgabe.«
Freund zeigte auf Wagner. »Alfons, bitte koordiniere du das. Stell
dir ein Team von fünf Männern zusammen.« Er sah in die Runde. »Gehen wir der
Reihe nach vor. Was wissen wir bis jetzt über das Opfer?«
Ein robuster Mittdreißiger mit Bartstoppeln auch oben am Kopf begann
aus seinen Aufzeichnungen vorzulesen:
»Alfred Wuster war achtundsechzig Jahre alt, wohnhaft in Wien-Hietzing.
Sohn eines leitenden Angestellten und einer Hausfrau. Matura in Wien, danach
Studium an der Hochschule für Welthandel, wie die Wirtschaftsuniversität damals
hieß. Seine Karriere hat er in der Wirtschaft gemacht. Verkäufer, später
Verkaufschef bei einem Metallunternehmen. Mit siebenunddreißig Direktor, mit
einundvierzig Wechsel zu einem internationalen Elektronikkonzern als Vorstand
der österreichischen Niederlassung. Verheiratet, zwei Kinder. Der Sohn lebt in
Singapur, die Tochter in Spanien. Mit fünfzig wechselte Wuster noch einmal in
einen anderen Vorstand. Um die Zeit ließ sich seine Frau von ihm scheiden. Die
Exfrau befindet sich auf Urlaub und konnte noch nicht erreicht werden. Die
beiden Kinder haben wir bereits verständigt. Wuster heiratete nicht wieder.
Über Beziehungen danach wissen wir noch nichts. Die Kinder auch nicht. Er nimmt
anscheinend noch immer diverse Funktionen in der Wirtschaft wahr. Dazu weiß der
Kollege Perlan mehr. Trotzdem schien Wuster die Öffentlichkeit nicht zu suchen.
Medienberichte mit Bildern gibt es nicht viele. Alles in allem schien dieser
Wuster das gewesen zu sein, was man ein nützliches Mitglied der Gesellschaft
nennt.«
Mit einem Blick gab er an den Kollegen Perlan weiter.
Der junge Mann konsultierte kurz seine Notizen. »Ich habe begonnen,
mir die Firmen genauer anzusehen, in denen Wuster tätig war. Während seiner
Karriere und auch jetzt noch hatte er zahlreiche Funktionen in Vorständen und
Aufsichtsräten. Stiftungen waren auch dabei.« Er präsentierte der Runde ein großes,
voll beschriebenes Blatt Papier. Krakelige Handschrift bedeckte die Seiten.
Kästchen waren mit Linien und Pfeilen verbunden.
»Ich kenne mich in diesen Dingen nicht so genau aus«, sagte er.
»Aber immer wieder waren einige dieser Firmen miteinander verbunden, als
Tochtergesellschaften, Beteiligungen und so weiter.«
»Das ist ja nichts Ungewöhnliches.«
»Einigen davon hat man Steuerhinterziehung vorgeworfen, eine wurde
sogar mit Geldwäsche in Verbindung gebracht.«
»Lass mich raten: Man konnte nichts beweisen.«
»Dafür waren sie wohl zu geschickt.«
»Was schlägst du vor?«
»Vielleicht können wir jemanden von der Wirtschaft dazuholen. Die
sollen sich das einmal genauer ansehen.«
Freund musste nicht lange nachdenken. Der Pepe hatte ihm jede
Unterstützung zugesagt. Solche Versprechen hatten eine kurze Halbwertszeit.
Wenn er jemanden aus der Abteilung für Wirtschaftskriminalität brauchte, dann
bekam er ihn jetzt. Er hatte auch schon wen im Kopf.
»Ich kümmere mich darum. Wie sieht es mit den Satanisten aus?«
Zu Wort meldete sich Elmar Knapp. Er war früher mit Freund bei der
Mordkommission gewesen. Jetzt arbeitete er beim Bundeskriminalamt.
»Satanismus ist immer wieder groß in den Medien. Das Thema
fasziniert die Menschen und schafft Leser und Zuseher. Die ganze Szene ist
allerdings sehr diffus und in Wirklichkeit ziemlich klein. Natürlich wird
berichtet, wenn es zu spektakulären Verbrechen kommt. Die sind aber sehr
selten. 2001 ermordete ein Ehepaar in Deutschland einen ihrer Bekannten mit
sechsundsechzig Messerstichen. Und in den frühen neunziger Jahren sorgte der
brutale Mord an einem
Weitere Kostenlose Bücher