Mercy Thompson 04 - Zeit der Jäger-retail-ok
weher Hals, trotz seiner Anstrengungen.«
»Ich glaube, Sie haben Recht«, sagte Sensei. »Sie hat sich zurückgehalten, und der Winkel ihres Fußes war perfekt für einen Turnier-Angriff.« Er hielt Lee ruhig, als der große Mann stöhnte und begann, sich zu bewegen.
Sensei schaute mich an und runzelte die Stirn. »Du warst dumm, Mercy. Was ist die erste Regel des Kampfes?«
Inzwischen konnte ich wieder reden. »Die beste Verteidigung sind schnelle Turnschuhe«, antwortete ich.
Er nickte. »Richtig. Als du bemerkt hast, dass er außer
Kontrolle ist – also bestimmt zwei Minuten, bevor ich es gemerkt habe, weil ich Gibbs bei seinem Axekick geholfen habe –, hättest du nach Hilfe rufen und dich dann davonmachen sollen. Es gab keinen Grund, es weiterlaufen zu lassen, bis jemand verletzt wurde.«
Vom Rand sagte Gibbs, ein anderer Braungürtel: »Es tut ihr leid, Sensei. Sie hat sich einfach vertan. Sie ist einfach immer wieder in die falsche Richtung gelaufen.«
Alle lachten und die Anspannung im Raum löste sich auf.
Sensei führte Lee durch eine generelle Kontrolle, um sicherzustellen, dass nichts dauerhaft beschädigt war. »Setz dich für den Rest der Stunde an den Rand«, meinte er dann zu Lee. »Dann unterhalten wir uns mal.«
Als Lee aufstand, schaute er weder mich noch sonst jemanden an, sondern stellte sich mit dem Rücken zur Wand in eine tiefe Reiterstellung.
Sensei stand auf. Er schaute Adam an.
Der sich verbeugte, mit einer Faust an der offenen Handfläche. Seine Augen waren hinter einer Sonnenbrille verborgen, die er noch nicht getragen hatte, als ich ihn im Türrahmen gesehen hatte. Die meisten Werwölfe, die ich kenne, haben immer eine Sonnenbrille dabei oder tragen einen Hut, der ihre Augen beschattet.
»Adam Hauptman«, sagte er. »Ein Freund von Mercy. Nur als Beobachter hier, außer, Sie haben etwas dagegen.«
Im wirklichen Leben war Sensei ein Buchhalter. In seinem Job arbeitete er für eine Versicherungsfirma, aber hier war er der König. Seine Augen waren kühl und selbstsicher, als er Adam musterte.
»Der Werwolf«, sagte er. Adam war einer von fünf oder
sechs aus seinem Rudel, die sich entschieden hatten, an die Öffentlichkeit zu gehen.
»Hai«, stimmte Adam zu.
»Und warum haben Sie Mercy nicht geholfen?«
»Es ist Ihr Dojo, Sensei Johanson.« Sensei zog eine Augenbraue hoch und Adam lächelte plötzlich strahlend. »Außerdem habe ich sie schon kämpfen sehen. Sie ist zäh und sie ist klug. Wenn sie geglaubt hätte, dass sie in Schwierigkeiten steckt, hätte sie um Hilfe gebeten.«
Ich schaute mich um und rollte mich auf die Füße, so gut wie neu, mal abgesehen von dem hübschen Bluterguss, der sich auf meinem Bauch entwickeln würde. Zee war weg. Da Adam hier war, um die Wache zu übernehmen, war klar, dass er nicht geblieben war. Er hatte schon beim Reinkommen die Nase über den Geruch schwitzender Körper gerümpft – und er hatte Glück gehabt, dass es diesen Herbst relativ kühl war. Im Hochsommer konnte man das Dojo schon einen Block entfernt riechen, zumindest mit meiner Nase. Für mich war der Geruch zwar stark, aber nicht unangenehm, aber ich wusste von den Kommentaren meiner Mitschüler, dass Menschen ihn fast so sehr hassten wie Zee.
Nachdem das Drama vorbei war, zog Adam sich an den Rand zurück. In einem Zugeständnis an die Hitze lockerte er seine Krawatte und zog sein Jackett aus. Sensei ließ uns dreihundert Sidekicks ausführen (Lee wurde aus seiner Strafstellung gerufen, um teilzunehmen), erst nach rechts, dann nach links. Wir alle zählten sie auf japanisch – obwohl ich vermutete, dass ein vorbeikommender Muttersprachler Mühe gehabt hätte zu verstehen, was wir sagten.
Die ersten hundert waren einfach, weil die Muskeln von den vorherigen Freiübungen warm und beweglich waren;
die zweiten … waren nicht mehr so einfach. Irgendwann um zweihundertzwanzig herum verlor ich mich in den brennenden Schmerzen, bis es fast ein Schock war, aufzuhören und die Seite zu wechseln. Sensei wanderte die Reihen entlang (heute Abend waren wir zwölf) und verbesserte dort, wo er es für nötig hielt, die Haltung.
Man konnte die von uns, die Karate ernst nahmen, daran erkennen, dass unser zweihundertster Kick noch genauso aussah wie unser erster. Weniger gewissenhafte Schüler verloren an Höhe und Haltung, je mehr die Erschöpfung ihren Tribut forderte. Ein paar Schüler hatten auch beim dreihundertsten Kick noch eine gute Haltung – aber nicht ich.
Nach der
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