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Menschenteufel

Menschenteufel

Titel: Menschenteufel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Raffelsberger
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begonnen. Ausschließen können wir in dieser
Phase natürlich nichts. Umso mehr, als da noch eine Sache ist, die nach den
Informationen über Frau Rother eine zusätzliche Dimension bekommt.«
    Sie machte eine bedeutungsvolle Pause, um sich die Aufmerksamkeit
aller Anwesenden zu sichern. »Zwei. Es fehlen zwei Ziegenböcke.«

Eins und eins
    Die Dämmerung war bereits tief in das Tal eingefallen, als er im
Garten ankam. Der Monitor des Laptops tauchte Claudias Gesicht in ein Licht,
wie Freund es von den alten Gemälden im Kunsthistorischen Museum kannte. Im
Schein um ihren Kopf tanzten kleine Insekten. Neben ihr saß sein Vater mit
geschlossenen Augen und Kopfhörern über den Ohren. Seine Lippen bewegten sich
lautlos zu einer seiner geliebten Opern.
    »Da bin ich. Bereit zum Dienst.«
    Bei seinem Begrüßungskuss fühlte sich Claudias Wange kühl an. Auf
dem Computerbildschirm leuchtete der Internetbrowser. Freund erkannte einen
Bericht über den Teufel von Wien. Daneben glänzte ein Glas Wein. Freund ließ
sich in einen Stuhl fallen.
    »Wie geht es ihm?«, fragte er leise, mit einem Seitenblick zu seinem
Vater.
    »Sehr gut heute Abend«, antwortete Claudia. »Er hat problemlos
gegessen.«
    »Ihr habt schon? Ich wollte ihm …«
    »Ich wusste nicht, wann du kommst.«
    »Dein Ultimatum war deutlich.«
    »Das hoffe ich.«
    »Deshalb bin ich jetzt da. Danke für das Essen. Wo sind die Kinder?«
    »Im Haus, Gameboy spielen und Musik hören.«
    Sie zeigte auf den Bildschirm.
    »Das wird nicht lustig«, sagte Claudia. »Die ganze Welt schaut euch
zu.«
    Sie stellte sich hinter ihn und strich seine Haare zurück. Er mochte
die Berührung ihrer Finger. Langsam glitten sie abwärts. Mit zarten Bewegungen
massierte sie seinen Nacken und die Schultern. Freund schloss die Augen.
    »Ich finde die Veröffentlichung dieser Bilder geschmacklos«,
erklärte sie.
    »Ich auch.«
    »Am meisten ärgert mich, dass ich sie trotzdem angesehen habe.«
    »Ich weiß.«
    Er küsste ihre Hand. »Ich bringe Vati ins Bett. Dann können wir noch
ein Glas Wein zusammen trinken.«
    Er stand auf und tippte dem alten Mann auf die knochige Schulter.
    »Guten Abend.«
    »Laurenz! Guten Abend.«
    »Es ist Zeit für dich, schlafen zu gehen.«
    »Ist es nicht ein herrlicher Abend?«
    Freund reichte ihm seine Hand. Die Finger seines Vaters fühlten sich
an wie mit Seidenpapier überzogene Zweige. Widerstandslos ließ er seinen immer
wieder überraschend leichten Körper hochziehen.
    »Ich bin eh müd«, murmelte er und legte die Kopfhörer mit dem
Discman auf dem Tisch ab.
    Der Geruch seines Altmännerschweißes begleitete sie ins Bad.
    »Der Teufel ist nach Wien gekommen«, erklärte der alte Mann.
    »Ich weiß. Ich habe ihn gesehen. Aber er ist tot.«
    »Die Wiener schicken sogar den Teufel zur Hölle«, kicherte er.
    Freund half ihm beim Auskleiden und warf die Wäsche gleich in die
Maschine. Heute war wirklich ein guter Abend. Sein Vater konnte sich selber
einseifen und duschen. Währenddessen löste Freund ein Kukident im Wasserglas
auf. Beim Abtrocknen der alten Gliedmaßen wunderte er sich ein Mal mehr über
ihre erstaunliche Filigranheit. Jede Muskelfaser, jedes Äderchen schien durch
die fettlose Haut. Aus der Nähe betrachtet glichen sie einer Landschaft. So
fühlten sie sich auch an, als Freund die trockenen Stellen an Armen und Rücken
einsalbte. Erhebungen und Vertiefungen, Knötchen und Grübchen, wie er sie an
seinem oder Claudias Körper noch nie wahrgenommen hatte. Eines Tages würde es
auch bei ihnen so weit sein. Während sich die schlaffe Haut unter seinen
Fingern mitbewegte, wurde ihm klar, wie wenig körperliche Nähe sein Vater
zeitlebens zugelassen oder gesucht hatte.
    Die Pyjamajacke musste er ihm zuknöpfen. In sein Zimmer kam er ohne
Stütze. Mit Freunds Hilfe setzte er sich aufs Bett, dann legte er sich nieder,
und Freund deckte ihn zu. Entschlossen verschränkte er die verdorrten Finger
auf dem Bauch und schloss seine faltigen Lider. Für einen Augenblick verharrte
Freund in der Tür und betrachtete die ruhigen Atemzüge. Bitte, schlaf heute
Nacht durch.
    Aus dem Kinderzimmer hörte er das Piepen des Gameboys. Als er die
Tür öffnete und grüßte, sahen beide Kinder nur kurz hoch, dann widmeten sie
sich wieder ihren elektronischen Spielzeugen. Freund setzte zum Sprechen an,
ließ es dann aber bleiben. Bei diesen Beschäftigungen nervte ein Vater bloß.
Die Zeiten, da sich die Kleinen um Papas Gute-Nacht-Geschichte rissen,

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