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Mercy Thompson 02 - Bann des Blutes-retail

Titel: Mercy Thompson 02 - Bann des Blutes-retail Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Briggs
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könnte man es auch ausdrücken.« Zu meiner Erleichterung war er geblieben, wo wir waren, und wandte das Gesicht zur Matte.
    »Selbst bei aller Willenskraft war die Verlockung zu groß«, sagte ich melodramatisch, komplett mit Handrücken an der Stirn. Wenn ich einen Scherz daraus machte, würde er nie
erkennen, wie nahe diese Bemerkung der Wahrheit gekommen war.
    Ein träges Lächeln breitete sich über Jesses Gesicht aus, und sie wirkte nicht mehr, als wollte sie sofort ins Haus zurückrennen. »Ich gebe zu, Dad ist auf seine Art schon ziemlich attraktiv.«
    »Jesse«, warnte Adam, die Stimme nur ein wenig von der Matte gedämpft. Sie kicherte.
    »Ich muss dir zustimmen«, sagte ich übertrieben ernst. »Er bekommt vielleicht sogar eine Sieben oder Acht.«
    »Mercedes!«, donnerte Adam und sprang auf.
    Ich zwinkerte Jesse zu, hängte meine Jacke mit einem Finger über die Schulter und schlenderte lässig durch die Hintertür der Garage. Ich hatte es nicht vorgehabt, aber als ich mich umdrehte, um die Tür zu schließen, sah ich Adams Gesicht. Seine Miene bewirkte, dass mir kalt wurde.
    Er war nicht wütend oder gekränkt. Er wirkte nachdenklich, als hätte ihm jemand gerade die Antwort auf eine Frage gegeben, die ihn schon lange beschäftigt hatte. Er wusste es.

    Ich zitterte immer noch, als ich vorsichtig durch den Stacheldraht zwischen Adams Grundstück und meinem kletterte.
    Mein ganzes Leben lang hatte ich mich der jeweiligen Umgebung angepasst. Das ist eine Begabung der Kojoten. Sie hilft uns, zu überleben.
    Ich hatte schon früh gelernt, die Wölfe zu imitieren. Ich hielt ihre Regeln ein, solange sie es selbst taten. Wenn sie unvernünftig wurden, weil sie glaubten, dass ich weniger wert war als sie, weil ich eine Kojotin und keine Wölfin war, oder weil sie mich darum beneideten, dass ich mich nicht um den Mond zu kümmern brauchte, konnte sich das allerdings ändern. Ich nutzte meine Stärken gegen ihre Schwächen. Ich
log mit Körper und Augen, leckte ihre Stiefel – und quälte sie dann auf jede erdenkliche Art.
    Wolfsetikette war für mich zu einem Spiel geworden, ein Spiel mit Regeln, die ich gut verstand. Ich glaubte, immun gegen dieses dumme Dominanz/Unterwerfungs-Gehabe zu sein, immun gegenüber der Macht eines Alpha. Aber gerade hatte ich eine sehr körperliche Lektion darüber erhalten, dass das nicht der Fall war, und es gefiel mir überhaupt nicht. Kein bisschen.
    Wenn Jesse nicht hereingekommen wäre, hätte ich mich Adam hingegeben wie die Heldin eines dieser billigen Liebesromane aus den Siebzigerjahren, die meine Pflegemutter dauernd gelesen hatte. Uff.
    Ich ging über das Feld hinter meinem Haus bis zu dem Golfwrack, das ich für Ersatzteile ausschlachtete und außerdem benutzte, um mich an Adam zu rächen, wenn er zu diktatorisch wurde. Wenn er aus einem der hinteren Fenster seines Hauses schaute, befand es sich mitten in seinem Blickfeld.
    Ich hatte es vor mehreren Jahren aus der Garage geschoben, als Adam sich wieder einmal darüber beschwert hatte, dass mein Trailer seine Aussicht verdarb. Und dann hatte ich es jedes Mal, wenn er mir auf die Nerven gegangen war, hässlicher gemacht. Im Augenblick fehlten dem Autowrack drei Räder und die hintere Stoßstange, die sich alle in meiner Garage befanden. Große rote Buchstaben auf der Motorhaube verkündeten: Willst du Spaß?, gefolgt von Adams Telefonnummer. Das war Jesses Idee gewesen.
    Ich ließ mich neben den Golf auf den Boden sinken, lehnte den Kopf gegen die verbliebene Stoßstange und fragte mich, wieso ich plötzlich von dem Bedürfnis, mit Adam zu schlafen, so überwältigt worden war – warum hatte ich nie zuvor so etwas
verspürt? – oder war ich ihm deshalb so angestrengt ausgewichen? Ich versuchte, mich zu erinnern, aber mir fielen nur Gelegenheiten ein, bei denen ich mir wegen Verwicklungen mit andern Werwölfen Gedanken gemacht hatte.
    Konnte es sein, dass er es bewusst darauf angelegt hatte, dass ich mich unterwarf? War es körperlich oder parapsychologisch, Wissenschaft oder Magie? Hätte ich mich besser widersetzen können, wenn ich gewusst hätte, dass es passieren würde?
    Wen könnte ich danach fragen?
    Ich warf einen Blick zu dem Auto, das in der Einfahrt stand. Samuel war von seiner Schicht in der Notaufnahme zurück.
    Samuel würde so etwas wissen. Ich musste mir nur überlegen, wie ich ihn fragen konnte. Es zeugte davon, wie erschüttert ich war, dass ich aufstand, nach Hause ging und tatsächlich vorhatte,

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