Merani und die Schlange unter dem Meer
Landesinnere vor!«
»Wie du befiehlst, Gynrarr!« Trotz dieser ergeben klingenden Worte schäumte Ewalluk. Gurrims zu kontrollieren war eine Aufgabe für nachrangige Magier, und ausgerechnet ihn damit zu betrauen stellte eine offene Brüskierung dar. Doch wenn er sich weigerte, würde Gynrarr ihn wegen Befehlsverweigerung festsetzen lassen. Da war es besser, erst einmal in den sauren Apfel zu beißen und seine Rache notfalls bis nach ihrer Rückkehr in der Heimat zu verschieben.
11
Die Magierkaiserin Mera fühlte, wie die Verantwortung, die auf ihr lastete, sie schier zu Boden drückte. Dies war wieder einer jener Augenblicke, in denen sie es bedauerte, auf dem Feuerthron Platz genommen zu haben. Mit einem verzweifelten Blick wandte sie sich an Girdhan. »Die Fremden kommen immer näher. Ich spüre sie deutlich, auch wenn ich ihr Nebelfeld nicht mehr zu durchdringen wage. Wenn wir nur wüssten, was sie vorhaben!«
»Etwas Gutes bestimmt nicht! Die schwarze Magie, die mich abgewiesen hat, hätte mich beinahe umgebracht. Dabei dürfte mich die gleiche magische Farbe eigentlich nicht verletzen.«
Obwohl Girdhan noch unter dem magischen Schlag litt, hatte er wieder auf dem Feuerthron Platz genommen, um Mera nicht im Stich zu lassen. »Unsere Armee steht bereit, und von den anderen Inseln können wir jederzeit Unterstützung holen. Wenn es hart auf hart kommen sollte, wird sogar Königin Menanderah etliche Hundert ihres Volkes schicken.«
Er versuchte, seiner Frau Mut zu machen, doch Mera schüttelte sich. »Wenn wir die Fremden nicht mit der Macht des Feuerthrons aufhalten können, vermögen die Runi uns auch nicht mehr zu helfen.«
»Dann verlassen wir uns eben auf die Macht des Throns. Was meinst du: Sollen wir einen magischen Sturm über die Fremden hinwegschicken?«
Mera schüttelte den Kopf. »Das ist sinnlos, denn das Schiff der Eindringlinge hat den gewaltigsten weißen Sturm seit Menschengedenken überstanden.«
»Wie wäre es mit zwei Gegenfarbenstürmen?«, fragte Girdhan weiter. »Wenn Menanderah und ihre Leute den weißen steuern und wir den schwarzen …«
»Dafür sind die Fremden schon zu nahe. Eine solch gewaltige Gegenfarbenexplosion würde unsere gesamte Ostküste verheeren. Außerdem sind wir nicht in der Lage, gleichzeitig einen Sturm zu lenken und das fremde Schiff auszumachen. Wir müssten mit verbundenen Augen auf ein Ziel schießen, das wir nicht sehen können. Gerät das Monstrum nur in die Ausläufer der Explosion, wird es auch die überstehen.«
»Was können wir denn tun?«, fragte Girdhan.
»Wir evakuieren erst einmal die Landstriche auf der Seite von Gurrland, auf der die Fremden höchstwahrscheinlich anlanden werden. Haben sie erst einmal ihr Schiff verlassen, sind sie für uns angreifbar. Dann sollen sie die Macht des Feuerthrons kennenlernen!« Meras Stimme klang kriegerisch, aber Girdhan vernahm nur ihre schon mehrmals geäußerte Hoffnung, die Verluste für ihr Volk so gering wie möglich halten zu können.
12
Leutnant Burlikk starrte auf die Küste, die vor ihnen auftauchte, und versuchte, seine wirbelnden Gedanken zu ordnen. Sowie sie angelandet waren, würde er den Stoßtrupp anführen, der an Land stürmen und den Brückenkopf errichten sollte. Dazu aber durfte er sich durch nichts ablenken lassen.
Er schloss die Augen und ging die Übung durch, die seinen Kopf klären sollte. Einer seiner früheren magischen Anführer, der dem mittlerweile bedeutungslos gewordenen Bogenorden angehörte, hatte sie ihn gelehrt. Eigentlich war das kleine Ritual für Magier gedacht. Aber er hatte mehrmals feststellen können, dass es auch ihm half. Laut seinem einstigen Mentor besaß er ein gewisses magisches Potenzial, doch das war unter den jetzigen Bedingungen nutzlos.Für die Magier seines Landes war ein Gurrim ein verstandesarmer Soldat, den sie bedenkenlos auf jeden Feind loslassen konnten.
»Gleich ist es so weit«, sagte sein Stellvertreter Wuzz neben ihm. Der Mann war fast dreimal so alt wie er selbst und hatte in mehr als einhundertacht Schlachten des Großen Krieges mitgekämpft. Mittlerweile hatte er den höchsten Unteroffiziersrang erreicht und würde in einigen Jahrzehnten zufrieden in Pension gehen können. Wuzz wunderte sich auch nicht, dass sein um vieles jüngerer Freund bereits den Rang eines Leutnants erreicht hatte. Höher konnte ein Gurrim in der Regel nicht aufsteigen. Dennoch hoffte Burlikk auf weitere Beförderungen. Als Hauptmann der
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