Mercy Thompson 02 - Bann des Blutes-retail
ging, obwohl ich das schon halb erwartet hatte.
»Ich hoffe, es stört dich nicht, zu Fuß zu gehen«, sagte Tony, als wir in die drückende Hitze hinauskamen. »Ich kann besser denken, wenn ich mich bewege.«
»Kein Problem.«
Wir nahmen eine Abkürzung zur Innenstadt von Kennewick, über die Gleise und durch ein paar freie Grundstücke. Honey trabte hinter uns her, aber sie war gut; ich glaubte nicht, dass Tony sie bemerkte.
Die Innenstadt ist einer der älteren Teile der Stadt, kleine Geschäfte in alten Häusern, umgeben von Wohnhäusern im Art-Deco-Stil, die überwiegend in den Zwanziger- und Dreißigerjahren gebaut worden sind. Man hatte sich angestrengt, den Einkaufsbereich einladender zu gestalten, aber es gab zu viele leer stehende Läden, als dass die Shoppingmeile wohlhabend ausgesehen hätte. Ich hatte erwartet, dass Tony unterwegs etwas sagte, aber das tat er nicht. Also schwieg ich und ließ ihn nachdenken.
»Es ist ziemlich heiß«, sagte er schließlich.
»Ich mag die Hitze«, erwiderte ich. »Und Kälte. Ich lebe gerne an einem Ort, wo es wirklich vier Jahreszeiten gibt. Montana hat zwei. Neun Monate Winter und drei Monate, in denen es beinahe warm wird, und dann wird es wieder Winter. Manchmal schaffen es die Blätter tatsächlich, die Farbe zu wechseln, bevor es zum ersten Mal schneit. Ich erinnere mich, dass es einmal am 4. Juli schneite.«
Er sagte nichts weiter, also nahm ich an, dass er keine Konversation hatte machen wollen – aber ich wusste auch nicht, was er sonst mit dieser Bemerkung gemeint hatte.
Er brachte mich zu einem kleinen Restaurant, wo man uns in einen dunklen, kühlen Raum mit kleinen Tischen führte. Wahrscheinlich hatte den Eigentümern die Atmosphäre eines englischen Pubs vorgeschwebt. Da ich nie in England gewesen war, konnte ich nicht sagen, wie gut sie ihr Ziel erreicht hatten, aber es gefiel mir.
»Weshalb bin ich also hier?«, fragte ich ihn schließlich,
nachdem die Serviererin eine Suppe und ein ziemlich großes Sandwich vor mir abgesetzt hatte und wieder gegangen war. Es war spät fürs Mittagessen und noch zu früh fürs Abendessen, also hatten wir den Raum für uns.
»Also gut«, sagte er einen Moment später. »Dieser muffige alte Knabe, der mal dein Boss war und immer noch hin und wieder vorbeikommt – der gehört zum Feenvolk, oder?«
Zee hatte sich zu seiner Herkunft schon lange öffentlich bekannt, also nickte ich und biss ein Stück von dem Sandwich ab.
Er trank einen Schluck Wasser. »Ich habe Hauptman, den Werwolf, mindestens zweimal in deiner Werkstatt gesehen.«
»Er ist mein Nachbar«, sagte ich. Das Sandwich war ziemlich gut. Ich hätte wetten können, dass sie ihr eigenes Brot backten. Aber die Suppe hätte besser sein können – zu salzig.
Tony sah mich an, verzog das Gesicht und sagte eindringlich: »Du bist die Einzige, die immer weiß, wer ich bin, ganz gleich, welche Verkleidung ich trage.« Tony führte verdeckte Ermittlungen durch und war sehr begabt darin, sein Aussehen zu verändern. Wir hatten einander näher kennengelernt, nachdem ich ihn wiedererkannt hatte und seine Tarnung beinahe aufgeflogen wäre.
»Mmm?« Ich behielt absichtlich einen vollen Mund, denn ich wollte nicht mehr sagen, bevor ich wusste, worauf er hinauswollte.
»Angeblich können die Angehörigen des Feenvolks ihr Äußeres ändern. Erkennst du mich deshalb immer?«
»Ich gehöre nicht zum Feenvolk, Tony«, sagte ich, nachdem ich geschluckt hatte. »Zee schon. Das Feenvolk verändert sein Aussehen durch Magie – einen Schutzzauber
nennen sie das. Ich bin nicht vollkommen sicher, ob sie die Schutzzauber von anderen durchschauen können – ich kann es jedenfalls nicht.«
Tony schwieg einen Augenblick und arrangierte im Kopf neu, was er sagen wollte.
»Aber du weißt einiges über das Feenvolk. Und über Werwölfe.«
»Weil Hauptman mein Nachbar ist?«
»Weil du mit ihm ausgegangen bist. Ein Freund von mir hat dich mit ihm in einem Restaurant gesehen.«
Ich sah ihn an, dann schaute ich mich demonstrativ im Restaurant um.
Er verstand. »Er sagte, es habe ausgesehen, als könntet ihr kaum die Finger voneinander lassen.«
Geschlagen gab ich zu: »Ich bin ein paarmal mit ihm ausgegangen.«
»Tust du das immer noch?«
»Nein.« Das hatte ich zu heftig betont.
Seit der Szene in seiner Garage hielt ich mich bewusst von Adam fern. Als ich mich daran erinnerte, kam ich mir wie ein Feigling vor. Ich wollte nicht über Adam reden, wenn es sich vermeiden
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