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Mercy Thompson 04 - Zeit der Jäger-retail-ok

Titel: Mercy Thompson 04 - Zeit der Jäger-retail-ok Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Briggs
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erklärte ich ihr. »Ich werde ihn nicht zu seiner Hinrichtung bringen.«
    »Bewundernswert«, antwortete sie schnell. »Aber deine Sorge ist absolut unbegründet. Ich kann dir versprechen, dass er heute Nacht weder von mir noch von den Meinen physisch verletzt werden wird.«
    Ich warf aus dem Augenwinkel einen Blick zu Warren und er nickte. Vampire mochten ja schwer lesbar sein, aber er war besser darin, Lügen zu spüren, als ich es war, und seine Nase stimmte meiner zu: Sie sagte die Wahrheit.
    »Oder hier festgehalten«, verlangte ich.
    Der Geruch ihres Hasses war verschwunden, und ich konnte überhaupt nichts darüber sagen, was sie fühlte. »Oder hier festgehalten«, stimmte sie zu. »Zeugen!«
    »Bezeugt!«, sagten die Vampire. Alle. Alle zum exakt gleichen Zeitpunkt. Wie Puppen, nur viel unheimlicher.

    Sie wartete. Schließlich sagte sie: »Ich will ihm nichts Böses.«
    Ich dachte an den frühen Abend zurück, als er Bernards Angebot abgelehnt hatte, obwohl ich mir ziemlich sicher war, dass er mit Bernards Einschätzung über die Fortdauer ihrer Herrschaft über die Siedhe übereinstimmte. Letztendlich liebte er sie mehr als seine Siedhe, seine Menagerie von Schafen oder sein eigenes Leben.
    »Sie schädigen ihn durch Ihre weitere Existenz«, sagte ich zu ihr, so leise es mir möglich war. Und sie zuckte zusammen.
    Ich dachte über dieses Zucken nach … und über die Art, wie sie ihn am Leben gelassen hatte, obwohl er von allen Vampiren die besten Gründe hatte, ihr den Tod zu wünschen – und auch die Möglichkeit, ihn herbeizuführen. Vielleicht war Stefan nicht der Einzige, der liebte.
    Das hatte sie allerdings nicht davon abgehalten, ihn zu foltern.
    Ich schloss meine Augen und vertraute auf Warren, vertraute auf Adam, für meine Sicherheit zu sorgen. Ich wünschte mir nur, ich könnte Stefans Sicherheit garantieren. Aber ich wusste, was er von mir wollen würde.
    Stefan, rief ich, genau wie vorher – weil ich wusste, dass er das wollen würde. Sicher erkannte er, von wo aus ich rief und würde so erscheinen, dass er sich verteidigen konnte.
    Nichts passierte. Kein Stefan.
    Ich schaute zu Marsilia und zuckte mit den Achseln. »Ich habe ihn gerufen. Aber er muss nicht kommen, wenn ich rufe.«
    Das schien sie nicht zu beunruhigen. Sie nickte nur – eine überraschend geschäftsmäßige Geste von einer Frau, die
eher in ein seidenes Renaissancekleid mit Juwelenschmuck gepasst hätte als in das moderne Kostüm, das sie trug.
    »Dann rufe ich hiermit dieses Treffen zur Ordnung«, sagte sie und wanderte zu dem alten, thronartigen Stuhl in der Mitte des Raums. »Als Erstes möchte ich Bernard auf den Stuhl rufen.«
    Er kam, zögernd und steif. Ich erkannte das Muster seiner Bewegungen – er sah aus wie ein Wolf, der gegen seinen Willen gerufen wurde. Ich wusste, dass er nicht von ihr erschaffen worden war, aber sie hatte trotzdem Macht über ihn. Er trug immer noch die Kleidung, in der ich ihn zuletzt gesehen hatte. Das kalte, fluoreszierende Licht der Deckenlampen glitzerte auf dem kleinen kahlen Fleck auf seinem Kopf.
    Er setzte sich unwillig.
    »Hier, caro, lass mich dir helfen.« Marsilia nahm nacheinander seine Hände und spießte sie auf die Messingdornen. Er kämpfte. Ich konnte es an seiner grimmigen Miene sehen und an der Spannung seiner Muskeln. Ich glaubte jedoch nicht, dass es Marsilia irgendetwas kostete, ihn unter ihrer Kontrolle zu halten.
    »Du warst unartig, nicht wahr?«, fragte sie. »Illoyal.«
    »Ich war der Siedhe gegenüber nicht illoyal«, presste er hervor.
    »Wahrheit«, sagte die Stimme eines Jungen.
    Der Hexer selbst. Ich hatte ihn nicht gesehen – obwohl ich nach ihm gesucht hatte. Sein hellgoldenes Haar war nah am Kopf abgeschnitten. Auf seinem Gesicht lag ein vages Lächeln, als er die Tribüne uns gegenüber hinunterkam. Er benutzte die Stühle als Stufen.
    Er sah aus wie ein junger Highschool-Schüler. Er war
gestorben, bevor sein Gesicht die Chance hatte, zu reifen, und so wirkte er weich und jung.
    Marsilia lächelte, als sie ihn sah. Er sprang über die letzten drei Reihen und landete leichtfüßig auf dem Holzboden. Sie war kleiner als er, und der Kuss, den sie ihm gab, verursachte mir Magenschmerzen. Ich wusste, dass er Hunderte von Jahren alt war, aber das war egal – weil er aussah wie ein Kind.
    Er trat zurück, streckte einen Finger aus und ließ ihn über Bernards Hand und hinunter auf die Lehne gleiten. Als er ihn wieder hob, tropfte Blut davon herab. Er

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