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Meridian - Flüsternde Seelen

Meridian - Flüsternde Seelen

Titel: Meridian - Flüsternde Seelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amber Kizer
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gehören schienen. »Gib mir mal die Bleiche.«
    »Was hast du vor?« Er griff nach der Flasche und hob sie an. Sie klapperte, also enthielt sie offenbar keine Flüssigkeit, sondern Stückchen von Glas oder Metall. Tens hielt inne und zog fragend die Augenbraue hoch.
    »Mach sie auf«, sagte ich.
    Als Tens sich bewegte, verhedderten sich unsere Beine wegen der Enge ineinander. Er versuchte, den Verschluss aufzuschrauben, aber vergeblich.
    »Moment.« Ich sah auf der Unterseite einen Streifen Isolierband. »Stell sie auf den Kopf.«
    Tens richtete die Taschenlampe auf den Flaschenboden. Bei jeder Erschütterung rutschte der Inhalt klappernd hin und her. In der Hoffnung, dass niemand uns gehört hatte, drehten wir uns beide zur Tür um. Bis auf die Geräusche über unseren Köpfen war es still.
    »Bleiche ist da keine drin.«
    Vorsichtig entfernte ich das Klebeband und spähte hinein. Im Schein der Taschenlampe erkannte ich eine Sammlung von Steinchen, Muscheln, Pfeilspitzen und Federn.
    Tens betrachtete die Sachen. »Was, glaubst du, ist das?«
    »Ein Schatz?«
    Beim Öffnen einer anderen Flasche stießen wir auf leere blaue Eierschalen, ordentlich in Toilettenpapier gewickelt, um sie vor dem Zerbrechen zu schützen. Während ich alles wieder achtsam verstaute, überlegte ich, warum Juliet wohl draußen gefundene Gegenstände getarnt in Plastikflaschen aufbewahrte.
    Ich hörte oben Türenknallen, während draußen offenbar mehrere Autos vorfuhren. Weitere Türen krachten, und auf der Treppe klapperten Absätze.
    Eine Frauenstimme. Ich glaube, es war die Frau, die uns erlaubt hatte, ihr Telefon zu benutzen. Eine Heimleiterin, die anscheinend in Gedanken mehr beim nächsten Drink weilte als bei ihren Schützlingen. Ich glaubte zwar nicht, dass sie eine Aternocta war, spürte aber ihre schlechte Energie. Jetzt schlugen Autotüren.
    Ein Mann sprach. Weder Tens noch ich konnten ihn verstehen, hörten die Antwort aber laut und deutlich.
    »Habe geschlafen wie ein Toter«, sagte der Kollege des Mannes. »Verdammt rücksichtslos von denen, mitten in der Nacht den Löffel abzugeben.«
    Am liebsten wäre ich aus der Abstellkammer gesprungen und hätte ihn so lange angebrüllt, bis er begriff, was das Wort Pietät bedeutete. Doch ich klammerte mich nur fest an Tens, dessen Miene verriet, dass er gern dasselbe getan hätte. Endlich verstummte der Tumult. Motoren wurden angelassen, Fahrzeuge entfernten sich. Die Absätze klapperten vorbei und kehrten nicht zurück.
    Tens lächelte auf mich herunter, und zum ersten Mal wurde mir klar, dass er auf mir lag. Seine Beine berührten meine. Obwohl wir uns in einer verrückten und gefährlichen Situation befanden, schlug mein Herz schneller, und ich wollte, dass er mich küsste. Wir pressten uns aneinander, und eigentlich war ich froh über den Körperkontakt. Die Nähe schien ihn auch zu erregen. Jemand in der Schule hatte einmal gesagt, dass Furcht und Überlebenskampf eine erotisierende Wirkung hatten. Vielleicht hatte er ja recht damit.
    Offenbar merkte man meinem Gesichtsausdruck oder der Anspannung meiner Muskeln die Begierde an, denn Tens beugte sich zu mir herunter. Als er sich mit der Zunge über die Lippen fuhr, ahmte ich die Bewegung nach.
    Die Tür zur Abstellkammer öffnete sich mit einem
Klick.
    Jäh in die Wirklichkeit zurückgeholt, fuhren wir hoch, was dazu führte, dass wir uns noch mehr ineinander verhedderten. Ich brauchte eine Weile, um mich aufzurappeln, aber Tens schob sich rasch zwischen mich und die Tür.
    Ein Gesicht, das ich nur aus der Entfernung kannte, spähte herein. »Ich bin Nicole. Die Luft ist rein, doch wir müssen uns beeilen.« So schnell und leise wie möglich huschten wir aus der Abstellkammer. Nachdem ich so vielen Seelen beim Übergang geholfen hatte, fühlten sich meine Beine taub und wie Gummi an.
    Als wir an einem Tisch vorbeikamen, schaute Bodie darunter hervor und reckte den Daumen hoch.
    Ich lächelte ihm zu, war jedoch nicht sicher, worüber er sich so freute.
    Keiner von uns sprach ein Wort. Wir verständigten uns nur mit Handzeichen und Kopfschütteln. Als die Hintertür ins Schloss fallen wollte, hielt Nicole sie fest und zog sie leise zu.
    Sie führte uns zu der Hecke, die entlang des Grundstücks verlief. »Geht außen rum, nicht durch.« Sie zeigte mit dem Finger.
    »Warum? Wir sind doch auch auf diesem Weg hergekommen.« Ich wies auf das Loch, durch das wir mit Bodie gekrochen waren. So wäre es viel schneller gegangen.
    »Da drinnen

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