Mercy Thompson 02 - Bann des Blutes-retail
ihn schmiegen und meine Beine hinter seine bringen konnte. Ich legte den Arm, auf dem ich nicht lag, um ihn, und die Hand auf seinen Bauch, zeigte ihm, dass er nicht alleine war, zumindest nicht, solange er bei mir wohnte.
Er fing an zu zittern, so stark, dass schließlich das ganze Bett vibrierte. Ich hielt ihn fester, sagte aber nichts. Ich war so weit gegangen, wie ich konnte. Einige Wunden mussten wieder geöffnet werden, damit die Wundflüssigkeit abfließen
konnte, andere musste man in Ruhe lassen – und ich war nicht dazu qualifiziert, den Unterschied zu erkennen.
Er schlang beide Arme um sich. »Ich habe mich vor den Wölfen versteckt. Ich habe mich unter Menschen versteckt.« Er hielt einen Moment inne. »Ich versteckte mich vor mir selbst. Was ich dir angetan habe, war falsch, Mercedes. Ich sagte mir, ich könne nicht warten, ich könne nicht riskieren, dass ein anderer dich mir wegnähme. Ich musste dafür sorgen, dass du mir gehören würdest, so dass meine Kinder überleben würden, aber ich wusste auch, dass ich dich ausnutzen wollte. Du warst nicht alt genug, um dich gegen mich zu verteidigen.«
Tröstend rieb ich meine Nase an seinem Rücken, aber ich sagte nichts. Er hatte Recht, und ich hatte zu viel Respekt vor ihm, um ihn anzulügen.
»Ich habe dein Vertrauen gebrochen, und das meines Vaters ebenfalls. Ich konnte damit nicht leben, ich musste gehen. Ich reiste in eine vollkommen andere Ecke des Landes und wurde eine andere Person: Samuel Cornick, Collegestudent, frisch vom Land in die Stadt gezogen, mit einem neuen Diplom von der Highschool. Nur in den Vollmondnächten gestattete ich mir, mich daran zu erinnern, was ich war.«
Die Muskeln unter meinen Händen zuckten zweimal. »Beim Studium habe ich ein Mädchen kennengelernt. Sie erinnerte mich an dich: stark und ruhig, aber mit einem boshaften Sinn für Humor. Sie sah auch ein wenig aus wie du. Es fühlte sich für mich an wie eine zweite Chance – die Chance, es richtig zu machen. Oder vielleicht hatte ich auch nur vergessen, was geschehen war. Erst waren wir Freunde im gleichen Studienprogramm. Dann wurde es mehr. Wir zogen zusammen.«
Ich wusste, was kommen würde, denn es war das Schlimmste, was mir einfiel, das ihm hätte zustoßen können. Ich konnte
seine Tränen riechen, obwohl seine Stimme sorgfältig beherrscht blieb.
»Wir passten auf, aber nicht genug. Sie wurde schwanger.« Seine Stimme war harsch. »Wir waren beide Assistenzärzte. Wir hatten so viel zu tun, dass wir kaum Zeit hatten, einander zu sehen. Sie bemerkte es nicht, bis sie beinahe im dritten Monat war, weil sie annahm, die Symptome kämen vom Stress. Ich war so glücklich.«
Samuel liebte Kinder. Irgendwo hatte ich ein Bild von ihm in Wolfsgestalt gesehen, auf dem er eine Baseballmütze trug und Elise Smithers, fünf Jahre alt, auf ihm ritt wie auf einem Pony. Er hatte alles weggeworfen, woran er glaubte, weil er dachte, dass ich, anders als ein Mensch oder ein Werwolf, ihm Kinder schenken könnte, die überleben würden.
Ich versuchte, ihn nicht sehen zu lassen, dass ich weinte.
»Wir waren Assistenzärzte.« Er sprach nun schneller. »Das ist zeitaufwändig und stressig. Lange, unregelmäßige Schichten, immer zu anderen Zeiten. Ich arbeitete für einen orthopädischen Chirurgen, beinahe zwei Autostunden von unserer Wohnung entfernt. Eines Abends kam ich nach Hause und fand einen Zettel.«
Ich umarmte ihn fester, als könnte ich noch aufhalten, was als Nächstes kommen musste.
»Ein Baby hätte ihre Ausbildung unterbrochen«, sagte er. »Wir könnten es noch einmal versuchen, schrieb sie. Später. Wenn … wenn sie sich etabliert hatte. Wenn wir Geld hätten. Wenn …« Er redete weiter, aber in einer fremden Sprache, deren flüssiger Ton seine Qual besser zum Ausdruck brachte als englische Worte.
Der Fluch eines langen Lebens besteht darin, dass alle in deiner Umgebung vor dir streben. Bran hatte mir einmal gesagt, dass Samuel alle seine Kinder überlebt hatte.
»Das Kind heute Abend …«
»Es wird überleben«, sagte ich. »Wegen dir. Es wird stark und gesund sein.«
»Ich habe gelebt, wie man es von einem Studenten erwartete, Mercy«, sagte er. »Habe so getan, als wäre ich arm wie alle anderen. Wenn sie gewusst hätte, dass ich Geld habe, hätte sie mein Baby dann immer noch abgetrieben? Ich hätte die Ausbildung aufgegeben und mich um das Kind gekümmert. War es meine Schuld?«
Samuel rollte sich zusammen, als hätte ihn jemand in den Magen
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