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Menschliche Einzelteile (German Edition)

Menschliche Einzelteile (German Edition)

Titel: Menschliche Einzelteile (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Niels Peter Henning
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wahr. Er erkannte das Leben in
ihrem Blick. Das Eis war gebrochen!
    Nun
musste Sören darauf achten, nichts Dummes zu sagen. Ansonsten
konnte der See schneller wieder zufrieren, als ihm lieb war.
    Er
senkte seine Stimme zu einem Flüstern. „Ein
Geländewagen?“
    Die
Kleine nickte.
    „ In
der Garage?“
    Die
Kleine schaute ihn an. Lange. Dann öffnete sie ihren Mund. Und
nur einen Augenblick, bevor sie losquäkte, erkannte Sören,
dass er die falsche Frage gestellt hatte.
    „ Wie
kommst du denn auf die blöde Idee? Der Geländewagen steht
auf dem Dachboden, so wie alle anderen Geländewägen auch.“
    „ Ach
so“, sagte Sören eingeschüchtert.
    „ Mann,
natürlich ist der in der Garage“, kreischte die Kleine.
„Wo habt ihr denn eure Autos abgestellt? Habt ihr die im
Kleiderschrank hängen, oder was?“
    Soviel
zum Thema Tauwetter. Gegen die Eisschicht, die sich nun bildete,
konnte nicht einmal mehr ein Eisbrecher etwas ausrichten. Sören
würde eine Thermitladung benötigen, um noch einmal bis zur
Kleinen vorzudringen.
    Remo
schien die Sache aber weniger dramatisch zu sehen. Er machte einen
Schritt auf die Kleine zu und knallte ihr eine mit der flachen Hand.
Es sah aus, als explodiere ein Chinakracher in ihren Haaren.
    „ Willst
du jetzt wohl deine dumme Fresse halten, du blöde Blage?“
Remo klang noch nicht einmal unfreundlich. „Selbst wenn ihr
einen Schützenpanzer in der Garage hättet, das
interessiert mich einen Scheiß. Wir passen da doch überhaupt
nicht alle rein.“
    Jessy
trat vor und zählte an ihren Fingern etwas ab.
    „ Du,
Remooo … das stimmt aber nicht. Guck mal: Wenn der Schinken
fährt und du mich auf dem Beifahrersitz auf den Schoß
nimmst, dann können Ewald, der Typ aus Frankfurt und der Buddha
hinten sitzen. Und den Detlev kann auch noch jemand auf den Schoß
nehmen. Oder der fährt im Kofferraum mit. Das geht doch.“
    „ Ja,
Himmeldonnerwetter nochmal!“ Remo rastete aus. „Und was
ist mit den Geiseln? Du glaubst doch nicht, dass wir ohne die
Geiseln von hier verschwinden, oder? Dann können wir ja gleich
an der ersten Straßensperre das Handtuch werfen. Nee, das mit
dem Geländewagen vergessen wir ganz schnell wieder.“
    „ Dann
müssen wir uns wohl mit dem Vorschlag von diesem Dorfsheriff da
draußen anfreunden“, sagte der Schinken. „Eine
andere Möglichkeit sehe ich nicht.“
    Selbst
Ewald stimmte dem zu. „Ich auch nicht“, sagte er. „Also,
dann machen wir diese beiden Killer kalt und hauen ab. Mit den
beiden haben wir ohnehin noch ein Hühnchen zu rupfen. Kann ja
nicht angehen, dass die unseren Berthold einfach so abmurksen und
damit auch noch davonkommen.“
    Im
Folgenden hatte Sören einige Schwierigkeiten, der Unterhaltung
zu folgen, weil beinahe ständig mehr als eine Person
gleichzeitig sprach. Außerdem legte der Plan der Gangster
immer weiter an Komplexität zu. Einerseits ging es darum, die
beiden Killer zu erledigen, andererseits wollten alle vor der
Polizei flüchten. Dummerweise versuchten aber alle, beide
Punkte gleichzeitig zu diskutieren.
    Irgendwann
schwirrte Sörens Kopf. Immer wieder kam die Ankündigung
auf den Tisch, sowohl ihn als auch die Kleine zu erschießen,
falls die Polizei nicht auf die Forderungen der Gangster einging.
Die Zeitansätze für das Ultimatum variierten zwischen zwei
Minuten und zwei Tagen. Diese sich ständig verändernde
Lebenserwartung strapazierte Sörens Aufnahmefähigkeit
enorm.
    Hinzu
kam die mathematische Komponente der Angelegenheit. Die Bande
einigte sich nach und nach auf die Taktik, die Killer von zwei
Seiten her anzugreifen. Nun hatten sie es jedoch mit zwei Killern zu
tun, von denen jeder zwei Seiten aufwies. Daraus ergaben sich also
insgesamt vier Seiten, die angegriffen werden mussten – und
damit stand die Bande vor einem Personalproblem, denn irgendjemand
musste schließlich noch die Geiseln bewachen.
    Und
als sei das alles noch nicht kompliziert genug, irritierte die
Kleine Sören ganz gewaltig. Die Blicke, die sie ihm zuwarf,
hatten zwar mit Zuneigung nichts zu tun, doch immerhin warf sie ihm
Blicke zu. Sören musste nun nur noch klären, wie er das
Eis in diesen Blicken zum Schmelzen bringen konnte, ohne der Kleinen
Thermit in die Augen zu bröseln. Oder schmierte man dieses
Zeug? Sören wusste es nicht.
    Schließlich
fasste Remo den Angriffsplan zusammen – und sogar Sören
verstand nun, wie die Attacke vonstatten gehen sollte. Was Remo aber
erzählte unterschied sich deutlich von den

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