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Mercy Thompson 02 - Bann des Blutes-retail

Titel: Mercy Thompson 02 - Bann des Blutes-retail Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Briggs
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Dominantesten zum Unterwürfigsten (oder umgekehrt). Wölfe können das noch besser als ich. Menschen gruppieren sich übrigens ähnlich – obwohl es für sie nicht so wichtig ist wie für die Wölfe. Für einen Menschen steht vielleicht eine Beförderung auf dem Spiel oder ein Sieg bei einem erbarmungslos ausgefochtenen Streit. Für einen Werwolf hängt das ganze Überleben vom Rudel ab – und im Rudel herrscht eine komplizierte gesellschaftliche Hierarchie, die ihrerseits davon abhängt, dass jedes Mitglied seinen Platz ganz genau kennt.
    Dominanz unter Wölfen ist eine Mischung aus Kraft und Persönlichkeit, Willenskraft, körperlichen Fähigkeiten und noch einigen anderen Komponenten, die ich niemandem erklären könnte, der nicht die richtigen Sinne hat, um sie wahrzunehmen. Bereitschaft zu kämpfen ist vielleicht die beste Annäherung. Und wegen diesen anderen Kriterien kann die natürliche Dominanz eines Wolfs sich in einem ziemlich
breiten Spektrum verändern, wenn er nicht mit dem Rudel zusammen ist. Wie wir alle, können sie müde sein, deprimiert oder glücklich – all das beeinflusst die natürliche Dominanz.
    In einem Rudel machen alle irgendwann solche Veränderungen durch. Wölfen, die beinahe dominant sind, erlaubt ein Kampf manchmal zu erkennen, wo sie im Rudel stehen. Der Stellvertreter des Alpha und der Dritte sind die beiden Männer im Rudel, die dem Alpha an Dominanz am nächsten kommen.
    Warren verhielt sich unter Feinden ruhig und wachsam, statt die typische Aggressivität eines Dominanten anzunehmen. Er konnte Körpersprache nicht einmal so gut deuten wie ich, weil er nach seiner Veränderung so wenig Zeit bei einem Rudel verbracht hatte. Er befand sich außerhalb des Rudels, selbst wenn er mit ihm jagte. Deshalb war er verwundbar gegenüber Herausforderungen von Wölfen, die glaubten, stärker, besser und schneller als er zu sein.
    Ich weiß, es war Adam, der den anderen gesagt hatte, dass Warren der Dritte im Rudel war. Wäre Adam weniger dominant, beliebt oder respektiert gewesen, wäre es wegen dieser Entscheidung zu Blutvergießen gekommen. Ich wusste, dass Adam Recht hatte – aber ich gehörte auch zu den wenigen Personen, denen gegenüber Warren seine Vorsicht aufgab.
    Eine bedeutende Minderheit der Wölfe war der Ansicht, dass Warren nicht stark genug für die Position sei, die er innehatte. Ich wusste – eher von Jesse als von den Wölfen selbst –, dass einige der Rudelmitglieder Warren aus dem Rudel verbannen oder noch lieber im Kampf töten wollten.
    Dieser Paul war offenbar einer von ihnen, und er war dominant genug, um Warren herausfordern zu können. Und Adam hatte ihm gerade die Erlaubnis dazu erteilt.

    Paul nickte knapp und erfreut und verließ das Zimmer mit raschen Schritten, nicht ahnend, dass Warren mit ihm den Fußboden aufwischen würde. Falls Warren überlebte – und ich sah an Samuels Konzentration, dass das immer noch nicht sicher war.
    Adam schaute Paul mit einem brütenden Blick hinterher. Dann hob er den Kopf und sah, dass ich ihn beobachtete. Er kniff die Augen zusammen, kam zu mir, nahm meinen Arm und zog mich aus dem Raum.
    Er führte mich zu Jesses Zimmer, zögerte und ließ dann meinen Arm los. Er klopfte leise an ihre Tür, und dann öffnete er sie. Jesse saß auf dem Boden, mit dem Rücken ans Bett gelehnt, die Nase rot, und Tränen liefen ihr über die Wangen.
    »Er wird es schaffen«, sagte Adam.
    Sie kam auf die Beine. »Kann ich ihn sehen?«
    »Wenn du leise bist«, erwiderte er.
    Sie nickte und ging zur Tür. Als sie mich sah, zögerte sie, dann lächelte sie mich an, und es war, als spähte Sonnenschein unter den schweren Wolken hervor, die wegen Warrens Zustand über uns allen hingen. Dann eilte sie an mir vorbei.
    »Komm.« Adam griff wieder nach meinem Arm – das gefiel mir wirklich nicht – und führte mich zu einer anderen geschlossenen Tür. Er öffnete sie, diesmal ohne vorher anzuklopfen.
    Ich klammerte mich fest an meinen Zorn, als ich mich losriss und in den Raum hineinstolzierte. Solange ich wütend war, würde ich keine Angst haben. Ich hasste es, Adam zu fürchten.
    Ich verschränkte die Arme und drehte ihm weiterhin den Rücken zu, und erst jetzt erkannte ich, dass er mich in sein eigenes Schlafzimmer geführt hatte.

    Ich hätte es selbst dann als Adams Zimmer erkannt, wenn es nicht nach ihm gerochen hätte. Er liebte warme Strukturen und Farben, und der Raum spiegelte das wider, von dem dunkelbraunen Berberteppichboden bis zu

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