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Mephisto

Mephisto

Titel: Mephisto Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Mann
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Väterspieler, nach dem Dafürhalten seiner Freundin, zur Verschwendungssucht neigte. Immer bestellte er sich teure Sachen, und die Trinkgelder, die er spendierte, waren auch zu hoch. »Natürlich: Braten mit Ei muß es sein!« jammerte die Motz. Petersen murmelte, daß ein Mann sich doch anständig ernähren müsse. Die Motz aber, ganz außer Fassung, fragte plötzlich mit zornigem Sarkasmus die Mohrenwitz, ob Petersen ihr vielleicht eine Flasche Sekt angeboten habe. »Veuve Cliquot, extrafein!« schrie die Motz und sprach, bei aller Gehässigkeit, den Namen der Sektmarke mit jener Feinheit aus, welche sie als Salondame legitimierte. Hierüber war die Mohrenwitz nun ernsthaft beleidigt. »Ich muß doch sehr bitten!« rief sie schrill. »Soll das ein Witz sein?« Das Monokel fiel ihr aus dem Auge, ihr pausbäckiges, vor Ärger rot gewordenes Gesicht sah plötzlich gar nicht mehr dämonisch aus. Kroge blickte schon verwundert auf; Frau von Herzfeld lächelte ironisch. Der schöne Bonetti aber klopfte der Motz auf die Schulter; gleichzeitig auch der Mohrenwitz, die kampfeslustig näher getreten war. »Zankt euch nicht, Kinder!« riet er ihnen, um den Mund besonders müde und angewiderte Falten. »Dabei kommt doch nichts 'raus. Spielen wir lieber Karten.«
    In diesem Augenblick wurden gedämpfte Rufe laut, und alles drehte sich der Türe zu, die sich geöffnet hatte. Dora Martin stand auf der Schwelle. Hinter ihr drängte sich, wie auf der Bühne das Gefolge hinter der Königin, das Ensemble, mit dem sie reiste.
    Dora Martin lachte und winkte allen Mitgliedern des Hamburger Künstlertheaters zu; dabei rief sie mit ihrer heiseren Stimme, auf jene berühmte Art, die von tausend jungen Schauspielerinnen im ganzen Lande kopiert wurde, in jedem Satz einige Worte zerdehnend: »Kinder, wir sind eingeladen, ein ganz langweiliges Bankett, furchtbar schade, aber wir müssen hingehen!« Sie schien ihre eigene Sprechweise parodieren zu wollen, so eigenwillig verfuhr sie mit der Länge der Silben. Aber allen klang es lieblich in den Ohren, auch denen, welche die Martin nicht leiden konnten, zum Beispiel dem jungen Miklas. Es war nicht zu leugnen: ihr Auftritt hatte großen Effekt gemacht. Ihre weit geöffneten, kindlichen und rätselhaft tiefen Augen unter der hohen und klugen Stirn verwirrten und bezauberten jeden; sogar Vater Hansemann zeigte ein blödes, betörtes Lächeln. Frau von Herzfeld, die früher mit der Martin befreundet gewesen war, rief ihr zu: »Das ist aber ein Jammer, Dorchen. Kannst du dich gar nicht ein bißchen zu uns setzen?« Die allgemeine Achtung vor Hedda stieg, weil sie sich mit der Martin duzte. Diese aber bewegte verneinend ihr lächelndes Gesicht, das fast verschwand zwischen dem hochgeschlagenen Kragen des braunen Pelzmantels; denn sie trug die Schulter sehr hochgezogen. »Zu schade!« girrte sie, und wie sie den Kopf schüttelte, flog die rötliche Mähne ihres lockeren Haars, über dem sie keinen Hut trug. »Aber wir sind sowieso viel zu spät!«
    Da geschah es, daß jemand hinter ihr sich durchs Gefolge drängte. Es war Hendrik Höfgen, der unvermittelt hervorkam. Er hatte den Smoking an, den er in mondänen Rollen auf der Bühne trug und der, aus der Nähe betrachtet, schon recht abgetragen und fleckig wirkte. Über den Schultern lag ihm ein weißes Seidentuch. Sein Atem flog; Wangen und Stirne waren hektisch gerötet. Einen recht beunruhigenden Eindruck machte das nervöse Lachen, das ihn schüttelte, während er sich in gehetzter Eile, umflattert vom Seidentuch, tief über die Hand der Diva bückte, und das nicht ohne eine gewisse irrsinnige Herzlichkeit schien. »Entschuldigen Sie«, brachte er hervor, das Gesicht, in dem das Monokel überraschend fest hielt, immer noch über ihre Hand gebückt und immer noch heftig lachend. »Es ist ja phantastisch: ich bin viel zu spät – was müssen Sie von mir denken –, eine phantastische Sache …« Das Lachen beutelte ihn, sein Gesicht wurde immer röter. »Aber ich wollte Sie doch nicht gehen lassen«, dabei richtete er sich endlich auf, »ohne Ihnen gesagt zu haben, wie sehr ich diesen Abend genossen habe – wie wunderschön es gewesen ist!« Plötzlich schien die ungeheure komische Angelegenheit, über die er fast zersprungen war vor Lachen, nicht mehr zu existieren; er zeigte nun ein ganz ernstes Gesicht.
    Dafür war es jetzt an Dora Martin, ein wenig zu lachen, und das tat sie denn auch, besonders heiser und zauberhaft.
    »Schwindler!« rief sie,

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