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Menschliche Einzelteile (German Edition)

Menschliche Einzelteile (German Edition)

Titel: Menschliche Einzelteile (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Niels Peter Henning
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Hoyerswerda gab. Inzwischen lebst du
aber in Westdeutschland. Hier ticken die Uhren ein bisschen anders.
Was glaubst du, woher ich jetzt einen Neuwagen nehmen soll? Und wie
viele Leute sollen da eigentlich rein passen? Da brauchst du
wahrscheinlich eine Stretch-Limousine. Oder einen Kleinbus. Und dann
soll ich auch noch ein Flugzeug beschaffen? Ich? Sag mal, was
glaubst du Blindgänger eigentlich, mit wem du es hier zu tun
hast? Mit dem Justizminister persönlich, oder was? Mein Budget
reicht nicht einmal aus, um mir selbst einen Inlandsflug zu buchen –
und da soll ich dir ein Flugzeug beschaffen? Warum nicht gleich eine
verdammte Mondrakete? Junge, dein Gehirn ist wirklich im Leerlauf.
Werd' dir erstmal darüber klar, was du eigentlich willst. Oder
denk über mein Angebot nach: Ihr erledigt den Killer und wir
machen einen Deal. So, und jetzt muss ich erstmal in die Büsche
gehen und kacken. Ich melde mich nachher nochmal.“
    Klick.
    Die
Leitung war tot.

23. Fluchtfahrzeug ohne Kennzeichen

    Da
saß Sören nun, halb unter den Couchtisch gerutscht und
den sicheren Tod vor Augen. Die Polizei hatte ihn gerade fallen
lassen, als sei er ein heißes Eisen. Nein, eine heiße
Kastanie. Oder ging der Spruch anders? Sören wusste es nicht.
Jedenfalls hatte ihn die Polizei gerade fallen lassen. Die Polizei!
Das war wirklich kaum zu glauben. Wenn der Eisenonkel das wüsste,
dann würde dieser aufgeblasene Dorfbulle in Zukunft auf
irgendeiner Nordseeinsel Dienst schieben, auf der immer Scheißwetter
herrschte und auf der niemand wohnte außer einem
Leuchtturmwärter, der den ganzen Tag über miese Laune
hatte. Und zu fressen bekäme man da nur Krabbensandwiches mit
Mayonnaise.
    „ Dieser
aufgeblasene Dorfbulle“, sagte der Schinken, wie auf Kommando.
„Lässt uns einfach fallen wie eine heiße
Kartoffel.“
    „ Na
klar“, rief Sören aus – er konnte sich einfach
nicht rechtzeitig stoppen. „Kartoffel – nicht Kastanie!“
    Niemand
beachtete ihn.
    „ Ja,
äh.“ Detlev schien nicht recht zu wissen, wie er anfangen
sollte. „Und … äh, und was machen wir jetzt?“
    „ Was
wir jetzt machen?“ Ewald kam sofort wieder auf Touren. „Was
wir jetzt machen? Ich sag dir, was wir jetzt machen: Wir gehen jetzt
da raus und knallen die Bullen ab. Und dann hauen wir ab. Wir fahren
zum Flughafen und kaufen uns einfach selbst ein Flugzeug. Kohle
haben wir ja genug in dieser Plastiktüte.“
    Remo
fuhr auf. „Finger weg von der Tüte!“
    Ewald
richtete sich auf. Er suchte die Konfrontation mit Remo – das
sah Sören auf den ersten Blick. Doch der Schinken fuhr
dazwischen: „Nein, halt! Die Kohle bringt uns überhaupt
nichts. Die fischen uns am Flughafen ab, da kennen die nix. Wenn,
dann müssen wir uns unauffällig aus dem Staub machen. Die
Bullen dürfen davon nichts mitkriegen.“
    „ Genau“,
sagte Detlev. „Hinten raus. Und dann ab durch die Felder. Wenn
wir schnell genug sind, dann merken die Bullen das erst, wenn wir
schon auf Sylt sind – oder irgendwo sonst im Ausland.“
    Remo
wirkte nicht überzeugt. „Na toll. Und woher sollen wir
dann ein Flugzeug bekommen? Und überhaupt – wer soll das
denn fliegen? Von uns hat doch niemand einen Pilotenschein.“
    „ Ach
Reeemo, vielleicht kann man da am Flughafen ja ein Flugzeug mieten,
wo schon gleich der Chauffeur mit dabei ist“, sagte Jessy.
    Remo
überlegte. Dann schüttelte er den Kopf. „Nee. Ich
glaube, das geht nicht so einfach. Außerdem können wir ja
nicht den ganzen Weg bis Frankfurt laufen. Und an das Auto vom
Buddha kommen wir nicht ran. Ich bin also schon dafür, wir
ziehen die Nummer mit den Geiseln durch.“
    Die
Gruppe verfiel in Schweigen. Sören konnte beinahe das Knirschen
der Zahnräder in den Köpfen der Gangster hören. In
seinem eigenen Kopf knirschte nichts. Dort gab es nichts mehr zu
knirschen. Er war erledigt – so viel stand fest. Wenn er die
gesamte Situation betrachtete, dann erhielt das Wort „todsicher“
eine völlig neue Bedeutung für ihn.
    Und
dann geschah das Wunder: Eine Piepsstimme brach das Schweigen. Sie
sagte: „In … in der Garage steht ein Geländewagen.“
    Sören
schaute auf – und sah die Kleine. Sie hatte gesprochen!
    Und
Ewald sagte: „Halt dein Maul!“
    Ansonsten
rührte sich niemand.
    Doch
das interessierte Sören im Augenblick überhaupt nicht. Er
hatte nur Augen und Ohren für die Kleine – und sie hatte
sogar Augen für ihn. Zum zweiten Mal an diesem Abend schaute
sie ihn direkt an. Und sie nahm ihn

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