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Meridian - Flüsternde Seelen

Meridian - Flüsternde Seelen

Titel: Meridian - Flüsternde Seelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amber Kizer
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Vermutlich war das einer der Gründe, warum ihr niemand die Misshandlungen zutraute. Der Rest der Welt hielt sie für mütterlich und liebevoll.
    »Durchschaut das denn keiner?«
    »Bis jetzt noch nicht.« Wahrscheinlich nie.
    Wir pirschten uns näher heran.
    Das Mädchen – Meridian? – sprach. »Noch mal vielen Dank, dass Sie uns telefonieren lassen.«
    »Der Mobilfunk-Empfang hier draußen ist miserabel. So nah an der Stadt und doch so weit«, erwiderte die Heimleiterin mit einem Kichern und einem Seufzen.
    Ich hörte die dunkle Stimme des Jungen. Tens? »Stimmt, ja, am Bootsanlegesteg bei Wick’s Badeplatz. Bis dann also.«
    »Sind Sie sicher, dass ich Sie nicht zurück nach Carmel fahren soll?«, fragte die Heimleiterin.
    »Nein, wir warten einfach am Auto auf den Abschleppdienst. Es ist wirklich nett von Ihnen, dass wir Sie so spät noch stören durften. Mein Dad bringt mich um, wenn er mitkriegt, dass wir hier waren.«
    Als ich um die Ecke schaute, stellte ich fest, dass das Mädchen in meine Richtung sah. Der kurze Blickkontakt verriet mir, dass sie uns sehr wohl in unserem Versteck bemerkt hatte. Sie schien Fieber zu haben. Schweiß rann ihr unter dem tief angesetzten kurzen Pferdeschwanz den Hals hinunter. Entweder war sie nervös oder krank.
    »Gute Nacht.« Der Junge und das Mädchen sprachen im Chor und lehnten sich aneinander, als seien sie sehr verliebt und könnten nicht genug voneinander bekommen.
    »Gute Nacht. Wenn nötig, können Sie ja zurückkommen!« Die Heimleiterin schloss die Tür hinter ihnen. »Dämliche Turteltäubchen. Jugendliche sollte man am besten ersäufen.«
    Nicole versetzte mir einen Rippenstoß, und wir traten den Rückzug an. »Kennst du die beiden?«
    »Nein. Das heißt, ich bin ihnen einmal unten am Fluss begegnet. Mehr nicht.«
    »Sie haben einen netten Eindruck gemacht. Das mit der Panne am Anlegesteg kaufe ich ihnen aber nicht ab.«
    »Warum nicht?«
    »Guck mal aus dem Fenster.« Nicole und ich drückten die Nasen an der Scheibe platt. »Er trägt sie.«
    »Ist sie in Ohnmacht gefallen?«
    »Vielleicht. Aber wenn sie krank ist, würden sie doch sicher wieder umkehren.«
    »Sie schien sich nicht wohl zu fühlen.«
    »Außerdem wäre es zu Fuß in die Stadt näher gewesen als hierher, falls ihr Auto wirklich am Anlegesteg den Geist aufgegeben hat.«
    »Was wollten sie dann hier?«, fragte ich. Ein riesiger Hund schloss sich ihnen an, und ich blickte ihnen nach, bis sie nicht mehr zu sehen waren.
    Nicole zuckte mit den Achseln.
    »Nico?« Bodie stolperte die Speichertreppe herunter.
    »Ja? Ich komme.« Sie wandte sich an mich. »Bis morgen also.«
    »Klar, aber dann gehe ich mit Ms. Asura Kaffee trinken.«
    Nicoles Miene verfinsterte sich und wurde verschlossen. »Sei vorsichtig.« Sie umarmte mich rasch und fest.
    Aber was konnte mir denn schon groß passieren?
    »Ach, ich hätte da noch das hier.« Nicole reichte mir das Blatt Papier, das sie aus dem Kopierer gerettet hatte.
    Ich strich es glatt. »Ich dachte, es sei zerrissen.«
    »Offenbar haben wir Glück gehabt.« Sie scheuchte Bodie die Treppe hinauf. Ich steckte die Seite in meinen BH , um sie später allein und ungestört in meinem Kämmerchen zu lesen.
    Mir wurde erst klar, dass in den Patientenzimmern die Alarmglocken schrillten, als die Nachtschwester die Treppe heraufgestürmt kam. Die Heimleiterin folgte ihr auf den Fersen.

[home]
    Kapitel 22
    A lles in Ordnung. Du kannst mich wieder runterlassen«, meinte ich zu Tens.
    Beim Sprechen entstand eine eiskalte Wolke vor meinem Mund.
    »Was war das gerade?« Tens lehnte sich an einen Baumstamm. Durch das Geäst konnte man noch die Lichter des Dunklebarger sehen.
    »Erinnerst du dich, was Tante Merry über Geister gesagt hat? Seelen, die aus irgendeinem Grund nicht übergegangen sind?«
    »So wie Charles?«
    Charles, der Ehemann meiner Tante, hatte gewartet, sie beschützt und bis zum Ende über sie gewacht. »Ja und nein.« Ich sank zu Boden, obwohl feuchte Kälte in die Rückseite meiner Jeans sickerte.
    »Da drinnen liegen alte Leute im Sterben, richtig?«
    Ich nickte. Der zu drei Vierteln volle Mond wollte mich mit seinem kühlblauen Schein dazu verlocken, an die Magie zu glauben. Aber es hatte sich nicht nach alter Energie angefühlt.
    »Ich blicke da nicht ganz durch«, stellte Tens fest.
    »Es war nicht nur alte Energie im Haus, nicht nur alte Seelen, sondern auch Kinder und Jugendliche.«
    Mini und Bodie kamen auf uns zugelaufen.
    »Wartet!«, zischte

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