Mercy Thompson 01 - Ruf des Mondes-retail
»Einer von Jesu Namen lautet ›Das Lamm Gottes‹.«
Samuels Schultern bebten leicht. »Ich sehe es genau vor mir: Mercy, die mit einem leuchtenden Silberschaf einen Raum voller Vampire in Schach hält.«
Ich versetzte ihm einen Stoß und war mir dabei der Hitze bewusst, die in meine Wangen stieg, aber es half nichts. Er sang leise und neckend: »Mercy hat ein kleines Lamm …«
»Es heißt, es sei der Glaube, der zählt«, warf Zee ein, obwohl
auch er ein wenig zweifelnd klang. »Ich nehme nicht an, dass du dieses Lamm schon mal gegen Vampire eingesetzt hast?«
»Nein«, erwiderte ich gereizt, immer noch verärgert wegen des Lieds. »Aber wenn ein Davidsstern funktioniert, und Bran sagt, das ist der Fall, dann sollte das Lamm ebenfalls wirken.«
Wir drehten uns alle um und beobachteten, wie ein Auto auf den Parkplatz fuhr, aber die Leute darin stiegen aus, und nachdem der Fahrer Zee mit einem Tippen an einen nicht vorhandenen Hut gegrüßt hatte, gingen sie ins Lokal. Keine Vampire auf diesem Parkplatz.
»Gibt es noch etwas, was wir wissen sollten?«, fragte ich Zee, der über die besten Informationen zu verfügen schien.
»Beten funktioniert nicht«, sagte er. »Obwohl es gewisse Wirkung auf Dämonen und einige der Ältesten und Finstersten vom Feenvolk zu haben scheint. Knoblauch funktioniert nicht –«
»Oder nur wie ein Insekten vertreibendes Mittel«, sagte Stefan, der gerade hinter Zee zwischen zwei geparkten Wagen erschienen war. »Er tut nicht weh, aber er riecht schlecht und schmeckt noch schlimmer. Wenn du keinen von uns ärgerst und dafür sorgst, dass die Freunde, die du mitbringst, keinen Knoblauch gegessen haben, setzt euch das zumindest auf die Speisekarte.«
Ich hatte ihn nicht kommen hören, hatte ihn nicht gesehen und nichts gespürt, bis er den Mund aufmachte. Zee zog von irgendwo einen Dolch mit dunkler Klinge, der so lang wie mein Arm war, und trat zwischen mich und dem Vampir. Samuel knurrte.
»Tut mir leid«, entschuldigte sich Stefan dann demütig, als er erkannte, wie sehr er uns erschreckt hatte. »Sich ungesehen zu bewegen, ist eine Begabung von mir, aber normalerweise
nutze ich sie nicht, wenn ich mich mit Freunden treffe. Ich habe nur gerade eine unangenehme Situation hinter mir und bin wachsam geblieben.«
Stefan war ein relativ hochgewachsener, kräftiger Mann, aber er schien immer weniger Raum einzunehmen, als er sollte, also betrachtete ich ihn selten auf diese Weise, solange er nicht neben jemandem stand. Er war, wie mir jetzt auffiel, ebenso groß wie Samuel und beinahe ebenso breit in den Schultern, obwohl ihm die solide Statur eines Werwolfs abging.
Seine Züge waren gleichmäßig, und im Ruhezustand sah er ziemlich gut aus. Aber sein Mienenspiel war so ausgeprägt, dass sich Einzelheiten vollkommen in seinem strahlenden Grinsen auflösten.
Und nun sah er mich stirnrunzelnd an. »Wenn ich euch zur Herrin bringen soll, wäre es mir lieber gewesen, ihr hättet euch ein bissen besser angezogen.«
Ich schaute an mir herunter und erkannte, dass ich immer noch die Sachen anhatte, die ich trug, als ich hinübergegangen war, um Adams Haus zu überprüfen. Es schien eher eine Woche her zu sein als einen Tag. Tatsächlich war das T-Shirt ein Geschenk von Stefan, weil ich ihm gezeigt hatte, wie er die Steuerung an seinem Bus richten konnte. Die Aufschrift lautete »Glück ist deutsches Ingenieurswesen, italienische Küche und belgische Schokolade«. Es hatte einen großen Fleck von dem Kakao, den ich darauf gegossen hatte. Daran zu denken, wie lange ich es trug, ließ mich auch bemerken, dass ich ein wenig intensiver roch als sonst – und zwar nicht nach Waschmittel und Weichspüler.
»Wir sind erst heute Nachmittag zurückgekommen«, entschuldigte ich mich. »Ich hatte noch keine Gelegenheit, nach Hause zu gehen und mich umzuziehen. Aber du trägst ja selbst auch nicht deine Paradeuniform.«
Er schaute an sich hinunter und schaukelte auf den Absätzen hin und her, wobei er die Finger spreizte wie ein Vaudeville-Komiker, der seine Bewegungen für die Zuschauer übertreibt. Er trug ein schwarzes langärmliges Freizeithemd über einem schlichten weißen T-Shirt und Jeans mit einem Loch über einem Knie. Ich hatte ihn niemals in etwas Förmlicherem gesehen, aber aus irgendeinem Grund sah seine Kleidung immer irgendwie falsch an ihm aus, als trüge er ein Kostüm.
»Was, das hier?«, fragte er. »Das ist mein bester Verarmter-Vampir-Look. Vielleicht hätte ich schwarze
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