Mephisto
gemeiner Schuft!« Sie hatte das Gesicht in die Hände geworfen, ihr Körper wurde von Schluchzen geschüttelt. »Ich kann es schon verstehen, daß deine Frau, daß diese Barbara es bei dir nicht ausgehalten hat«, brachte sie noch zwischen den nassen Fingern hervor. »Ich habe sie mir ja angeschaut. Die war viel zu schade für dich …«
Hendrik hatte die Tür erreicht. Der Geldschein war auf dem Tisch, vor Juliette, liegengeblieben. –
Ach nein, so leicht ließ sich die Prinzessin Tebab nicht wegschicken, freiwillig wich sie nicht. Wenn sie dieses Mal nachgab – das begriff sie sehr wohl –, dann hatte sie ihn ganz verloren, ihren Hendrik, ihren weißen Sklaven, ihren Herrn, ihren Heinz – und sie besaß ja niemanden außer ihm. Damals, als er diese Barbara geheiratet hatte, das Bürgermädchen, da war Juliette zuversichtlich und furchtlos geblieben: sie hatte gewußt, daß er zu ihr, zu seiner Schwarzen Venus zurückkehren würde. Jetzt stand es anders. Jetzt ging es um seine Karriere. Er schickte sie nach Paris. Sie hieß aber doch Martens, und ihr Vater wäre heute ein sehr angesehener Nationalsozialist, hätte er sich nicht am Kongo die Malaria geholt …
Juliette wollte nicht weichen. Aber Hendrik war stärker als sie. Er war mit der Macht im Bunde.
Das arme Mädchen belästigte und beunruhigte ihn noch eine Zeitlang durch Briefe und telephonische Anrufe. Dann lauerte sie ihm vorm Theater auf. Als er nach der Vorstellung das Haus verließ – durch einen guten Zufall war er allein –, stand sie da, mit grünen Stiefeln, kurzem Röckchen, vorgerecktem Busen und gräßlich blitzenden Zähnen. Hendrik machte panische Armbewegungen, als gäbe es ein Gespenst zu verscheuchen. Mit großen Sprüngen erreichte er seinen Mercedes. Juliette lachte gellend hinter ihm drein. »Ich komme wieder!« schrie sie, während er schon im Wagen saß. »Von jetzt ab komme ich jeden Abend«, verhieß sie ihm mit grauenhafter Munterkeit. Vielleicht war sie wahnsinnig geworden aus Schmerz und Enttäuschung über seinen Verrat. Vielleicht war sie auch nur betrunken. Sie hatte die rote Peitsche bei sich, das Wahrzeichen ihres Bundes mit Hendrik Höfgen.
Ein so furchtbarer Auftritt durfte sich keinesfalls wiederholen. Es blieb Hendrik nichts anderes übrig: er mußte sich auch in dieser peinlichen Angelegenheit seinem dicken Gönner, dem Ministerpräsidenten, anvertrauen. Der allein konnte helfen. Freilich, es war ein riskantes Spiel: der Gewaltige konnte die Geduld verlieren und ihm seine ganze Gnade entziehen. Etwas Einschneidendes aber hatte zu geschehen, sonst wurde der öffentliche Skandal unvermeidlich.
Höfgen bat um Audienz und legte, wieder einmal, eine umfassende Beichte ab. Übrigens zeigte der General ein überraschend großes und fast amüsiertes Verständnis für die erotischen Extravaganzen, die seinen Günstling jetzt in so bedrohliche Unannehmlichkeiten brachten.
»Wir sind ja alle keine Unschuldsengel«, sprach der Dicke, von dessen Güte Hendrik dieses Mal aufrichtig ergriffen war. »Ein Negerweib fuchtelt mit der Peitsche vor dem Staatstheater herum!« Der Ministerpräsident lachte herzlich. »Das ist ja eine schöne Geschichte! – Ja, was machen wir da? Das Mädel muß weg, soviel ist sicher …«
Hendrik, der doch nicht geradezu wollte, daß Prinzessin Tebab umgebracht würde, bat leise: »Aber daß ihr nichts zuleid geschieht!« Hieraufhin wurde der Staatsmann neckisch. »Na na«, machte er fingerdrohend. »Sie scheinen der schönen Dame immer noch etwas hörig zu sein! – Lassen Sie mich nur machen!« fügte er väterlich beruhigend hinzu. – Noch am selben Tag erschienen bei der unglücklichen Königstochter zwei diskret, aber unerbittlich auftretende Herren, die ihr mitteilten, daß sie verhaftet sei. Prinzessin Tebab kreischte: »Wieso?« Aber die beiden Herren sagten gleichzeitig, mit leisen und harten Stimmen, die keinen Widerspruch duldeten: »Folgen Sie uns!« Da schluchzte sie nur noch: »Ich habe nichts Böses getan …«
Vor dem Hause stand ein geschlossener Wagen, mit schauerlicher Höflichkeit forderten die Herren Juliette auf, einzusteigen. Während der Fahrt, die ziemlich lange dauerte, schluchzte und plapperte sie; sie stellte Fragen, sie verlangte zu wissen, wohin sie entführt werde. Da man ihr nicht antwortete, begann sie zu schreien. Aber sie verstummte, als sie den entsetzlich harten Griff eines ihrer Begleiter am Arme spürte. Sie verstand: alles Reden, alles Klagen war
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