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Mephisto

Mephisto

Titel: Mephisto Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Mann
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Scherzhaftes, mit seiner überraschend weichen, angenehmen Stimme; Frau von Herzfeld aber lächelte grundlos ironisch, wobei ihre goldbraunen Augen, feucht vor Innigkeit und fast flehend, auf Hendrik gerichtet waren. Er ließ sich von ihr bei der Auswahl seines Abendessens beraten, was ihr Anlaß gab, an ihn heranzurücken und ihren schweratmenden Busen in seine Nähe zu bringen. Sein aasiges Lächeln schien sie nicht abzuschrecken: sie war es gewohnt, und es gefiel ihr.
    Als Väterchen Hansemann die Bestellung entgegengenommen hatte, fing Höfgen an, von seiner ›Frühlings-Erwachen‹-Inszenierung zu sprechen. »Es wird anständig werden, glaube ich«, sagte er ernst; dabei glitten seine prüfenden Augen durch das Lokal, über die Schauspieler hin, wie die Augen eines Feldherrn über Truppen. »An der Wendla kann die Siebert nichts verderben; Bonetti ist kein idealer Melchior Gabor, aber er schafft es; unsere dämonische Mohrenwitz legt eine erstklassige Ilse hin.« – Es geschah nicht sehr häufig, daß er ohne Mätzchen redete, sondern ernsthaft und um der Sache willen, wie eben jetzt. Kroge lauschte ihm achtungsvoll, nicht ohne Überraschung. Es war die Herzfeld, welche die Stimmung wieder verdarb, indem sie sarkastisch-schmeichlerisch, ihr großes, flaumig-gepudertes Gesicht ziemlich nahe bei Höfgen, bemerkte: »Nun, und was den Moritz Stiefel betrifft – da wurde ja gerade von berufenster Seite, von Dora selber, festgestellt, daß der junge Schauspieler, dem wir diese Rolle anvertraut haben, nicht ganz unbegabt ist …« Kroge runzelte mißbilligend die Stirne; Höfgen seinerseits schien die Neckerei zu überhören. »Und wie werden Sie eigentlich als Frau Gabor, meine Teure?« fragte er die Herzfeld ins Gesicht. Dies war offener und derber Hohn. Daß Frau Hedda eine unbegabte Schauspielerin war, gehörte zu den bekannten Tatsachen; auch wußte jeder, daß sie darunter litt. Man spottete gern darüber, daß die kluge Dame es nicht lassen konnte, aufzutreten, und sei es auch nur in bescheidenen Mütterrollen. Auf Hendriks Ungezogenheit hin versuchte sie, gleichgültig die Achseln zu zucken; dabei aber zog eine ins Violette spielende Röte über die große Fläche ihres unjungen Gesichts. Kroge sah es, und sein Herz zog sich zusammen in einem Mitleid, das nicht weit von Zärtlichkeit war. Kroge hatte vor vielen Jahren ein Verhältnis mit Frau von Herzfeld gehabt.
    Um das Thema zu wechseln, oder um auf das einzige Thema zu kommen, das ihn wirklich beschäftigte, begann Ulrichs ohne Übergang vom Revolutionären Theater zu sprechen.
    Das Revolutionäre Theater war geplant als eine Serie von Sonntag-Vormittag-Veranstaltungen, die unter der Leitung Hendrik Höfgens und dem Protektorat einer kommunistischen Organisation stehen sollten. Ulrichs, für den die Bühne zunächst und vor allem ein politisches Instrument bedeutete, hing mit zäher Leidenschaft an diesem Projekt. Das Stück, das man für die Eröffnungsvorstellung ausgesucht habe, eigne sich glänzend, sagte er nun, er habe es noch einmal genau durchgearbeitet. »Man interessiert sich in der Partei sehr ernsthaft für unsere Sache«, erklärte er und schaute mit einem bedeutungsvollen Verschwörerblick auf Höfgen, an Kroge, Schmitz und der Herzfeld vorbei, aber doch stolz darauf, daß sie es hörten und daß es sie beeindrucken würde. – »Nun, die Partei wird mir keinen Schadenersatz zahlen, wenn die guten Hamburger mir dann mein Haus boykottieren«, brummte Kroge, den der Gedanke an das Revolutionäre Theater immer skeptisch und verdrießlich stimmte. »Ja«, sagte er noch, »1918 – da konnte man sich solche Experimente leisten. Aber heute …« Höfgen und Ulrichs tauschten einen Blick, der ein hochmütiges und geheimes Einverständnis enthielt und viel Geringschätzung für die kleinbürgerlichen Bedenken ihres Direktors. Der Blick dauerte ziemlich lange, Frau von Herzfeld bemerkte ihn und litt. Schließlich wendete sich Höfgen, etwas väterlich herablassend, an Kroge und Schmitz. »Das Revolutionäre Theater wird uns nicht schaden – sicher nicht –, glauben Sie es nur, Väterchen Schmitz! Was wirklich gut ist, kompromittiert einen niemals. Das Revolutionäre Theater wird gut, es wird glänzend! Eine Leistung, hinter der ein echter Glaube, ein wirklicher Enthusiasmus steht, überzeugt alle – auch die Feinde werden verstummen vor dieser Manifestation unserer glühenden Gesinnung.« Seine Augen schillerten, schielten ein wenig und schienen

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