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Menschliche Kommunikation

Menschliche Kommunikation

Titel: Menschliche Kommunikation Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Watzlawick
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Beispiel war, dass June nach dem
Frühstück einen Drei-Pence-Riegel Schokolade aß, wiederum ohne vorher zu fragen ...
    Die Eltern bewilligten June kein Taschengeld, sondern sagten ihr, dass sie
ihr Geld geben würden, wenn sie erklärte, wofür sie es wolle. June zog es
vor, kleine Geldbeträge von anderen zu borgen, was keineswegs überraschte. Für den kleinsten Geldbetrag in ihrem Besitz musste sie Rechenschaft ablegen.
    Diese Beaufsichtigung wurde ungewöhnlich weit getrieben. Einmal
nahm June sechs Pence aus der Kasse ihres Vaters, um Eis zu kaufen. Er
sagte ihrer Mutter, June sei für ihn verloren, wenn sie stehle. Ein anderes
Mal fand June einen Shilling im Kino, und ihre Eltern bestanden darauf,
dass sie ihn bei der Kasse abgebe. June sagte, das sei lächerlich und übertriebene Ehrlichkeit, da sie selbst nicht erwarten würde, einen verlorenen
Shilling zurückzubekommen. Aber ihre Eltern ließen den ganzen nächsten Tag nicht locker, und spät am Abend kam ihr Vater nochmals in ihr
Schlafzimmer, um sie zu ermahnen.
    Diese Beispiele ließen sich endlos fortsetzen. Sie zeigen die heftigen
Reaktionen der Eltern auf Junes beginnende, aber ungefestigte Selbstständigkeit. Mrs. Fields Bezeichnung für diese wachsende Unabhängigkeit ist «eine Explosion». Vorläufig kann sich June über Wasser halten.
Ihre Mutter spricht allerdings weiterhin in höchst ambivalenten Ausdrücken über jedes Anzeichen größerer Unabhängigkeit. Sie sagt ihr, dass sie
schrecklich aussieht, wenn sie etwas Schminke verwendet, sie macht sich
über die Hoffnung ihrer Tochter lächerlich, dass ein Junge an ihr Interesse finden könnte, für sie ist jeder Ausdruck von Ärger oder Erbitterung
seitens Junes ein Symptom ihrer «Krankheit» oder ein Zeichen ihrer
«Boshaftigkeit» ...
    June muss sich in strikter Selbstbeherrschung halten, denn wenn sie
schimpft, schreit, weint, flucht, zu viel oder zu wenig isst, zu rasch oder zu langsam isst, zu viel liest, zu viel oder zu wenig schläft, sagt ihr ihre
Mutter, dass sie krank ist. Es erfordert eine gehörige Portion Mut seitens Junes, nicht das zu sein, was ihre Eltern «normal» nennen [88,
S. 139 ff.].

    Wenn wir zum Thema Rückkopplung kommen, muss kurz
erwähnt werden, dass der Begriff der Homöostasis im Allgemeinen die Bedeutung von Stabilität oder Gleichgewicht angenommen hat. Wie aber Davis [34] und Toch und Hastorf [149] betont
haben, bestehen seit Bernard zwei Definitionen von Homöostasis: erstens die eines Zwecks oder Endzustands, im Besonderen
die Herstellung einer Konstanz gegenüber Veränderungen von
außen; und zweitens die eines Mittels, nämlich der negativen
Rückkopplungsmechanismen, die Veränderungen ausgleichen.
Diese Doppelbedeutung und die daraus folgende oft allzu weite
und unklare Verwendung des Begriffs haben seine Brauchbarkeit
als präzises Erklärungsprinzip beeinträchtigt. Aus Gründen größerer Klarheit ist es daher vorzuziehen, von der Stabilität eines
Systems zu sprechen, die meist durch negative Rückkopplungsmechanismen erreicht wird.
    Alle Familien, die nicht auseinanderfallen, müssen einen gewissen Grad von negativer Rückkopplung besitzen, um den
Belastungen seitens der Umwelt oder ihrer individuellen Mitglieder entgegenwirken zu können. Pathologische Familien sind
besonders widerstandsfähig gegen Veränderungen und zeigen oft
eine erstaunliche Fähigkeit, ihren Status quo hauptsächlich durch
negative Rückkopplung zu erhalten, wie Jackson [70] beobachtete und wie das ausführlich zitierte Beispiel von Laing und
Esterson erkennen lässt.
    In jeder Familie spielt aber auch die Zeit in Form von zunehmender Reife und Erfahrung eine Rolle, und in dieser Hinsicht ist
das rein auf Homöostasis beruhende Modell der Familie als System nicht zutreffend, denn hier handelt es sich um positive Rückkopplung. Wir sehen also, dass die Stabilität einer Familie einerseits durch Homöostasis erhalten wird, dass aber andererseits
sehr wichtige nichthomöostatische Faktoren mitspielen, die für das Wachstum aller Beteiligten und die schließliche Ablösung der Kinder und ihre Individuation verantwortlich sind.'

    4.444 Kalibrierung und Stufenfunktionen. Das eben Gesagte setzt
zweierlei voraus: nämlich Konstanz innerhalb einer bestimmten
Grenze. Eine zutreffendere Benennung für den letzten Begriff ist
Kalibrierung [14], d. h. die «Einstellung» eines Systems, und wir
werden sehen, dass diese gleichbedeutend mit dem

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