Mercy Thompson 04 - Zeit der Jäger-retail-ok
Analyse.
»Instinkte treiben einen Wolf … genauso wie einen Kojoten, nehme ich an«, erklärte er mir nach einem Moment. Er wirkte entspannt, ein Knie angezogen und ein Bein neben mir ausgestreckt. »Die Wahrheit hat weder Schnörkel noch Manieren und folgt einer ganz eigenen Logik. Du kannst das Rudel nicht geben lassen, ohne auch zu geben, und wenn wir deine Gabe nicht wollen …«
Ich sagte nichts. Ich verstand nicht, wie das Rudel funktionierte, aber der letzte Teil stimmte. Nach einer Weile sagte er: »Es ist manchmal lästig, Teil eines Rudels zu sein. Wenn die Rudelmagie voll im Gange ist – wie jetzt, wenn der Mond fast voll ist –, gibt es keine Möglichkeit, vor den anderen alles zu verbergen, wie wir es als Menschen tun. Manche Dinge ja, aber wir können nicht entscheiden, welche Dinge sicher verborgen bleiben. Paul weiß, dass ich wegen seines Angriffs auf Warren immer noch wütend bin, und das lässt ihn sich ducken – was mich nur noch wütender macht, weil er kein Bedauern darüber verspürt, Warren angegriffen zu haben, als der verletzt war, sondern nur Angst vor meinem Zorn.«
Ich starrte ihn an.
»Es ist nicht alles schlimm«, versicherte er mir. »Es ist das Wissen darum, wer sie sind, was ihnen wichtig ist, was sie unterscheidet. Welche Stärken jeder Einzelne von ihnen mit ins Rudel bringt.«
Er zögerte. »Ich bin mir nicht sicher, wie viel du bekommen wirst. Wenn ich will, zum Vollmond in Wolfsform, kann ich jeden fast immer lesen – das gehört dazu, wenn man ein Alpha ist. Es erlaubt mir, die Individuen dazu einzusetzen, ein Rudel aufzubauen. Die meisten im Rudel empfangen hier etwas und da etwas, überwiegend Dinge, um die sie sich Sorgen machen, oder große Entscheidungen.« Er warf mir ein kurzes Lächeln zu. »Ich wusste nicht, ob es überhaupt funktionieren würde, dich ins Rudel zu bringen, weißt du. Mit einer menschlichen Partnerin hätte ich es nicht tun können, aber du bist immer eine Unbekannte.« Er schaute mich konzentriert an. »Aber du wusstest, dass Mary Jo verletzt worden war.«
Ich schüttelte den Kopf. »Nein. Ich wusste, dass jemand verletzt worden war – aber ich wusste nicht, dass es Mary Jo war, bis ich sie gesehen habe.«
»Okay«, sagte er, von meiner Antwort ermutigt. »Dann sollte es nicht schlimm für dich sein. Außer wenn du sie brauchst, oder sie dich brauchen, wird das Rudel einfach nur … ein Schild in deinem Rücken sein, Wärme in einem Sturm. Unsere Gefährtenverbindung – wenn sie sich setzt – wird wahrscheinlich etwas ganz Eigenes dazu tun.«
»Was meinst du mit ›wenn sie sich setzt‹?«, fragte ich ihn.
Er zuckte mit den Achseln. »Schwer zu erklären.« Er warf mir einen amüsierten Blick zu. »Als ich lernte, ein Wolf zu sein, fragte ich meinen Lehrer, wie es sich anfühlen würde, eine Gefährtin zu nehmen. Er hat mir gesagt, dass es für jedes Paar anders ist – und Alpha zu sein gibt dem Ganzen nochmal eine kleine Wendung.«
»Also weißt du es nicht?« Denn das war keine Antwort –
und Adam wich Fragen nicht aus. Er antwortete, oder er sagte einem, dass er nicht vorhatte, zu antworten.
»Jetzt schon«, antwortete er. »Unsere Verbindung« – er vollführte eine Geste, die den wenigen Platz zwischen uns in dem kleinen Bad einschloss – »fühlt sich für mich an wie eine Brücke, wie die Hängebrücke über den Columbia. Sie hat Fundamente und die Kabel und alles, was es braucht, um eine Brücke zu sein, aber noch überspannt sie den Fluss nicht.« Er schaute mir ins Gesicht und grinste. »Ich weiß, dass es dämlich klingt, aber du hast gefragt. Außerdem, wenn du bei Mary Jos Tod lediglich gefühlt hast, dass jemand verletzt wurde, dann ist es mein Fehler, dass du die paar gefühlt hast, die dich nicht als Teil des Rudels wollen. Du hast sie durch mich gefühlt. Allein wärst du dir dessen nicht mal bewusst, außer bestimmte Bedingungen werden erfüllt. Bedingungen wie Nähe, wie sehr du dich dem Rudel öffnest und ob der Mond voll ist.« Er grinste. »Oder wie sauer du auf sie bist.«
»Also soll es mir egal sein, dass sie mich nicht wollen, nur weil ich es nicht spüre?«
Seine Miene war neutral. »Natürlich spielt es eine Rolle – aber es wird dir nicht jede Minute am Tag reingewürgt werden. Ich nehme an, dass du überwiegend wissen wirst, wer keine Kojoten im Rudel will. So wie Warren die Wölfe kennt, die mehr hassen, was er ist, als schätzen, wer er ist.« Für einen kurzen Moment sah ich Trauer über
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