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Meridian - Flüsternde Seelen

Meridian - Flüsternde Seelen

Titel: Meridian - Flüsternde Seelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amber Kizer
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um den Raum und drehten die Rücken entweder einander oder den Außenmauern zu. Ich war erstaunt, wie viele Menschen sich ins Studio gezwängt hatten.
    Die meisten Hände umfassten mit verschnörkelten Regenbögen verzierte Champagnerflöten, durchsichtige, mit bunten Punkten verzierte Gläser oder welche, die wie Lilienblüten geformt waren. Das Warenangebot, einschließlich dieser Gläser, war zusammen mit Vasen von unterschiedlicher Größe und Schalen, vom Babynäpfchen bis zur Teigrührschüssel, auf Tischen aufgebaut. Ich wollte die Gläser betrachten und tagträumen. Sie alle an einem Ort und von innen erleuchtet zu sehen hatte etwas Magisches an sich.
    Gelächter, Geplauder und Begrüßungen kämpften gegen die keltische Live-Musik an.
    Ich nahm mir eine Wasserflasche. Als ich Tens eine anbot, schüttelte er den Kopf. Wir schauten uns um. Niemand machte einen bedrohlichen Eindruck. Dennoch waren wir hauptsächlich damit beschäftigt, die Leute im Auge zu behalten. Ich musterte die Gesichter der Anwesenden. Alle Altersgruppen waren vertreten.
    Schließlich wurden die Gäste weniger. Es war eine der Veranstaltungen, wie meine Eltern sie vermutlich ohne mich besucht hatten. Joi und ihr Mann mischten sich unter die Leute und plauderten, als würden sie alle Anwesenden kennen. Vermutlich war das auch so. Joi winkte uns zu. Die anderen Gäste von Rumis Abendessen waren ebenfalls da, auch Nelli, die Sozialarbeiterin. Ich fragte mich, ob sie vielleicht etwas über das Dunklebarger und über Juliet wusste.
    Ich schaute mich nach dem dunklen Abgrund der Finsternis um. Wo war der Aternoctus? War er schon fort, oder handelte es sich um falschen Alarm? Wie sah dieser Aternoctus nur aus?
    Rumi warf uns einen Blick zu und gab uns ein Zeichen, das mir versicherte, dass die Gefahr gebannt war. Allerdings hinderte das Tens nicht daran, die Absichten aller Anwesenden in Frage zu stellen. Er raunte mir Kommentare zu, schätzte jeden ab, bewertete ihn als ungefährlich und wandte sich sofort dem nächsten zu. Man konnte gar nicht freundlich genug sein, um seinem Verdacht zu entrinnen. Ich wünschte, wir hätten nicht so leben müssen.
    Wir trafen Sidika und sprachen mit ihr über das Buch, das sie gerade schrieb. Während ich lauschte, blickte Tens sich im Raum um und funkelte jeden finster an.
    Rumi umarmte mich. »Bleibt noch. Es ist wichtig«, flüsterte er mir ins Ohr, bevor ein anderer Gast seine Aufmerksamkeit in Anspruch nahm.
    Gegen elf wurde die Band von einem einsamen Flötisten abgelöst, und die Gäste traten wie auf ein Stichwort den Rückzug an. Wir umrundeten die abgegrasten Buffets und bewunderten Rumis Glaskunstwerke.
    Ich griff nach einer kleinen grünen Schildkröte und musste an Sammy denken. Er hätte dieses Tierchen in die Hosentasche gesteckt und es überall hin mitgeschleppt. Ich betrachtete, wie Licht in jeder Schattierung von Limettengrün zu tiefem Tannengrün in seinem Inneren flackerte und ihm Leben verlieh.
    Tens wich mir nicht von der Seite. Als die letzten Freunde und Bewunderer von Rumi sich verabschiedeten, war der Großteil seines Bestandes verkauft.
    »Na, dann werde ich mich morgen wohl wieder an die Arbeit machen müssen«, seufzte er und ließ den Blick über seine wenigen verbliebenen Werke schweifen. Er schloss die Vordertür ab und löschte die Lampen. Sofort fingen die Geistersteine an zu leuchten wie Nachtlichter. »Wir wollen uns hinten unterhalten. Weit weg von den Fenstern.«
    Tens und ich folgten ihm. Während Rumi eine neue Kanne Kaffee aufsetzte, trank ich den restlichen Champagner. Ich mochte das Kitzeln der Bläschen in meiner Nase.
    »Du solltest keinen Alkohol trinken.« Tens sah mich finster an.
    »Danke, Dad.« Ich nahm einen großen Schluck, um meine Unabhängigkeit zu demonstrieren, obwohl ich wusste, dass ich es später bereuen würde. Ich bekam bereits das Gefühl, dass sich mein Kopf vom Hals löste und zu schweben begann.
    Als Rumi sich zu uns setzte, bemerkte ich zum ersten Mal die Falten in seinem Gesicht, die sein Alter verrieten. Seine Haut wirkte schlaff und matt. »Sie waren zu zweit hier. Eine Frau mit alten Augen und jungem Gesicht und ein Jugendlicher, etwa in deinem Alter.« Er wies auf Tens. »Sie sind gleichzeitig gekommen und gemeinsam gegangen, haben aber die ganze Zeit über kein Wort miteinander gewechselt. Wenn ich bei ihrer Ankunft nicht zufällig zur Tür geschaut hätte, wären sie mir vielleicht gar nicht aufgefallen.«
    »Woher weißt du, dass sie

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