Mercy Thompson 02 - Bann des Blutes-retail
nagte, empfand starkes Mitgefühl … und hatte ein schlechtes Gewissen. Aber ich konnte nichts tun.
»Beschaff deinem Freund einen guten Anwalt – und schick ihn und seine Familie zur Therapie. Wenn du Namen brauchst, ich habe einen Freund, der Scheidungsanwalt ist – ich weiß, er kennt ein paar gute Therapeuten, die er seinen Klienten empfiehlt.«
Tony ließ seinen Kopf mit einer abrupten Bewegung nach vorn fallen. Ich nahm an, dass er nickte, und wir aßen schweigend zu Ende. Ich nahm ein paar Dollar aus der Tasche und schob sie als Trinkgeld unter meinen Teller. Sie waren schweißnass, aber Serviererinnen waren in diesem Sommer wohl an so etwas gewöhnt.
Sobald wir das Restaurant verließen, konnte ich einen Werwolf riechen – und es war nicht Honey. Ich sah mich um und bemerkte, dass einer von Adams Wölfen sich das Fenster eines Secondhand-Ladens anschaute. Da er nicht wirkte wie jemand, der sich wirklich für gebrauchte Babybuggys interessiert, bewachte er mich wohl. Ich fragte mich, was aus Honey geworden war.
»Was ist denn?«, fragte Tony, als wir an meinem Leibwächter vorbeikamen.
»Hab an was ganz anderes gedacht«, antwortete ich.
»Wahrscheinlich macht mich die Hitze ebenfalls mürrisch.«
»Mercy«, sagte er. »Ich weiß zu schätzen, dass du mit mir gekommen bist. Und ich möchte dein Angebot gerne annehmen. Seattle und Spokane haben Spezialisten, die sich ums Feenvolk kümmern – einige von deren Cops gehören sogar dazu. Aber wir haben niemanden. Wir haben nicht mal Werwölfe« – das hatten sie doch, zumindest bei der Polizei von Richland, aber das wussten sie nicht, und ich würde es ihm nicht verraten –, »und es wäre gut, zur Abwechslung nicht nur im Trüben zu fischen.«
Ich hatte nicht vorgehabt, der Polizei offiziell meine Hilfe anzubieten – das wäre zu gefährlich. Ich setzte schon dazu an, ihm das zu sagen, hielt dann aber inne.
Der Trick dabei, Ärger zu vermeiden, sagte Bran immer, bestand darin, die Nase nicht in die Angelegenheiten fremder Leute zu stecken. Und wenn herauskam, dass ich die Polizei beriet, konnte ich gewaltigen Ärger bekommen.
Mit Adam würde ich zurechtkommen, aber ich machte mir Sorgen wegen des Feenvolks und wegen der Vampire. Ich wusste zu viel und erwartete nicht, dass sie darauf vertrauen würden, dass ich der Polizei nur ungefährliche Dinge sagte.
Dennoch, es kam mir auch ungerecht vor, dass die Polizei dafür verantwortlich war, Ruhe und Ordnung aufrechtzuerhalten, aber nur die Dinge wusste, die das Feenvolk und die Werwölfe freiwillig preisgaben. Es gab zu viele Möglichkeiten, dass diese Kombination sich als tödlich erweisen würde. Wenn Tony oder einem anderen auf der Seite der Guten etwas zustieß und ich es hätte verhindern können, würde ich nie wieder ruhig schlafen können. Nicht, dass ich in der letzten Zeit besonders gut geschlafen hätte.
»Also gut«, sagte ich. »Ich gebe dir einen guten Rat. Pass
auf, dass keiner deiner Mitarbeiter wegen dieser Sache das Feenvolk gegen sich aufbringt.«
»Warum nicht?«, fragte er.
Ich wagte meinen ersten Schritt in den Abgrund und sagte ihm etwas, was mir echten Ärger einbringen konnte. Ich sah mich um, aber falls der Werwolf uns immer noch verfolgte, leistete er gute Arbeit. Da Adams Leute normalerweise mehr als kompetent waren, senkte ich die Stimme sicherheitshalber zu einem Flüstern. »Weil das Feenvolk nicht so sanftmütig oder machtlos ist, wie es sich gern gibt. Es wäre nicht gut, wenn sie zu dem Schluss kämen, dass ihnen jemand die Schuld für den Anstieg der Gewalttaten in die Schuhe schieben will.«
Tony geriet aus dem Tritt und wäre beinahe über eine Eisenbahnschwelle gestolpert. »Wie meinst du das?«
»Ich meine, dass du dich nie in eine Situation bringen sollst, wo das Feenvolk sich sicherer fühlen würde, wenn dir etwas zustieße.« Ich lächelte ihn beschwichtigend an. »Es liegt nicht in ihrem Interesse, irgendwem zu schaden – und für gewöhnlich regeln sie Probleme unter sich, so dass die Polizei nicht eingreifen muss. Wenn einer von ihnen das Gesetz bricht, kümmern sie sich darum. Du musst einfach nur aufpassen, dass sie dich nicht für eine Gefahr halten.«
Einen halben Block lang dachte er darüber nach. »Und was kannst du mir sagen, was die Werwölfe angeht?«
»Die hiesigen Werwölfe?« Ich deutete vage auf die Stadt, die uns umgab. »Rede mit Adam Hauptman, bevor du versuchst, jemanden zu verhören, den du für einen Werwolf hältst. In einer
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