Mercy Thompson 01 - Ruf des Mondes-retail
erfüllen muss. Zee hatte mir das mit großer Akribie erklärt, damit ich richtig mit solchen Situationen umgehen konnte. »Der Alpha wird ebenfalls froh sein, seine Tochter zurückzuerhalten.«
»Es ist immer gut, wenn der Alpha froh ist«, stellte sie fest, aber ich hätte nicht sagen können, ob sie das ehrlich oder sarkastisch meinte. Abrupt stand sie auf und strich ihren Rock glatt, um mir Zeit zu geben, meinen Stuhl zu bewegen, damit sie gehen konnte.
Sie blieb noch kurz an der Theke stehen und sprach mit dem Barmann, dann verließ sie das Lokal.
»Sie riecht wie Sie«, sagte Samuel zu Zee. »Ist sie ebenfalls Metallschmied?«
»Gremlin, bitte«, sagte Zee. »Es mag ein neuer Name für etwas Altes sein, aber es ist zumindest keine schlechte Übersetzung. Sie ist ein Troll – eine Verwandte, aber keine enge. Trolle mögen Geld und Wucher, und viele von ihnen arbeiten im Bankwesen.« Er sah mich verärgert an. »Du solltest nicht
allein in dieses Vampirnest gehen, Mercy, und auch nicht nur mit Stefan. Er scheint besser zu sein als die meisten von ihnen, aber ich lebe schon sehr lange. Man kann einem Vampir nicht trauen. Ja angenehmer sie wirken, desto gefährlicher sind sie.«
»Ich habe auch nicht vor, irgendwohin zu gehen«, erwiderte ich. »Samuel hat recht – Wölfe zahlen hier keinen Tribut. Wahrscheinlich sind es Leute, die nichts mit Jesses Entführung zu tun haben.«
Mein Handy klingelte.
»Mercy?«
Es war Stefan, aber etwas an seiner Stimme beunruhigte mich. Ich hörte auch noch etwas anderes im Hintergrund, aber inzwischen befanden sich mehr Leute in der Bar, und jemand hatte die Musik lauter gestellt.
»Einen Moment«, sagte ich laut, und dann log ich. »Tut mir leid, ich kann dich nicht hören. Ich gehe nach draußen.« Ich winkte Samuel und Zee zu, dann ging ich hinaus auf den ruhigeren Parkplatz.
Samuel begleitete mich. Er setzte dazu an, etwas zu sagen, aber ich hielt einen Finger an die Lippen. Ich wusste nicht, wie gut Vampire hören können, und ich wollte nichts riskieren.
»Mercy, verstehst du mich jetzt?«
Stefans Stimme war sehr deutlich und klar.
»Ja«, sagte ich. Ich konnte auch die Stimme einer Frau vernehmen, die liebenswürdig sagte: »Frag sie, Stefan.«
Er holte tief Luft, als hätte sie ihm wehgetan.
»Befindet sich ein fremder Werwolf bei dir?«, fragte er.
»Ja«, sagte ich und sah mich um. Ich konnte keinen Vampir in der Nähe riechen, und ich war ziemlich sicher, dass es mir aufgefallen wäre. Die Vampire mussten eine Kontaktperson
bei Onkel Mike haben, jemanden, der Adams Werwölfe kannte und überdies feststellen konnte, dass Samuel ein Werwolf war.
»Meine Herrin fragt sich, wieso sie nicht über einen Besucher informiert wurde.«
»Wölfe bitten nicht um Erlaubnis, und schon gar nicht bitten sie die Siedhe«, sagte ich ihm. »Adam weiß Bescheid.«
»Adam ist verschwunden und hat sein Rudel führerlos zurückgelassen.« Er und die Frau unterhielten sich offenbar miteinander, und Stefans Worte kamen so angespannt heraus, dass sie wie ein Echo klangen.
Ich war relativ sicher, dass die Frau nicht wusste, dass ich sie hören könnte – aber Stefan tat es. Er wusste, was ich war, weil ich es ihm gezeigt hatte. Offenbar hatte Stefan den Rest seiner Siedhe nicht informiert. Selbstverständlich war eine so relativ machtlose Person wie ich für die Vampire auch nur von geringem Interesse.
»Das Rudel ist wohl kaum führerlos«, erklärte ich.
»Das Rudel ist schwach«, sagte sie. »Und es ist bereits zu einem Vorfall gekommen. Diese Leute haben dafür bezahlt, in unser Territorium zu kommen, weil wir stärker als Adams kleines Rudel sind.«
Samuel kniff die Augen zusammen und spannte die Lippen an. Die Vampirin sprach über die Leute, die Mac umgebracht und Jesse entführt hatten.
»Die neuen Besucher sind also tatsächlich mit Werwölfen gekommen«, stellte ich scharf fest. »Es sind nicht Brans Wölfe. Sie können kein Rudel sein. Sie sind weniger als nichts. Gesetzlose ohne Status. Ich selbst habe zwei von ihnen getötet, und Adam zwei weitere. Und jeder weißt, dass ich keine große Macht besitze. Echte Wölfe, Wölfe in einem Rudel, würden niemals einer so schwachen Person wie mir zum Opfer
fallen.« Das entsprach der Wahrheit, und ich hoffe, dass sie es beide hören konnten.
Es gab eine lange Pause. Ich konnte im Hintergrund Gemurmel hören, aber nicht verstehen, was sie sagten.
»Das mag so sein«, stellte Stefan schließlich müde fest. »Bring
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