Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Menschenteufel

Menschenteufel

Titel: Menschenteufel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Raffelsberger
Vom Netzwerk:
Oregon
ausfindig gemacht. Dann der Vaterschaftstest. Der Mann war nicht ihr Vater. Sie
suchte noch immer. Petzold fühlte ihren Magen verkrampfen. Es war nicht der
Hunger.
    Der nächste Text war wieder englisch:
    »Ich suche irgendeine der Personen auf
diesem Bild. Ich weiß weder wo, noch wann es gemacht wurde, wahrscheinlich kurz
nach dem Krieg. Wenn jemand eine der Personen darauf kennt, wäre ich über eine
Nachricht sehr dankbar. Absender:
    [email protected]«
    Die Schwarz-Weiß-Aufnahme zeigte zwei Soldaten in einer
fröhlichen Lokalrunde. Einer davon war ein Schwarzer. Die Zivilisten waren zwei
Männer und vier Frauen. Die Gruppe saß vor einer holzgetäfelten Wand, wie
Petzold sie aus alten Wiener Beiseln kannte, man hielt sich an Bierkrügen fest
und lachte in die Kamera. Irgendetwas an dem Bild schien Petzold seltsam. Sie
kam nicht dahinter, was es war.
    »Dieses Foto hat Doktor Short auf die Seite geladen?«
    »Sieht so aus. Lass uns etwas versuchen.«
    Präbichler kitzelte wieder einmal die Tastatur. Wenige Momente
später erschien das Bild ein zweites Mal auf dem Computer.
    »Er hat es auf seiner Festplatte gespeichert.«
    »Er kann es von der Webseite heruntergeholt haben, nicht
hinaufgeladen.«
    Präbichlers Finger tanzten. »Hier ist eine Chronik seiner
Arbeitsschritte der letzten Wochen und Monate. Und da«, er zeigte auf eine
Buchstaben-Zahlen-Kombination in der endlosen Liste, »da ist der Upload. Zuerst
hatte er das Bild auf seinem Computer, dann lud er es ins Internet.«
    »Woher hat er das Bild? Wen sucht er?«
    »Vielleicht seinen Vater, wie so viele?«, fragte Präbichler.
    »Nein. Er ist in Philadelphia geboren.«
    Beim Betrachten des Bildes befiel Petzold ein seltsames Gefühl.
Kannte sie eines der Gesichter? Sie untersuchte jede Einzelheit. War es die
getäfelte Wand im Hintergrund? Sie sah aus wie in einigen alten Wiener
Gaststätten. Vom oberen Bildrand wurde ein Gemälde abgeschnitten. Petzold
erkannte nur die untere Hälfte einer Landschaft. Ein See lag zwischen zwei
steilen Bergen. Neben dem verschnörkelten Rahmen hing eine zweiarmige Lampe in
Kerzenleuchterform. Auf dem Tisch standen Biergläser. Dazwischen ragte ein
schmiedeeiserner Kerzenhalter empor.
    »Wen sucht er dann?«
    »Sag du es mir. Du hast auch herausgefunden, dass er die Bilder hier
hineingestellt hat.«
    »Ich habe eben noch etwas anderes herausgefunden.«
    Nach ein paar Tastenbefehlen öffneten sich weitere Fenster des
Internetbrowsers.
    »Er hat die Aufnahme noch auf andere, ähnliche Seiten gestellt.«
    »Wie viele?«
    »Ich habe insgesamt fünf gefunden. Hier.«
    Die Internetauftritte ähnelten einander. Tatsächlich hatte Short
überall dasselbe Bild hochgeladen.
    Gedankenverloren streifte Petzolds Finger über das Trackpad des
Computers. Die Texte, meist deutsch oder englisch, und die Bilder verschwanden
nach oben aus dem Bildschirm. Von unten schoben sich neue nach. Sie wusste nicht,
wie lange sie so gesessen hatte, als das graue Feld über einem Foto auftauchte.
Es verdeckte die Gesichter vollkommen. In großen Lettern geschrieben stand da:
    »Durch die Hilfe von William Harding konnte
der Kontakt hergestellt werden.«
    Mit klopfendem Herzen las Petzold vom glücklichen Ausgang einer
sechzigjährigen Suche. Ein Mann hatte nach seiner Halbschwester geforscht, die
von der Mutter auf der Flucht aus Tschechien nach Wien verloren worden war. Das
Findelkind musste auf dem Weg oder in Wien gefunden worden sein. Der Dankestext
an William Harding und zwei weitere war länger als die Suchmeldung.
    »Sechzig Jahre später …«, flüsterte Petzold. Sie spürte ihre Augen
feucht werden.
    »Du wiederholst dich.«
    »Ich … du siehst mich ehrlich erschüttert und gerührt.« Nachdenklich
starrte sie auf den Bildschirm. »Und auf eine dieser Anzeigen hat sich dieser
Gerold Stiks gemeldet. So viel ist klar: Um Terrorismus geht es dabei nicht.«
    Kurzerhand tippte sie die Telefonnummer aus Stiks’ E-Mail in ihr
Handy.
    »Stiks?«
    Petzold stellte sich vor und erklärte: »Ich würde mit Ihnen gern
über Doktor Colin Short sprechen.«
    »Wer soll das sein?«
    Hatte sie sich verwählt? Nein.
    »Coulditbe. An diesen Namen haben Sie ein E-Mail geschickt.«
    Am anderen Ende der Leitung herrschte Schweigen. Dann hörte Petzold
das Freizeichen.

Es fehlen zwei
    Freund plumpste in seinen Stuhl. Ohne aufzustehen wand er sich
aus seinem Jackett und warf es über den Besucherstuhl. Er legte den Kopf
zurück, schloss die Augen und

Weitere Kostenlose Bücher