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Mercy Thompson 02 - Bann des Blutes-retail

Titel: Mercy Thompson 02 - Bann des Blutes-retail Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Briggs
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den rau verputzten buttercremefarbenen Wänden. Es gab ein Ölgemälde, das so groß war wie ich und doppelt so breit, und eine Bergwaldszene zeigte. Der Künstler hatte dem Impuls widerstanden, einen Adler in die Luft oder ein Stück Wild an den Bach zu malen.
    Ein Mensch hätte das Gemälde vielleicht langweilig gefunden.
    Ich berührte die Leinwand, bevor mir auch nur klar wurde, dass ich mich bewegt hatte. Ich kannte den Namen des Künstlers nicht, der beinahe unleserlich in die untere rechte Ecke gekritzelt war und außerdem auf einer kleinen Messingplakette in der Mitte des Rahmens stand. Der Titel des Bildes lautete Zuflucht.
    Als ich mich von dem Bild abwandte, bemerkte ich, dass Adam mich anstarrte. Er hatte die Arme verschränkt, und weiße Stellen an seinen hohen Wangenknochen verrieten mir, dass er wütend war. Dieser Umstand an sich stellte nichts Ungewöhnliches dar. Er war von Natur aus aufbrausend, und ich konnte ihn ziemlich gut zur Explosion bringen – wenn auch nicht in letzter Zeit. Und auch nicht, das hätte ich geschworen, heute.
    »Mir blieb nichts anderes übrig«, fauchte er mich an.
    Ich starrte ihn an, ohne auch nur im Geringsten zu wissen, wovon er sprach. »Es wird verhindern, dass Paul einen Hinterhalt legt. Er wird Warren offiziell herausfordern müssen, vor Zeugen.«
    »Ich weiß«, sagte ich. Hielt er mich für dumm?
    Adam sah mich noch ein paar Sekunden an, dann wandte
er sich ab und begann, rasch auf und ab zu gehen. Als er aufhörte, schaute er mich wieder an und sagte: »Warren hat seinen Wolf besser unter Kontrolle als die meisten anderen, und Ben ist trotz seiner Haltung beinahe ebenso gut. Sie waren am besten geeignet, um sie den Zauberer jagen zu lassen.«
    »Habe ich etwas anderes gesagt?«, zischte ich. Das Gemälde hatte mich abgelenkt – aber Adam erinnerte mich wieder daran, dass ich versuchte, zornig zu sein. Zum Glück war das gerade nicht schwierig.
    »Du bist wütend auf mich«, sagte er.
    »Du schreist mich an«, erwiderte ich. »Selbstverständlich bin ich wütend.«
    Er machte eine ungeduldige Geste. »Nicht jetzt. Ich meinte vorhin, in Warrens Zimmer.«
    »Ich war wütend auf den dummen Wolf, der kam, um Warren herauszufordern, sobald er auf dem Rücken lag.« Was mich daran erinnerte, wie sehr Adam mich zuvor erschreckt hatte, als er diese Alpha-Sache benutzt hatte, um mich zu beruhigen. Aber darüber wollte ich noch nicht sprechen. »Ich war nicht wütend auf dich, ehe du mich am Arm gepackt und aus dem Zimmer gezerrt hast, um mich anzuschreien.«
    »Verdammt«, sagte er. »Tut mir leid.« Er sah mich an und wandte dann den Blick ab. Seines schützenden Zorns beraubt, wirkte er müde und besorgt.
    »Du bist nicht Schuld an dem, was Warren und Ben zugestoßen ist«, sagte ich. »Sie haben sich beide freiwillig gemeldet.«
    »Sie wären nicht gegangen, wenn ich es nicht erlaubt hätte. Ich wusste, dass es gefährlich war«, fauchte er, sein Zorn war so schnell wiederhergestellt, wie er zuvor verschwunden war.
    »Glaubst du, du bist der Einzige, der ein Recht hat, sich wegen Warren schuldig zu fühlen – und wegen Ben?«

    »Du hast sie nicht losgeschickt«, erwiderte er. »Das habe ich getan.«
    »Der einzige Grund, wieso sie überhaupt von dem Zauberer wussten, bin ich«, sagte ich. Und dann gestand ich ihm meine eigene schlimmste Tat, weil ich sah, dass er sich wirklich schuldig fühlte. »Ich habe gebetet, dass sie den Zauberer erwischen würden.«
    Er sah mich ungläubig an, dann lachte er, ein harsches, verbittertes Geräusch. »Du glaubst, dass ein Gebet dich für Warrens Zustand verantwortlich macht?«
    Er war nicht religiös. Ich weiß nicht, wieso mich das so schockierte. Ich kenne viele Leute, die nicht an Gott glauben – an keinen Gott. Aber alle Werwölfe, mit denen ich aufgewachsen war, waren gläubig. Adam sah mir ins Gesicht und lachte noch einmal über meine Miene.
    »Du bist so unschuldig«, sagte er mit leisem Grollen. »Ich habe vor langer Zeit gelernt, dass Gott ein Mythos ist. Ich habe sechs Monate in einem stinkenden Sumpf in einem fremden Land gebetet, jede einzelne Stunde, bis ich endlich die Augen öffnete – und ein verrückter Werwolf schloss meine Ausbildung ab, indem er mir beibrachte, dass es keinen Gott gibt.« Seine Augen wurden bei seinen Worten heller, wechselten von einem warmen Braun zu kaltem Gelb. »Ich weiß es nicht. Vielleicht gibt es einen. Aber wenn das der Fall ist, ist er ein Sadist, der zusieht, wie seine Kinder

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