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Mercy Thompson 04 - Zeit der Jäger-retail-ok

Titel: Mercy Thompson 04 - Zeit der Jäger-retail-ok Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Briggs
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tun sollte.«
    Diese Bosheit befreite mich von dem ablenkenden Mitleid, das ich empfunden hatte. Und ich sah, was ich das erste Mal, als ich ihm in die Augen gesehen hatte, übersehen hatte. Und wusste, warum dieser Geist anders war als alle, die ich vorher gesehen hatte.
    Geister sind die Überreste von Leuten, die gestorben sind, das, was übrig bleibt, wenn die Seele verschwindet. Überwiegend sind sie eine Ansammlung von Erinnerungen, denen eine Form gegeben wurde. Wenn sie interagieren können, auf äußere Reize reagieren, dann neigen sie dazu, Fragmente der Personen zu sein, die sie einst waren: zwanghafte Fragmente – wie die Geister von Hunden, die das Grab ihrer alten Herren bewachen, oder der Geist, den ich einmal gesehen hatte, der immer nach seinem Welpen gesucht hatte.
    Direkt nach ihrem Tod allerdings sind sie manchmal anders. Ich habe es ein paarmal auf Beerdigungen gesehen oder im Haus von jemandem, der gerade erst gestorben war. Manchmal passen die frisch Verstorbenen auf die Lebenden auf, wie um sicherzustellen, dass es ihnen auch gutgeht. Das ist mehr als ein Rest der Leute, die sie waren – ich kann den Unterschied sehen. Ich habe diese immer als ihre Seelen betrachtet.
    Das war es, was ich in Ambers toten Augen gesehen hatte. Mein Magen verkrampfte sich. Wenn man stirbt, sollte es eine Erlösung sein. Es war nicht fair, nicht richtig, dass
Blackwood irgendwie einen Weg gefunden hatte, die Seelen über den Tod hinaus festzuhalten.
    »Hat Blackwood dir befohlen, Chad zu töten?«, fragte ich.
    Er ballte die Fäuste. »Er hat alles. Alles. Bücher und Spielzeug.« Seine Stimme wurde immer lauter. »Er hat ein gelbes Auto. Schau mich an. Schau mich an!« Er stand jetzt und starrte mich mit wilden Augen an, aber als er wieder sprach, war es nur ein Flüstern. »Er hat alles und ich bin tot. Tot. Tot.« Er verschwand plötzlich, aber die Eimer stoben auseinander. Einer davon flog nach oben, knallte gegen die Gitter meines Käfigs und zerbrach in Stücke aus festem orangefarbenem Plastik. Ein Stück davon traf mich und schnitt mir den Arm auf.
    Ich war mir nicht sicher, ob das ein Ja oder ein Nein war.
    Jetzt allein, setzte ich mich aufs Bett und lehnte mich gegen die kalte Betonwand. John der Geist wusste mehr über Walker als ich. Ich fragte mich, ob er die Wahrheit gesagt hatte: Es gab einen moralischen Code, den ich einhalten musste, wollte ich meine Fähigkeiten behalten – die jetzt auch eine gewisse Fähigkeit einzuschließen schienen, Geister zu kontrollieren. Obwohl es, wenn man meinen sehr wechselhaften Erfolg darin betrachtete, anscheinend etwas war, was man üben musste, um es richtig hinzukriegen.
    Ich versuchte herauszufinden, wie dieses Talent mir dabei helfen könnte, alle Gefangenen inklusive mich hier herauszuholen. Ich dachte immer noch angestrengt darüber nach, als ich hörte, wie jemand die Treppe herunterkam: Besucher.
    Ich stand auf, um sie willkommen zu heißen.
    Die Besucher waren Mitgefangene. Und ein Zombie.

    Amber plapperte über Chads nächstes Softballspiel, während sie Corban in den Raum führte – der offensichtlich immer noch unter dem Einfluss des Vampirs stand – und Chad, der ihnen folgte, weil er nichts anderes tun konnte. Er hatte einen blauen Fleck im Gesicht, der noch nicht da gewesen war, als ich ihn im Esszimmer zurückgelassen hatte.
    »Jetzt schlaft mal schön«, sagte sie ihnen. »Jim geht jetzt auch ins Bett, sobald er diesen Feenvolk-Kerl wieder hier eingeschlossen hat, wo er hingehört. Wir wollen nicht, dass ihr müde seid, wenn es Zeit zum Aufstehen ist.« Sie hielt ihnen die Tür auf, als wäre es etwas anderes als ein Käfig – dachte sie, es wäre ein Hotelzimmer?
    Den Zombie zu beobachten war ein wenig wie eines von diesen Videos zu schauen, wo sie Stücke von Gesprächen nehmen, die es wirklich gab, und sie so zusammenstückeln, dass über etwas völlig anderes geredet wird. Kurze Schnipsel von Dingen, die Amber tatsächlich gesagt hätte, kamen aus dem Mund der toten Frau, standen aber in wenig oder überhaupt keiner Verbindung zu dem, was sie tat.
    Corban stolperte in den Käfig und blieb in seiner Mitte stehen. Chad rannte an dem sprechenden Leichnam seiner Mutter vorbei, bis er zitternd und mit weit aufgerissenen Augen neben dem Bett stand. Er war erst zehn, egal, wie mutig er auch war.
    Wenn er das hier überlebte, würde er jahrelange Therapie brauchen. Und das setzte voraus, dass er einen Therapeuten fand, der ihm glaubte. Deine

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