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Meridian

Titel: Meridian Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amber Kizer
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böse?«
    »Um Himmels willen nein, Kind. Aber die Leute fürchten den Tod, und die Angehörigen sehen uns häufig am Bett eines Sterbenden. In der Trauer ist es leicht, falsche Schlüsse daraus zu ziehen.«
    »Schuldzuweisung aufgrund von bloßer Anwesenheit?«, erkundigte ich mich.
    »Insbesondere heutzutage. Es gab einmal eine Zeit, in der die Menschen sich nach dem Tod sehnten und ihn feierten.«
    »Warum?« Wer wollte denn gerne sterben und wünschte sein eigenes Ende herbei?
    »Das Leben war sehr hart. Die Menschen waren erschöpft und abgearbeitet. Die Alten riefen nach jemandem, der ihnen das Fenster öffnete. Die Kranken siechten dahin, bis auch sie einen Weg fanden. Die Seele war bereit und willens, sich auszuruhen, um später einen neuen Versuch zu wagen. Der Tod war nichts weiter als ein Neuanfang. Aber jetzt …« Sie beendete den Satz nicht.
    »Jetzt?«, hakte ich nach.
    »Jetzt gibt es Menschen, die den Tod mehr fürchten als alles andere. Andere Seelen wiederum haben hier auf Erden alles, was sie sich wünschen. Genug zu essen. Gesundheit. Wohlstand. Sie werden habgierig. Und sie glauben, sie könnten den Tod als solchen abschaffen, wenn sie uns beseitigen.«
    »Wäre das denn wirklich möglich?«, erkundigte ich mich.
    Die Tante schüttelte den Kopf. »Nein, natürlich nicht. Wir sind nicht der Tod. Wir bringen ihn weder, noch beschleunigen wir ihn. Wir sind nur die Kissen, die Decken und die Umarmungen, die mit dem Todesschlaf einhergehen. Ja, so könnte man es ausdrücken. Wir sind der Trost. Unsere Gegenwart hilft der Seele, den ewigen Frieden zu finden.« Sie hielt inne. »Allerdings gibt es auch die, die nicht im Dienste der Schöpfer stehen, sondern den Zerstörern anhängen. Sie versuchen, das Gleichgewicht zu beeinträchtigen und das Licht zu vertreiben.«
    »Das sind die Aternocti, die uns verfolgen, richtig?«, fragte ich.
    Sie nickte. »Tens?«
    Ich erbleichte. »Entschuldige«, flüsterte ich ihm zu.
    Tens schnaubte verächtlich, blickte aber nicht von seiner Schnitzerei auf.
    »Tens, wie viel hast du ihr erzählt?«, erkundigte sich Tante Merry drohend.
    Er legte die Werkzeuge weg, saß reglos da und blickte erst mich und dann die Tante an. »Nicht alles.« Er schüttelte den Kopf.
    »Gibt es da etwa noch mehr zu wissen?« Mir brummte jetzt schon der Schädel.
    Sie nickte. »Ja, der Tod ist nicht die einzige Entscheidung, vor der du stehen wirst.«
    Tens sprang auf und begann, auf und ab zu laufen. »Es ist nicht machbar. Du solltest es nicht einmal erwähnen.«
    Tante Merry legte ihr Nähzeug weg. »Es ist nicht deine Sache«, entgegnete sie ruhig. »Du kannst Meridian nicht zwingen …«
    »Das ist mir klar«, knurrte er gereizt. »Aber …«
    Ich schaute zwischen den beiden hin und her.
    »Hab Vertrauen …« Sie hielt inne, als sich Scheinwerfer dem Haus näherten und Autotüren zugeknallt wurden.
    Tens trat ans Fenster und spähte hinaus. »Es ist der Sheriff.« Er ging, um die Tür aufzumachen.
    Beim Aufstehen schwankte meine Tante ein wenig. »Ach, herrje.«
    »Hast du etwas?«, fragte ich sie und hielt sie am Ellbogen fest, damit sie nicht stürzte.
    »Wir wollen hören, was Sheriff Michaels uns zu sagen hat.«
    Tens öffnete die Tür. Der Sheriff nickte uns allen zu. »Guten Abend, Mrs. Fulbright. Tens. Miss.« Er schien nicht vorzuhaben, das Haus zu betreten. »Haben Sie heute Abend vielleicht Celia Smithson auf Ihrem Grundstück gesehen?«
    »Nein. Was ist denn passiert?«
    »Offenbar wird das Mädchen vermisst. Sie war mit ihrem älteren Bruder Schneemobilfahren und ist plötzlich verschwunden. Er dachte, sie wäre vielleicht von jemandem nach Hause gebracht worden. Deshalb wissen wir nicht, wie lange sie schon fort ist. Die beiden waren in dem Gelände unterwegs, das an Ihr Grundstück angrenzt. Also dachtenwir, dass Sie ihr möglicherweise begegnet sind. Wenn wir das Mädchen nicht bald finden, wird es die Nacht nicht überleben.«
    »Tens, hol einen Stuhl.« Ich musste Tante Merry stützen, da sie wegen dieser Nachricht in Ohnmacht zu fallen drohte.
    Der Sheriff half mir, während Tens den Stuhl herbeibrachte.
    »Mir geht es prima. Macht nicht so ein Theater.« Sie schob uns weg.
    »Du wärst gerade beinahe umgekippt!«, widersprach ich.
    »Ich fühle mich ausgezeichnet. Ihr müsst Celia suchen gehen. Sie ist ein reizendes Mädchen. Hübsch und voller Lebensfreude.« Sie wehrte unsere Hände ab. »Mir fehlt nichts. Ich bin nur ein wenig müde.«
    »Bleibst du auch sicher

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