Mercy Thompson 04 - Zeit der Jäger-retail-ok
Mercy. Ich habe dich gebeten, dich mir zu öffnen.«
»Was ist passiert?«, fragte ich ihn.
Adam öffnete seine Augen und sie waren gelber, als ich sie jemals gesehen hatte. »Totale Überlastung«, sagte er. »Jemand sollte wahrscheinlich Darryl und Warren anrufen und sicherstellen, dass es ihnen gutgeht. Sie haben sich ohne Vorwarnung eingeschaltet und dabei geholfen, dich zurück in deine eigene Haut zu ziehen.«
»Ich erinnere mich nicht«, meinte ich misstrauisch.
»Gut«, sagte Samuel. »Zum Glück für uns alle hat der Geist seine eigenen Mechanismen, um sich zu schützen.«
»Du bist von völlig geschlossen zu völlig offen gesprungen«, sagte Adam. »Und als du dich mir geöffnet hast, hat sich auch die Gefährtenbindung gesetzt. Bevor ich verstanden hatte, was passiert war …« Er wedelte unbestimmt mit den Händen. »Hast du dich irgendwie durch die Rudelbindung verteilt.«
»Wie Napoleon beim Versuch, Russland einzunehmen«, warf Samuel ein. »Es gab einfach nicht genug von dir, um überall zu sein.«
In dem Moment erinnerte ich mich. Ich war geschwommen, ertrunken in Gedanken und Erinnerungen, die nicht mir gehörten. Sie waren über mich geflossen, um mich, und durch mich, wie ein Fluss aus Eis – und hatten mich weiter aufgerissen, mit jeder Scholle, die vorbeidriftete. Es war kalt und dunkel gewesen; ich konnte nicht atmen. Ich hatte gehört, wie Adam meinen Namen rief.
»Aurielle hat geantwortet«, berichtete Ben aus dem Flur. »Sie sagt, Darryl geht es gut. Warren hebt nicht ab, also habe ich das Handy seines Lustknaben angerufen. Knäblein wird nach ihm sehen und mich zurückrufen.«
»Ich wette, du hast ihn in dem Gespräch nicht Lustknabe genannt.«
»Du kannst aber verdammt nochmal glauben, dass ich das getan habe«, antwortete mir Ben mit verletzter Würde. »Du hättest hören sollen, als was er mich bezeichnet hat.«
Kyle, Warrens menschlicher Freund, der in seinem Job ein über Leichen gehender Scheidungsanwalt war, hatte sowohl eine rasiermesserscharfe Zunge als auch einen
ebensolchen Verstand. Ich würde Geld auf jedes verbale Gefecht zwischen Kyle und Ben setzen, und zwar nicht auf Ben.
»Geht es Dad gut?«, fragte Jesse. Die Wölfe gaben fast verlegen den Weg frei, um sie durchzulassen – und mir ging auf, dass sie sie ferngehalten haben mussten, als die Sache noch nicht sicher war. Nach Adams Augen zu schließen, hing seine Kontrolle jetzt noch an einem seidenen Faden – also war es eine gute Idee gewesen, seine verletzliche, menschliche Tochter von ihm fernzuhalten. Aber ich kannte Jesse – und ich hätte nicht diejenige sein wollen, die versuchte, sie hinter dem Rudel zu halten.
Adam stand hastig auf und lehnte sich fast unmerklich auf Mary Jo – die ihre Hand ausgestreckt hatte, als er schwankte.
»Mir geht’s prima«, sagte er zu seiner Tochter und umarmte sie kurz.
»Jesse ist diejenige, die Samuel gerufen hat«, erklärte ihm Mary Jo. »Wir sind nicht mal auf den Gedanken gekommen. Er hat uns gesagt, was wir tun sollen.«
»Jesse ist super«, erklärte ich überzeugt. Sie schenkte mir ein etwas zittriges Grinsen.
»Der Trick«, meinte Samuel zu mir, »ist, dich mit dem Rudel und mit Adam zu vereinen – ohne dich darin zu verlieren. Bei Werwölfen funktioniert es instinktiv, aber ich nehme an, du wirst daran arbeiten müssen.«
Am Ende ging ich zum Abendessen nach Hause. Ich schlich mich fast unbemerkt aus dem Haus, während des Treffens, das auf unsere Beinahekatastrophe folgte. Adam sah mich verschwinden, aber er versuchte nicht, mich aufzuhalten – er wusste, dass ich zurückkommen würde.
Im Kühlschrank gab es eine Schale mit Thunfisch, Essiggurken und Mayonnaise, also machte ich mir ein Sandwich und verfütterte die Reste an die Katze. Während sie mit zierlicher Eile fraß, rief ich auf Kyles Handy an.
»Mmmmmm?«
Das Geräusch war so entspannt, dass ich das Telefon nochmal vom Ohr nahm, um sicherzustellen, dass ich Kyles Telefonnummer gewählt hatte. Aber da stand es auf dem kleinen Display – Kyles Handy.
»Kyle? Ich rufe an, um zu fragen, wie es Warren geht?«
»Sorry, Mercy.« Kyle lachte und ich hörte Wasser plätschern. »Wir sitzen in der heißen Badewanne. Ihm geht’s gut. Wie ist es bei dir? Ben sagte, du wärst in Ordnung.«
»Bin ich. Warren?«
»Lag bewusstlos im Flur. Anscheinend war er mit einem leeren Glas in der Hand auf dem Weg in die Küche.«
»Als ich es in der Hand hatte, war es noch nicht leer.« Warrens warme
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