Mercy-Thompson 03 - Spur der Nacht-retail-ok
werden wie Fingerabdrücke. Selbst wenn ich ihn wittere, werde ich nicht sagen können, wer es ist – es sei denn, du bist es oder Onkel Mike oder unser Ratsmitglied hier.« Ich nickte zu dem Jojo-Mädchen hin.
Zee lächelte freundlos. »Wenn du einen Geruch finden kannst, der sich an jedem einzelnen Tatort befindet, werde ich dich persönlich durch das Reservat und von mir aus auch durch den gesamten Bundesstaat Washington führen, bis du diesen mörderischen Mistkerl findest.«
In diesem Augenblick wusste ich, dass die Morde für ihn etwas Persönliches waren. Zee benutzte nicht viele Schimpfworte und vor allem nicht auf Englisch. Und vor allem nicht in meiner Gegenwart.
»Dann wäre es besser, wenn ich alleine reingehe«, sagte ich. »Damit die Gerüche, die du an dir hast, nicht verfälschen, was bereits dort ist. Stört es dich, wenn ich mich im Pickup verwandle?«
»Nein, nein«, sagte er. »Mach schon.«
Ich stieg wieder in den Pickup und spürte den Blick
des Mädchens im Nacken, bis ich im Auto saß. Sie sah zu unschuldig und hilflos aus, um etwas anderes zu sein als richtig fies.
Ich stieg auf der Beifahrerseite ein, um so viel Platz wie möglich zu haben, und zog mich aus. Für Werwölfe ist die Veränderung sehr schmerzhaft, besonders, wenn sie bei Vollmond zu lange damit warten und der Mond eine Verwandlung praktisch erzwingt.
Mich stört meine Veränderung überhaupt nicht – wenn überhaupt, fühlt es sich gut an, so als würde ich mich nach dem Training ausführlich strecken. Aber ich bekomme Hunger, und wenn ich zu oft die Gestalt wechsele, macht es mich müde.
Ich schloss die Augen und nahm meine Kojotengestalt an. Ich kratzte das letzte Kribbeln mit der Hinterpfote aus dem Ohr, dann sprang ich aus dem Fenster, das ich offen gelassen hatte.
Schon wenn ich ein Mensch bin, sind meine Sinne scharf. Wenn ich die Gestalt wechsle, werden sie noch ein wenig besser, aber es ist mehr als nur das. Die Kojotengestalt verarbeitet die Informationen, die meine Ohren und meine Nase mir liefern, besser, als ich es tun kann, wenn ich ein Mensch bin.
Ich fing direkt innerhalb des Tors an, den Gehweg zu beschnuppern, und versuchte, ein Gefühl für den Geruch des Hauses zu entwickeln. Als ich die Veranda erreichte, kannte ich den Geruch des männlichen Wesens (er war bestimmt kein Menschenmann, obwohl ich nicht genau feststellen konnte, was er denn nun war), das sich hier angesiedelt hatte. Ich nahm auch die Gerüche der Leute wahr, die häufiger zu Besuch gekommen waren, wie zum Beispiel
das kleine Mädchen, das inzwischen wieder angefangen hatte, sein Jojo herumzuwirbeln – obwohl sie nun eher mich als ihr Spielzeug im Auge behielt.
Von den ersten Sätzen abgesehen, hatten sie und Zee keine Worte gewechselt, die ich nicht gehört hatte. Das konnte bedeuten, dass sie einander nicht mochten, aber ihre Körpersprache war dafür nicht steif oder feindselig genug gewesen. Vielleicht hatten sie einander einfach nichts zu sagen.
Zee öffnete die Tür, als ich davor stehen blieb, und eine Welle von Tod strömte heraus.
Ich wich unwillkürlich einen Schritt zurück. Selbst das Feenvolk war scheinbar nicht immun gegen die Würdelosigkeit des Todes. Es war nicht notwendig, dass ich lautlos über die Schwelle schlich, aber einige Dinge passieren einfach instinktiv, besonders, wenn man sich in Kojotengestalt befindet.
2
E s war nicht schwer, dem durchdringenden Blutgeruch ins Wohnzimmer zu folgen, wo der Mann getötet worden war. Blut war großzügig über diverse Möbelstücke und den Teppich gespritzt, mit einem größeren Fleck an der Stelle, wo die Leiche schließlich gelegen hatte. Man hatte den Toten weggebracht, aber nicht weiter versucht, sauber zu machen.
Für meine unerfahrenen Augen sah es nicht so aus, als hätte das Opfer sich sonderlich gewehrt, denn nichts war zerbrochen oder umgeworfen. Es war mehr, als hätte der Mörder es genossen, ihn zu zerreißen.
Es war ein gewaltsamer Tod gewesen, perfekt geeignet, um einen Geist zu erzeugen.
Ich war nicht sicher, ob Zee oder Onkel Mike von der Sache mit den Geistern wussten. Dabei hatte ich nicht versucht, es zu verbergen – lange Zeit hatte ich nicht einmal erkannt, dass es nicht etwas war, was jeder tun konnte.
So hatte ich den zweiten Vampir getötet. Vampire können die Orte, an denen sie tagsüber ruhen, sehr gut verbergen, selbst vor der Nase eines Werwolfs – oder eines
Kojoten. Man kann diese Schutzzauber nicht einmal mit machtvoller Magie
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