Mercy - Die Stunde Der Rache Ist Nah
die Mutter seines Kindes geheiratet hatte und
laut Lucy auch nichts mit seinem dreijährigen Sohn zu tun haben wollte. Jetzt
war Kurt mit Lucy zusammen, und sie erfand alle möglichen Entschuldigungen für
ihn. Ohne Zweifel war er ihr Dealer. Lucy kam langsam richtig auf Gras und wer
weiß auf was sonst noch. Laney machte sich deswegen Sorgen.
Ein bisschen Marihuana war eine Sache, das
andere Zeug dagegen konnte zum Riesenproblem werden. Doch heute Abend, dachte
Laney, würde sie den Scheißkerl ignorieren, wenn er sich auf der Party blicken ließ.
Wen kümmerte es schon, was er für Geschäfte machte? Und er verkauft alles:
Gras, Meth, Koks, Pillen.
Sie hoffte, Lucy würde ihn abservieren.
Endgültig. Überdreht entschied sie sich, ein bisschen Workout zu machen, die
Muskeln zu dehnen, die vom Sitzen an den unbequemen Pulten verspannt waren.
Anschließend würde sie eine lange Dusche nehmen, sich die Haare waschen und
sich viel Zeit für ihr Make-up nehmen. Bald war es so weit. Ihr Geburtstag.
Falsch: Lucys und ihr Geburtstag.
Ihr iPocl steckte in ihrer Büchertasche. Sie
schloss ihn an die Anlage einer ihrer Mitbewohnerinnen an. Trisha teilte sich
ein Zimmer mit ihr. Die Musik war laut, doch alle Mieter in dem zweistöckigen
Haus waren College-Studenten, so dass sich niemand über Musik, Partys oder Haustiere
beschwerte - die streng verboten waren.
Auf dem Weg in ihr Zimmer nahm Laney die Gemeinschaftshanteln
vom Bücherregal, dann räumte sie mit dem Fuß eine Stelle auf dem Teppich
zwischen dem Fußende ihres ungemachten Bettes und Trishas Kommode frei und fing
zu einem Song von Fergie mit dem Armtraining an. Sie würde keine Wabbelarme
bekommen, niemals, und wenn sie mit achtzig tausend Wiederholungen für ihren
Trizeps machen musste! Achtzig. Wow. In sechzig Jahren. Um Mitternacht nur
noch in neunundfünfzig! Sie begann mit einfachen Übungen und schloss die Augen.
Song und Stimmung wechselten. Laney überließ sich dem Rhythmus eines
Justin-Timberlake-Songs, dann Maroon 5 ...
Noch eine Einheit, jetzt ging es richtig zur
Sache. Komm schon, komm schon, feuerte
sie sich selbst an. Der Beat wummerte in ihrem Kopf. Du schaffst es, gib nicht auf.
Sie atmete schwer und schwitzte heftig. Als
Bizeps und Trizeps vor Schmerz brannten, streckte sie sich auf dem Fußboden aus
und begann mit den Bein-Lifts.
Sie meinte, jemanden hereinkommen gehört zu
haben, und rief: »Ich bin hier drinnen!«, begleitet von dröhnenden Bässen und
einem langen Keyboard-Riff. Dann setzte sie ihr Workout fort.
Als sie mit sämtlichen Übungen fertig war,
sprang sie auf.
Braves Mädchen! Gut gemacht! Sie
nahm ihr Handtuch und ging ins Wohnzimmer, die Musik ließ sie laufen. Zeit, die
Muskeln zu dehnen. Außerdem wollte sie Trisha oder Kim die Möglichkeit geben,
ihr zum Geburtstag zu gratulieren.
Doch auf der Secondhand-Couch, die Kim
beigesteuert hatte, lag keine ihrer Mitbewohnerinnen. Sie machten auch kein
Mikrowellen-Popcorn oder kochten japanische Nudelsuppe in der Küche.
Seltsam. Sie hatte doch gehört, dass eine von
ihnen zurückgekommen war!
Laney wischte sich den Schweiß vom Gesicht und
ging mit großen Schritten zu Kims Zimmer. Leer. Schnapp! Ein merkwürdiges
Geräusch. Gedämpft. Hatte ihr iPod einen Sprung gemacht?
Sie verließ Kims Zimmer wieder, zog die Tür
hinter sich zu und kehrte ins Wohnzimmer zurück. Auf dem Weg zu ihrem iPod
bemerkte sie einen Hauch von Zigarettenrauch in der Luft. Nichts Besonderes.
Sie alle rauchten. Schnapp! Woher kam das Geräusch? Aus dem Flur? Sie bekam Angst.
»Kim?« Sie drehte sich um. Im Bruchteil einer
Sekunde sah sie, dass die Tür zu Kims Zimmer, die sie soeben geschlossen
hatte, wieder offen stand. Jemand näherte sich ihr durch den dunklen Flur.
Jemand, der gerade eben noch nicht da gewesen war.
»He! Wer zum Teufel -« Die Worte blieben ihr in
der Kehle stecken, als sie den Riemen in seinen Händen sah. »O mein Gott!«
Sie schrie, doch der Angreifer hatte sie im Nu
überwältigt. Er schlang ihr die dünne Lederschnur um den Hals und schnürte ihr
die Luft ab. Ihr Schrei erstickte.
O Gott! Der
Scheißkerl wollte ihr etwas antun! Sie vergewaltigen! Sie töten! Die Furcht ließ
ihr das Blut in den Adern gerinnen. Sie trat um sich, traf ihn mit der Ferse,
so dass er ein schmerzvolles Zischen ausstieß. Gut! Sie holte erneut aus,
doch er schleuderte sie grob zur Seite. Sie konnte nicht mehr atmen und
verspürte einen scharfen, stechenden Schmerz in den Lungen. Das kann
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