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Mercy, Band 4: Befreit

Mercy, Band 4: Befreit

Titel: Mercy, Band 4: Befreit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilse Rothfuss
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uns beharrlich in der riesigen Steinfestung. Wenn ich Ryan nicht hierher gebracht hätte, wären wir mit Sicherheit längst tot.

„Früher einmal, im Anbeginn der Zeiten“, erzähle ich mit zitternder Stimme, weil die grellen Suchlichter erneut am Fenster vorbeifegen, „waren wir über tausend Elohim. Einige wurden männlich, andere weiblich erschaffen. Acht wurden mit großer Macht ausgestattet und waren nahezu allwissend, sodass nichts im Universum ihrem Blick verborgen blieb. Das waren Seine Regenten, Seine Fürsten. Ihnen fiel es zu, Seinen Willen zu erkennen.“
    Und ihre Namen stiegen wie Rauch in die eisige Luft.
    „Barachiel“, murmle ich, „Selaphiel, Jeremiel, Jehudiel, Uriel, Gabriel, Raphael, Michael …“
    In Ryans Gesicht zeichnet sich Erschrecken ab. „Mercy, das sind die Namen von Erzengeln. Wesen, die von den Menschen … angebetet werden.“
    „Ja, und das waren meine Freunde“, wispere ich. „Wie Brüder waren sie für mich. Der Name Gottes ist in ihr innerstes Wesen eingeschrieben, in ihre Namen, so wie in meinen, wenn ich mich nur daran erinnern könnte. Aber mir wurde etwas angetan, damit ich ihn vergesse. Verstehst du, was ich dir sagen will?“
    Ryans Gesicht ist von tiefem Staunen erfüllt. Einen Augenblick fange ich das Gefühlschaos auf, das in ihm tobt – am stärksten seinen Unglauben, die Weigerung, sich der Wahrheit zu stellen.
    „Und diese acht … ähm, Erzengel …“, beginnt er zögernd.
    „… waren die, die mich beschützen wollten, die mich zuerst in den Körper eines Mädchens namens Ezra versetzten, dann in Lucy, Susannah, und schließlich in Carmen, Lela und Irina. Davor war ich in zahllosen anderen Menschen versteckt, an die ich mich nicht mehr erinnere.“
    Ryan runzelt die Stirn. „Und wovor haben sie dich beschützt?“
    Ich übergehe seine Frage. „Es gibt aber auch noch andere unserer Art. Zum Beispiel die Malachim – die Boten, die manchmal sichtbar in ein Menschenleben eingreifen –, Seraphim, Ophanim und andere himmlische Mächte. Wir unterstehen einer Rangordnung, sind in zahllose Kasten unterteilt – ein besseres Wort fällt mir nicht ein –, aber die Elohim sind die höchsten von allen.“
    Ryan verdreht die Augen. „Kasten? Das ist ja wie an der Paradise High. Hey, und wahrscheinlich war ich auch mal ein Erzengel – vor meinem Fall, meine ich. Mannomann, wir sind vielleicht ein Paar.“
    Ich lächle kurz, als er mich angrinst, aber dann wird meine Stimme wieder düster. „Es gibt drei Arten von Geschöpfen vor Gott – Tiere, Menschen und Engel. Und diese drei Arten dürfen sich nie vermischen, weil nur Böses daraus entsteht. Das ist das Gesetz, das mit feurigen Buchstaben in meine Seele eingeschrieben ist.“
    „Böses?“, unterbricht Ryan mich harsch.
    „Als die Menschentöchter sich auf Erden vermehrten“, erzähle ich weiter und weiß selber nicht, woher ich das Wissen und die Worte nehme, „lagen einige von uns bei ihnen und zeugten eine Art namens Nephilim. Blutrünstige Riesen waren es oder todbringende Geister.“
    „Ach, das sind doch Ammenmärchen“, schnaubt Ryan abfällig.
    Ich funkle ihn an. „So wie der Teufel und seine Dämonen?“
    „Das mit uns ist nichts Böses“, beharrt Ryan.
    „Ich weiß nicht, was das mit uns ist“, brumme ich. „Und ich wollte damit auch gar nicht sagen, dass ich auch so denke. Du sollst nur wissen, mit welchem … Gepäck ich hierhergekommen bin.“
    Zwei gegnerische Mächte, die seit Jahrhunderten um die Vorherrschaft über meine Seele kämpfen – auf das Wort „Gepäck“ reduziert.
    Ryan grinst mich vielsagend an.
    Ich denke an den riesigen Raum mit Irinas Reisegepäck und lache kurz auf. „Ich will dir nur erklären, wie wir ‚gepolt‘ sind. Und wenn du jetzt immer noch nicht kapierst, dass ich dir das größte Warnschild aller Zeiten unter die Nase halte, bist du blind wie ein Maulwurf. Hast du gar keine Angst vor dem, was ich verkörpere? Warum rennst du nicht schreiend davon?“
    Ryan schaut auf den Boden. „Du kennst doch die Antwort. Mach es mir nicht schwerer, als es sowieso schon ist. Und diese … ähm … Nephilim sind ja bestimmt nichts Gutes, aber allein ihre Existenz“, sagt er und verzieht dabei skeptisch das Gesicht, „zeigt doch, dass einige von euch das eiserne Gesetz gebrochen haben müssen. Dass sie sich mit uns niedrigen Lebensformen vermischt haben, meine ich. Und wenn du wirklich auf eine bestimmte Art programmiert oder ‚gepolt‘ bist,

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