Mercy Thompson 04 - Zeit der Jäger-retail-ok
Lastwagen, aber dieser hier war ein kleiner Anhänger, an dem
Tafeln hingen, auf denen die Karte mit Preisen aufgelistet stand.
Die Frau, die dort arbeitete, hatte ein freundliches Gesicht und sprach gerade mal genug Englisch, um die Bestellungen entgegenzunehmen – was wahrscheinlich keine große Rolle spielte, weil die wenigsten ihrer Gäste rein englischsprachig waren. Als ich zahlte, sagte sie etwas und tätschelte meine Hand – und als ich in der Tüte nachsah, ob ich auch die kleinen Plastikbecher mit Salsa hatte, stellte ich fest, dass sie mir ein paar meiner Lieblingstacos zusätzlich eingepackt hatte. Was bewies, dass wirklich jeder, sogar Leute, die keine Zeitungen lesen konnten, von mir wusste.
Zee fuhr uns zu dem Park auf der Kennewick-Seite des Flusses, wo es Picknicktische am Wasser gab, an denen wir essen konnten. Ich seufzte, als wir am Flussufer zwischen dem Parkplatz und den Picknicktischen entlanggingen. »Ich wünschte, ich wäre nicht in den Zeitungen aufgetaucht. Wie lange dauert es noch, bis alle es vergessen und mir niemand mehr mitleidige Blicke zuwirft?«
Zee schenkte mir ein wölfisches Grinsen. »Ich habe es dir schon mal gesagt: Du solltest Spanisch lernen. Sie hat dir dazu gratuliert, dass du ihn umgebracht hast. Und sie kennt noch ein paar Männer, die deine Aufmerksamkeit verdient hätten.« Er suchte einen Tisch aus und setzte sich.
Ich ließ mich ihm gegenüber nieder und stellte die Tüte zwischen uns. »Hat sie nicht.« Ich spreche kein Spanisch, aber jeder, der länger in den Tri-Cities lebt, schnappt ein paar Worte auf – und außerdem hatte sie nicht viel gesagt, nicht mal auf Spanisch.
»Vielleicht den letzten Teil nicht«, stimmte Zee zu, zog einen Hühnchen-Taco heraus und presste eines der Limettenviertel darüber aus. »Obwohl ich es in ihrem Gesicht gesehen habe. Aber sie hat ›Bien hecho‹ gesagt.«
Ich kannte das erste Wort, aber er ließ mich nach dem zweiten fragen, wartete, bis die Neugier die Worte aus meinem Mund zwang. »Was heißt? Gute …«
»Gute Arbeit.« Er versenkte seine weißen Zähne in der Tortilla.
Dämlich. Es war dämlich, zuzulassen, dass die Meinung anderer Leute zählte, aber jemanden zu haben, der mich nicht als Opfer sah, munterte mich unheimlich auf. Ich goss grüne Sauce über meinen Ziegentaco und aß mit neuem Appetit.
»Ich glaube«, meinte ich zu Zee, »ich werde heute Abend, wenn ich mit der Arbeit fertig bin, ins Dojo gehen.« Ich hatte schon am Samstag die Morgenstunde verpasst.
»Das zu beobachten wird sicher interessant«, sagte Zee, was so nah an einer Lüge war, wie es ihm möglich war. Er hatte keinerlei Bedürfnis danach, eine Ansammlung von Leuten dabei zu beobachten, wie sie sich abrackern, um sich in eine widerliche Pfütze aus Schweiß und Erschöpfung zu verwandeln (seine Worte.) Er musste also über meinen Arbeitstag hinaus zu meinem Bodyguard auserkoren worden sein.
Jemand hatte mit ihnen allen gesprochen. Ich konnte es an der unverfänglichen Weise sehen, wie sie mich alle begrüßten, als ich ins Dojo kam. Im Kiefer von Sensei Johanson
zuckte ein Muskel, als er mich sah, aber er führte uns mit seiner üblichen sadistischen Gründlichkeit durch den Anfangsdrill und die Dehnungsübungen.
Als wir schließlich mit den Übungskämpfen anfingen, waren die Muskeln in meinem Kreuz, die die ganze letzte Woche verspannt gewesen waren, locker und bewegten sich gut. Nach den ersten zwei Runden war ich entspannt und spürte die übliche Hassliebe meinem dritten Gegner gegenüber, dem vernichtend starken Braungürtel, der gleichzeitig der Tyrann des Dojos war. Er war vorsichtig, ach so vorsichtig, dass Sensei ihn niemals dabei sah, aber er tat gerne Leuten weh … besonders Frauen. Neben der Vollkontakt-Variante, die der Sensei bevorzugte, war Lee Holland der andere Grund, warum ich die einzige Frau in der Fortgeschrittenen-Klasse war. Lee war nicht verheiratet, wofür ich dankbar war. Keine Frau verdiente es, mit ihm zu leben.
Ich mochte es tatsächlich, gegen ihn zu kämpfen, weil ich mich bei ihm nie schuldig fühlte, wenn ich Blutergüsse hinterließ. Ich hatte auch Freude an dem frustrierten Blick in seinen Augen, wenn seine geschickten Kampfzüge (sein brauner Gürtel stand berechtigterweise über meinem purpurnen) selten genauso trafen, wie sie sollten.
Heute lag noch etwas anderes in seinen Augen, als er sich die Nähte an meinem Kinn ansah, ein heißes Verlangen, das mir ehrlich Angst machte. Es machte ihn
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