Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Meridian - Flüsternde Seelen

Meridian - Flüsternde Seelen

Titel: Meridian - Flüsternde Seelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amber Kizer
Vom Netzwerk:
mache mich mal an das Unkraut und die Rasenkanten vor dem Fenster der Gaststube. Schließlich will ich nicht dort herumfuhrwerken, während die Leute beim Essen sind.«
    »Ach, die alten Damen würden dich sicher gern verschwitzt und ohne Hemd sehen«, neckte ich ihn und wurde mit einem herzhaften Lachen belohnt.
    »Eifersüchtig?«, fragte er und beugte sich herunter, um mich zu küssen.
     
    Ich zerkleinerte Kartons und saugte die Teppiche. Dann sah ich mir die frisch reduzierten Waren an, von denen mich viele an meine Tante und an Sammy erinnerten.
    Wir verspeisten ein spätes Abendessen, bestehend aus Salat und mit Käse überbackenen Brötchen. Obwohl ich versuchte, nicht auf meine wachsende Unruhe zu achten, hatte sich meine Ungewissheit um neun in Entschlossenheit verwandelt. Rumis Tag der offenen Tür hatte um sieben angefangen.
    »Wir müssen zu Rumi«, verkündete ich und zog saubere Jeans und einen mit Schneeflocken bestickten Pulli an, den Joi auf beinahe kostenlos reduziert hatte. Er war so kitschig, dass er auch aus dem mit den verrücktesten Sachen vollgestopften Schrank meiner Tante hätte stammen können. Ich fand ihn wundervoll.
    Tens legte Holz und Schnitzmesser weg. »Bist du wirklich schon so weit? Was werden die Leute sagen, wenn sie sehen, dass wir wieder fit sind?«
    Die Salbe, die Tony uns mitgebracht hatte, hatte das Gift aus uns herausgesaugt und jede Blase in eine gerötete Stelle frisch verheilter Haut verwandelt.
    »Ich muss hin. Ich kann es nicht erklären. Rumi weiß bereits, dass wir anders sind. Vielleicht erzählen wir Joi einfach die Wahrheit, falls sie dort ist.«
    »Können wir die Hintertür nehmen?« Obwohl Tens mir nicht widersprach, verriet mir sein Gesichtsausdruck, dass er es gern getan hätte.
    »Von seinem Haus?«
    »Ja.« Seine Miene zeigte Besorgnis.
    »Was hast du?«
    »Ich bin nicht sicher. Nur so ein Gefühl.«
    Mein
Gefühl sagte mir, dass wir dabei sein mussten, während er Vorsicht für angebracht hielt. Eine harmonische Beziehung lebte doch von Kompromissen, richtig? »Okay, dann also die Hintertür.«
    Tens und ich gingen zu Fuß zu Rumi. Er trug den langen schwarzen Ledermantel, der früher Charles, Tante Merrys Mann, gehört hatte, ich einen gesteppten Samtmantel, erworben bei meinem Einkaufsbummel.
    Die Live-Musik – Geigen, Gitarre und Flöte – hörten wir schon aus einiger Entfernung. Gelächter wehte an uns vorbei wie Fäden gesponnenen Zuckers. Trotz meiner Schmetterlinge im Bauch musste ich lächeln.
    Von unserem Beobachtungsposten auf der gegenüberliegenden Straßenseite sah ich drinnen Menschen, die dicht gedrängt beisammenstanden und im Takt der Musik mit den Händen klatschten. Andere hielten Glasobjekte ans Licht oder verließen gerade mit ihren Einkäufen den Laden. »Anscheinend ist die ganze Stadt gekommen«, stellte ich fest.
    »Hmmm.« Ständig suchte Tens mit Blicken die Straße in alle Richtungen ab. Seine Augen erinnerten mich an die Radarpistole eines Verkehrspolizisten.
    »Wir müssen ja nicht unbedingt hin.« Ich biss mir auf die Lippe. Eigentlich hielt ich es für wichtig. Es war eine Gratwanderung, meinen eigenen Instinkten zu vertrauen und gleichzeitig anzuerkennen, dass die von Tens stärker ausgeprägt waren.
    Er schob mich weiter. »Doch, aber lass uns die Augen offenhalten.«
    »Ich werde wachsam sein.«
    Da Rumi Lichterketten an den Regenrinnen befestigt und um die Hexenkugeln gewickelt hatte, würde es niemand bemerken, wenn die Geistersteine bei meiner Ankunft plötzlich aufleuchteten.
    »Schlau.« Tens wies auf die Lichterketten.
    »Und eine liebe Geste.«
    Wir umrundeten den Häuserblock und näherten uns von der Seitengasse her der Wohnung.
    »Da seid ihr ja.«
    Ich zuckte zusammen, als ich die Stimme hörte, bis ich Gus, den Geschichtsprofessor, den wir beim Abendessen kennengelernt hatten, auf einem Schaukelstuhl neben der Tür erkannte. Als er aufstand, knarzten der Stuhl und seine Gelenke. »Rumi hat mich gebeten, hier draußen auf euch zu warten.«
    »Warum?«
    »Keine Ahnung. Aber Faye hat Dienst an der Vordertür, den sie, soweit ich gehört habe, nutzt, um die Gastgeberin zu spielen. Rumi hat mir nur gesagt, dein Yin sei drinnen, und ich müsste hier warten, um dich zu warnen.«
    Mein was?
»Weißt du, was er damit meint?«
    »Nein. Er war ganz zittrig und blass und schien ziemlich aufgebracht zu sein. Aber er wollte es nicht weiter ausführen. Er wiederholte nur ständig, du solltest noch nicht reinkommen,

Weitere Kostenlose Bücher