Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mercy - Die Stunde Der Rache Ist Nah

Mercy - Die Stunde Der Rache Ist Nah

Titel: Mercy - Die Stunde Der Rache Ist Nah Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: authors_sort
Vom Netzwerk:
ist verrückt, mahnte ihn sein Verstand. Das ist nicht
Jennifer. Du weißt, dass sie das nicht ist. Alles nur Einbildung!
    Er blickte in den Rückspiegel und suchte nach
einer Parkmöglichkeit für seinen Mietwagen. Der Bus rollte langsam an die
Haltestelle.
    »O verflucht.« Er schoss auf den Parkplatz eines
Einkaufszentrums und setzte den Escape in die erste freie Lücke, die »nur für
Kunden« reserviert war. Die Bustüren öffneten sich. Zwei Teenager, die
iPod-Stöpsel in den Ohren, schleppten lachend und rempelnd ihre Skateboards
die Stufen hinauf. Bentz stieg eilig aus dem Auto und hinkte so schnell er
konnte über die Straße. Sie war weg.
    Die Frau in dem gelben Kleid war nirgends mehr
zu sehen.
    Die Bustüren schlossen sich, die Fahrerin setzte
den Blinker, um anzuzeigen, dass sie zum Ausscheren ansetzte. »Nein!« Mit
schmerzendem Bein humpelte er zur Haltestelle, die er genau in dem Augenblick
erreichte, in dem der Bus geräuschvoll anfuhr. War sie in dem Fahrzeug?
    Bentz starrte angestrengt durch die staubigen
Scheiben und blickte prüfend jedem einzelnen der Fahrgäste ins Gesicht, doch
sie war nicht darunter, auch niemand, der ihn entfernt an seine Ex-Frau
erinnerte.
    Bentz notierte Busnummer und Zeit, dann schaute
er sich in der Gegend um. Keine dunkelhaarige Frau in einem zitronengelben
Kleid, die über den Bürgersteig schlenderte oder rasch um eine Ecke verschwand,
keine dunkelhaarige Frau, die in eins der am Straßenrand geparkten Autos stieg.
Er verspürte ein Prickeln wie bei einem Dejá-vu. Als wäre er schon einmal hier
gewesen. Als wäre er Jennifer durch ebendiese Straßen gefolgt.
    Er blickte dem Bus nach, bis er aus seinem
Sichtfeld verschwand, und überlegte, ob er ihm hinterher jagen, ihn überholen
und an der nächsten Haltestelle zusteigen sollte. Reiß dich zusammen, sagte er
lautlos zu sich selbst. Sie war es nicht. Alles nur Einbildung, und alles wegen
Shana, diesem Miststück. Jennifer, gleichgültig, ob tot oder lebendig, ist
nicht in dem Bus. Komm schon, Mann, werd vernünftig! Wann hat deine Ex zu
Lebzeiten ein öffentliches Verkehrsmittel benutzt?
     
    »Es gefällt mir einfach nicht, das ist alles«,
gab Kristi zu. Sie fuhr im Auto, eine Hand am Lenkrad, das Handy in der anderen,
und sprach mit Reuben Montoya, dem Partner ihres Vaters.
    »Er musste sich mal loseisen.«
    »Warum?«, fragte sie und kurvte durch die
schmalen Straßen von Baton Rouge Richtung All Saints College. »Er hat nur
gesagt, er müsse mal raus. Drehte durch ohne die Arbeit.«
    »Und warum nach L.A.?«
    »Frag ihn selbst.«
    »Das habe ich bereits getan, und er hat
gemauert.« Kristi verspürte einen Anflug von Panik. Irgendetwas stimmte nicht.
Seit dem Unfall war ihr Vater nicht mehr er selbst. Sie hatte gedacht - nein, gehofft -, er würde sich
erholen, wieder normal werden, aber das war bislang nicht der Fall. »Dein
Vater kommt schon zurecht«, sagte Montaya. »Mach dir keine Sorgen um ihn.«
    »Glaub mir, das hab ich auch nicht vor.« Sie
legte auf und bog auf den Parkplatz vor ihrem Apartmentgebäude, das gegenüber
dem Campus lag. Ein ehemals herrschaftliches altes Haus, das in einzelne
Einheiten unterteilt worden war und nun überwiegend von Studenten bewohnt
wurde. Sie lebte allein hier, zusammen mit ihrem Kater - abgesehen von den
Abenden, an denen Jay Forensik-Seminare am College abhielt. Dann blieb er über
Nacht bei ihr. Sonst war er in New Orleans, wo er für das kriminaltechnische Untersuchungslabor
arbeitete.
    Wenn sie in diesem Dezember heirateten und sie
das College abgeschlossen hätte, würden sie in New Orleans wohnen.
Hoffentlich war die erste Fassung ihres Buches über einen wahren Kriminalfall
bis dahin fertig.
    Doch zunächst ging es um ihren Vater. Mein Gott,
was machte Bentz bloß? Kristi nahm eine Tüte mit Lebensmitteln aus dem
Kofferraum ihres Honda und schleppte sie grübelnd hinauf in ihr Apartment im
zweiten Stock. Sie spielte mit dem Gedanken, ihre Stiefmutter Olivia anzurufen,
doch ihr Verhältnis zueinander war nicht immer unproblematisch gewesen. Es
wäre besser, mit ihr persönlich zu sprechen, doch wie sollte sie das zeitlich
einrichten?
    Kristi räumte gerade die letzte der preiswerten,
kalorienreduzierten Fertigmahlzeiten ins Gefrierfach, als sie Houdini draußen
vor dem leicht geöffneten Fenster entdeckte. Der schwarze Kater schlüpfte
herein, und sie nahm ihn hoch und streichelte seinen Kopf. Ihr Handy piepste.
»Hallo?«, sagte sie. Houdini sprang zu Boden.

Weitere Kostenlose Bücher