Mercy Thompson 01 - Ruf des Mondes-retail
aus und tätschelte mein Bein.
Ich hatte zufällig den Blick im Rückspiegel auf Adams Gesicht gerichtet, und nun bemerkte ich, dass seine Augenfarbe von Schokoladenbraun zu Bernstein überging, als er Samuels Hand bemerkte, bevor ich die Gelegenheit hatte, mich wieder der Straße zuzuwenden und mich zu überzeugen, dass das Wohnmobil vor uns nicht noch langsamer geworden war. Vier andere Fahrzeuge krochen hinter uns den Berg hinauf.
»Fassen Sie Mercy nicht an«, flüsterte Adam. Eine subtile Drohung schwang in seiner Stimme mit, und er musste es wohl selbst gehört haben, denn er fügte hinzu: »Bitte.«
Das letzte Wort hielt die finstere Bemerkung auf, die mir bereits auf der Zunge lag, denn ich erinnerte mich daran, dass Adam sich immer noch anstrengen musste, seinen Wolf zu
beherrschen, und das vorherige Gespräch hatte sicher nicht dazu beigetragen, ihn zu beruhigen.
Aber es war nicht mein Temperament, um das ich mir hätte Sorgen machen müssen.
Samuel bewegte die Hand, bis seine Finger den oberen Teil meines Oberschenkels umfassten, und er drückte zu. Nicht fest genug, um mir wehzutun. Ich bin nicht sicher, ob Adam die Bewegung bemerkt hätte, aber Samuel begleitete sie mit einem kehligen Halbknurren der Herausforderung.
Ich wartete nicht ab, um zu sehen, was Adam tun würde, sondern riss das Auto nach rechts und trat auf die Bremse, sobald der Bus sich am Straßenrand befand. Ich löste meinen Sicherheitsgurt und fuhr herum, um Adams gelbem Blick zu begegnen. Er atmete schwer – die Reaktion auf Samuels Herausforderung und den Schmerz, den meine Fahrweise ihm verursacht hatte.
»Du«, sagte ich fest und zeigte auf ihn. »Du bleibst, wo du bist.« Manchmal gehorchte sogar ein Leitwolf Befehlen, wenn man sie mit fester Stimme gab. Besonders, wenn man ihm sagte, er solle sitzen bleiben, wenn es ihm ohnehin wehtat, sich zu bewegen.
»Du!« Ich drehte mich zu Samuel um. »Raus hier, sofort.«
Dann zog ich mein Bein unter seiner Hand weg und sprang aus dem Bus, wobei ich nur knapp vermied, dass mir ein LKW die Tür abriss.
Ich war nicht sicher, ob einer von ihnen gehorchen würde, aber ich würde ganz bestimmt nicht versuchen, mit zwei Wölfen im gleichen Auto unterwegs zu sein, die einander zerreißen wollten.
Samuel hatte tatsächlich die Tür geöffnet, während ich um die Vorderseite des Busses herumgegangen war. Nachdem ich mich ein halbes Dutzend Schritte vom Auto entfernt hatte,
befand er sich neben mir, und die Türen des Busses waren geschlossen.
»Was bildest du dir eigentlich ein, wenn du so etwas tust?« Ich musste die Stimme über das Geräusch der vorbeifahrenden Autos heben. Na gut, ich war auch einfach sauer, und das hob meine Stimme von ganz allein. »Ich dachte, du wärest hier, um dafür zu sorgen, dass niemand Adam herausfordert, bis es ihm wieder gut geht – und nicht, um das selbst zu tun.«
»Du gehörst ihm nicht«, fauchte er zurück und klickte die weißen Zähne scharf zusammen.
»Selbstverständlich nicht!«, schnaubte ich wütend und ein wenig verzweifelt. »Ebenso wenig wie dir! Um Himmels willen, Sam, er hat nicht gesagt, dass ich ihm gehöre – aber für ihn muss es sich nun einmal so anfühlen, als ob du in sein Territorium eindringst. Er hat dich um Hilfe gebeten.« Jemand hätte mir einen Doktortitel für Werwolfpsychologie und -beratung verleihen sollen – den hatte ich sicher verdient, wenn ich mich mit diesem Mist auseinandersetzen musste. »Es war keine Herausforderung, du Dummkopf. Er versucht, seinen Wolf unter Kontrolle zu bekommen, nachdem man ihn beinahe umgebracht hätte. Zwei Werwölfe ohne Gefährtin werden in Gegenwart einer Frau immer territorial – das weißt du besser als ich. Angeblich verfügst du über all diese Selbstbeherrschung, aber du benimmst dich schlimmer als er.« Ich atmete die von Abgasen schwere Luft ein.
Samuel schwieg einen Moment und verlagerte sein Gewicht auf die Fersen – ein Zeichen, dass er darüber nachdachte, sich aus dem Streit zurückzuziehen. »Du hast mich Sam genannt«, sagte er mit seltsamer Stimme, die mir ebenso viel Angst machte wie die Bereitschaft zur Gewalttätigkeit, die ich immer noch an ihm riechen konnte, weil ich nicht wusste, was ihn zu diesem Verhalten trieb. Der Samuel, den ich gekannt
hatte, war unbeschwert und umgänglich gewesen – vor allem für einen Werwolf. Ich fing an zu denken, dass ich mich im Lauf der Jahre offenbar nicht als Einzige verändert hatte.
Ich wusste nicht, wie ich auf
Weitere Kostenlose Bücher