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Menschliche Kommunikation

Menschliche Kommunikation

Titel: Menschliche Kommunikation Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Watzlawick
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Interpunktionsproblem zum Ausdruck
kommt, auf dem auch die meisten der maßgeblichen westlichen
Stellungnahmen beruhen:
    ... Abwehrraketensysteme sind defensiver Natur, der Westen besteht
aber darauf, dass sie die auf der Drohung von Kernwaffenangriffen beruhende gegenseitige Abschreckung aus dem Gleichgewicht bringen. Dies
wirft die Frage auf: Wer hat dabei etwas zu gewinnen ...? Nehmen
wir zwei Länder, von denen eines friedlich und um die Erhaltung von
Frieden und Sicherheit besorgt ist, während das andere zu einer aggressiven Politik neigt und es nicht verabscheuen würde, zur Verwirklichung seiner aggressiven Absichten Atomraketen einzusetzen, jedoch mit
einem Minimum von (eigenen) Verlusten.

    Es ist offensichtlich, dass der Ausbau einer wirksamen Raketenabwehr
lediglich dazu dient, die Sicherheit des friedlichen, nichtaggressiven Staates zu erhöhen ... Ein Land, das nicht bereit ist, seine aggressive Politik
aufzugeben, wird darüber natürlich nicht sehr erfreut sein [146, S. 28].
    Pragmatisch gesehen, besteht kaum ein Unterschied zwischen
den Interaktionen von Nationen und von Individuen, sobald einmal verschiedene Interpunktionen zu verschiedenen Wahrnehmungen der Wirklichkeit (das Wesen der Beziehung zum anderen
inbegriffen) und damit zu internationalen oder zwischenpersönlichen Konflikten geführt haben. Das folgende Beispiel zeigt denselben Konflikt auf zwischenpersönlicher Ebene:
    Mann (zum Therapeuten): Aus langer Erfahrung weiß ich, dass ich sie
alles auf ihre Weise machen lassen muss, wenn ich zu Hause Ruhe haben
will.
    Frau: Das ist nicht wahr - mir wäre es nur recht, wenn du etwas mehr
Initiative hättest und wenigstens hin und wieder etwas selbst entscheiden
würdest, denn ...
    Mann (unterbricht): Du würdest das nie zulassen!
    Frau: Nur zu gern - doch wenn ich zuwarte, tust du nichts, und dann
muss ich alles im letzten Augenblick tun.
    Mann (zum Therapeuten): Sehen Sie? Man kann die Dinge nicht dann
tun, wenn es notwendig ist - sie müssen schon eine Woche vorher geplant
und organisiert werden.
    Frau (wütend): Nenne mir ein einziges Beispiel aus den letzten Jahren,
wo du eine Entscheidung getroffen hast.
    Mann: Ich kann dir deshalb keins nennen, weil es für alle, auch für die
Kinder, besser ist, wenn ich dir deinen Willen lasse. Das hab' ich sehr früh
in unserer Ehe lernen müssen.
    Frau: Du warst nie anders - von Anfang an hast du alles mir überlassen.
    Mann: Nun hör dir bloß das an! (Pause. Dann zum Therapeuten) Ich
nehme an, sie meint damit, dass ich sie immer gefragt habe, was sie
wollte - z. B.: «Wohin würdest du heute Abend gern gehen?» oder «Was möchtest du am Wochenende tun?» Und statt zu verstehen, dass ich nett
zu ihr sein wollte, wurde sie meistens wütend ...

    Frau (zum Therapeuten): Ja, und was er immer noch nicht begreift, ist,
dass man, wenn man Monat für Monat dieses Alles-was-du-willst-istmir-recht»-Gerede hört, schließlich merkt, dass nichts, was man will, ihn
wirklich interessiert.
    Derselbe Mechanismus wird in einem von Laing und Esterson
angeführten Beispiel deutlich, in dem eine Mutter und ihre schizophrene Tochter über eine relativ harmlose Tätlichkeit sprechen, die die Tochter kurz vor ihrer Einweisung verübt hatte.
    Tochter: Ja, warum ging ich auf dich los? Vielleicht wollte ich etwas,
etwas, das mir fehlte - Zärtlichkeit, vielleicht war es Hunger nach
Zärtlichkeit.
    Mutter: Du willst nichts damit zu tun haben. Du glaubst immer, das sei
sentimental.
    Tochter: Wann warst du je zärtlich zu mir?
    Mutter: Wenn ich dich z.B. küssen will, sagst du: «Sei nicht sentimental.»
    Tochter: Aber wann hast du mich jemals dich küssen lassen? [88, S. 20f.]
    3.44 Dies führt uns zu dem wichtigen Begriff der selbsterfüllenden Prophezeiung, dem vielleicht interessantesten Phänomen im
Bereich der Interpunktion. Es handelt sich um Verhaltensformen,
die in anderen Menschen Reaktionen auslösen, auf die das betreffende Verhalten eine adäquate Reaktion wäre, wenn sie es nicht
selbst bedingt hätte. Wir haben es hier also mit Interaktionen zu
tun, deren Beginn nicht irgendwo in der Vergangenheit einer lang
dauernden Beziehung liegt, sondern die insofern tatsächlich einen
Anfangspunkt haben, als hier die zwischenpersönliche Prämisse
eines Menschen praktisch jedem Partner ein gewisses Verhalten
mehr oder weniger aufzwingt. Wer z. B. davon überzeugt ist, dass
ihn niemand respektiert, wird ein misstrauisches, abweisendes

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