Mercy-Thompson 03 - Spur der Nacht-retail-ok
musst noch ein klein bisschen länger bei uns bleiben. Samuels Stimme.
Die Polizei war mir egal, und das hier war nicht das Krankenhaus. Fell überzog endlich meine Haut, und meine Fingernägel verwandelten sich in Krallen. Es brauchte länger als je zuvor, aber am Ende stand ich auf vier Pfoten. Ich winselte leise vor mich hin, weil ich das Bad immer noch nicht verlassen wollte.
Die Tür ging auf, bevor ich eine Alternative fand, aber das war wohl gut so, denn es gab ohnehin keine guten Verstecke im Bad – nicht einmal für einen Kojoten.
Ben schnupperte. »Rasierwasser? Na gut. Jemand hatte inzwischen Zeit, ein paar Laken zu waschen, und ich habe das Bett frisch bezogen.«
Mir wurde klar, dass ich zu seinem Gesicht aufblickte,
und ich senkte den Blick und zog den Schwanz zwischen die Beine.
»So fühlst du dich, wie?«, sagte er. »Mercy …« Er seufzte. »Schon gut. Komm schon. Geh wieder ins Bett.«
Ich war nicht mehr müde, aber ich rollte mich auf den sauberen Laken zusammen und wartete, dass Ben das Zimmer verließ, damit ich … irgendwohin gehen konnte. Ich konnte nicht nach Hause gehen, weil dort Samuel war, der es ebenfalls wusste.
Alle wussten es, und Tim hatte recht: Ich würde für immer allein sein.
Ich sollte ins Wasser gehen … aber das war nicht richtig. Mein Pflegevater hatte das getan. Nein, ich würde mich niemals umbringen, niemals anderen antun, was er mir angetan hatte.
Nach einer Weile ging die Tür auf, und Adam kam herein. Er hatte offenbar nicht genug Zeit gehabt, sich richtig zu waschen, denn er roch immer noch ein wenig nach Tims Blut und dem Zeug, das Tim mich hatte trinken lassen. Ich hatte mich auf ihn übergeben, erinnerte ich mich mit bedauernswerter Klarheit.
»Zee wird freigelassen, sobald sie mit dem Papierkram durch sind«, sagte Adam. Er hatte wohl mit Ben gesprochen, denn ich tat sehr angestrengt, als ob ich schliefe. Eine Minute lang sagte er nichts mehr, als wartete er auf eine Reaktion. Dann seufzte er. »Ich gehe duschen. Wenn ich rauskomme, kannst du eine Pause machen, Ben.«
Ben wartete, bis die Dusche rauschte, bevor er etwas sagte. »Ich weiß nicht, an wie viel du dich erinnerst. Diese Nemane wollte ihre Feensachen nehmen und gehen, bevor die Polizei kam, aber Adam dachte, dass ihr Teil der
Geschichte notwendig sein würde, um ohne den geringsten Zweifel zu beweisen, dass der Gremlin unschuldig ist. Und dass du jeden Grund hattest, Tim zu töten. Also zeigte er ihr das Video, das die Sicherheitskameras aufgezeichnet hatten, und sie überlegte es sich anders und gab uns ein paar Dinge, um deine Unschuld zu beweisen. Sie war sehr beeindruckt davon, dass du dich vom Einfluss des Kelches befreien konntest.«
Ich zog den Schwanz dichter ans Gesicht. Ich hatte nicht gekämpft, bis zum letzten Augenblick, ich hatte zugelassen, dass Tim … Ich hatte ihn haben wollen. Für einen Augenblick spürte ich wieder die magische Anziehungskraft seiner Schönheit, genau wie zuvor.
»Still«, sagte Ben mit einem nervösen Blick zum Bad. »Du musst still sein. Er ist jetzt ziemlich aufgeregt, und wir wollen es nicht noch schlimmer machen.«
Ich wollte nicht noch mehr hören. Zee war frei. Morgen würde ich mich sehr darüber freuen. Er konnte statt des Geldes die Werkstatt zurücknehmen. Ich würde einen anderen Ort finden, wohin ich gehen konnte. Vielleicht nach Mexiko. Dort gab es viele Volkswagen. Und auch viele Kojoten. Vielleicht würde ich einfach eine Kojotin bleiben.
Ben ließ sich von meiner Haltung nicht beeindrucken und fuhr fort. »Sieht aus, als hätte dieser Tim gestern seinen besten Kumpel umgebracht, bevor du zu seinem Haus kamst. Jedenfalls denken wir das.« Selbst in meinem angeschlagenen Zustand fiel mir auf, dass es seiner Redeweise an den üblichen Flüchen fehlte. Vielleicht machte er sich Sorgen wegen Adam, der etwas dagegenhatte, vor Frauen Kraftausdrücke zu benutzen. Meine Neugier schwand allerdings wieder, als ich hörte, was er als Nächstes sagte.
»Austin Summers ist in den Fluss gegangen und hat sich ertränkt. Ein alter Mann sah, wie er das getan hat. Er sagte, er habe dabei gelächelt. Der Alte hat versucht, ihn zu retten, aber Austin ist immer weiter geschwommen und dann getaucht. Er kam nicht wieder hoch. Sie haben seine Leiche ein paar Meilen flussabwärts gefunden. Niemand wusste, warum er sich umgebracht hat, bis die Frau vom Feenvolk ihnen zeigte, wie der Kelch funktioniert, und sie sich das Video ansahen. Es war nett von
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