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Meridian - Flüsternde Seelen

Meridian - Flüsternde Seelen

Titel: Meridian - Flüsternde Seelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amber Kizer
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zusammen hier waren, wenn sie nicht miteinander gesprochen haben?«, fragte ich.
    Rumi verschränkte die Finger und legte die Daumen aneinander. »Ich hatte den Eindruck, dass zwischen ihnen eine gewisse Vertrautheit herrschte – sie gingen zu nah beieinander, um Fremde zu sein. Außerdem hat sie ihn am Arm berührt, ehe sie auf mich zugekommen ist, worauf er sich abgewandt hat.« Er runzelte die Stirn. »Sie ist geradewegs auf mich zugesteuert, wie auf einen alten Bekannten. Und ich hätte sie für den freundlichsten Menschen der Welt halten können, nur …« Er brach ab und schüttelte seufzend den Kopf, als müsste er sich seine Worte zurechtlegen.
    »Nur was, Rumi?« Ich beugte mich vor.
    »Die Steine. Sie sind schwarz geworden.«
    Ich schnappte nach Luft.
    Tens, der auf der Sofakante saß, merkte auf. »Was?«
    Angst trat in Rumis Augen, als er mich ansah. »Als die beiden hier auftauchten, wurden die Bäume in den Kugeln schwarz, so schwarz, als wären sie noch nie mit Licht in Berührung gekommen. Und die Kugeln wurden matt. Wenn du da bist, Meridian, werden sie klarer. Und in diesem Fall geschah genau das Gegenteil.«
    Schweigend verdauten wir diese Information.
    Kurz schloss Rumi die Augen. »Ich dachte, der Gute Tod sei das Gegenteil von einem gewöhnlichen. Aber ich habe mich geirrt, oder?«
    Da ich inzwischen keinen Grund mehr sah, ihn anzulügen, nickte ich.
    »Das hätte ich mir eigentlich denken können. Ich hätte ahnen müssen, dass bei allen Dingen im Universum ein Gleichgewicht besteht. Bei wirklich allen. Eines Tages werdet ihr mir verraten, wie man diese Wesen nennt.«
    Tens räusperte sich. »Ist das alles?«
    »Mein lieber Junge, wenn das alles wäre, würde ich nicht vor deinen Augen ergrauen. Sie kam also auf mich zu, als wäre sie eine Nachbarin oder Freundin, beugte sich vor und nahm meine Hand. Ich spürte, wie mein Herz vor Kälte ins Stottern geriet, und ihr Griff war fester, als ich es je bei einem Mann erlebt habe. So als könnte sie mir völlig mühelos die Knochen zermalmen.«
    »Was hat sie gesagt?«, erkundigte ich mich, obwohl ich mich vor der Antwort fürchtete.
    Er wich meinem Blick aus. »Hmmm?«
    »Was hat sie gesagt?«, wiederholte ich. »Warum war sie hier? Woher kannte sie dich?«
    »Sie fragte mich, warum ich ihre Haustiere belästige.«
    Tens schnaubte. »Haustiere?«
    »Sie wollte mir ihren Namen nicht verraten, und obwohl sie freundlich zu allen anderen war, schien niemand sie zu kennen. Sie fügte hinzu, Shakespeare habe seine Tragödien nicht grundlos geschrieben und ich solle mich von einer gewissen Titelheldin fernhalten.«
    »Also steht sie in Verbindung zu Juliet.« Ich zuckte zusammen. »Wie sah sie aus? War sie beleibt?«
    Meine höfliche Ausdrucksweise sorgte dafür, dass Tens schnaubte. »Sie meint total verfettet.«
    Rumi bemerkte es nicht. »Nein, sehr elegant. Ausgesprochen schlank. Zu schlank für meinen Geschmack. Ich könnte mich irren, aber …«
    »Sprich weiter«, flehte ich.
    »Ihre Augen sind nach einer Weile verschwunden. Einfach verschwunden, als hätte sie gar keine. Nur Augenhöhlen. Beängstigend. Ich habe noch nie etwas über diese Dämonen gelesen … es sind doch Dämonen? Wenn ihr Engel seid, müssen sie Dämonen sein.«
    »Man nennt sie Aternocti«, erklärte ich. »Was sie sind, weiß ich nicht, aber ich denke, sie sind auch Engel. Oder waren mal welche. Nur eine andere Sorte.«
    Er nickte. »Und du bist eine …«
    »Fenestra. Ein Mensch mit einer Prise Engel, der Seelen hilft, ihren Himmel zu finden. Ich bin das Fenster.«
    Er schnippte mit den Fingern. »Das Fenster auf den Zeichnungen?«
    »Das ist es, was die Sterbenden sehen. Und ich auch.« Wahrscheinlich hatte der Alkohol mir die Zunge gelockert, aber es lag vermutlich auch daran, dass ich die Heimlichtuerei satthatte. Wenn Rumi es gewollt hätte, hätte er uns den Aternocti ans Messer liefern können. Weitere Beweise seiner Aufrichtigkeit waren überflüssig.
    »Und ich bin ihr Wächter, auch wenn wir noch nicht ganz dahintergekommen sind, was das bedeutet«, fügte Tens mit einem finsteren Blick auf mich hinzu.
    »Ich verstehe. Und da war noch etwas.« Rumi trank einen Schluck Kaffee.
    Tens nickte. »Das ist immer so.«
    »Diese Aternocta hat mich gefragt, wie ich am liebsten sterben würde.«
    Ich schnappte nach Luft. Es würde ihr doch nichts nützen, Rumi Schaden zuzufügen. Oder waren wir in der Gruppe weniger angreifbar, weshalb die Gegner uns isolieren wollten?
    Er

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