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Meridian

Titel: Meridian Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amber Kizer
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hier und ruhst dich aus?« Tens kniete sich vor sie hin. Sorge stand in seinem Blick.
    Sie tätschelte ihm den Kopf. »Ehrenwort. Nimm Meridian mit und durchkämm das ganze Grundstück.«
    »Aber seien Sie vorsichtig. Ich habe keine Lust, auch noch nach Ihnen einen Suchtrupp loszuschicken. Am besten legen Sie sich jetzt hin, Mrs. Fulbright.« Sheriff Michaels salutierte und schloss die Tür hinter sich.
    »Mir geht es gut. Ab mit euch«, sagte die Tante zu Tens.
    »Okay. Bist du bereit?«, wandte sich Tens an mich und schlüpfte dabei in Stiefel mit dicker Sohle und Schneehose.
    Ich nickte und versuchte, ein Selbstbewusstsein auszustrahlen, das ich nicht empfand.
    »Deine Mutter hat im Herbst eine Skiausrüstung hierhergeschickt.Die Sachen müssten passen.« Tante Merry wies auf den Wandschrank im Flur.
    Ich kramte in den Sachen, die ich vor Anfang des Schuljahrs im Internet bestellt hatte. Mom hatte mir erzählt, wir würden in den Weihnachtsferien zum Skilaufen fahren, ein Urlaub, der niemals stattgefunden hatte. Wie lange hatte Mom das schon geplant?
    Tens zögerte und wechselte einen Blick mit meiner Tante. »Was ist, wenn wir Celia finden und sie gerade stir…«
    »Das wird sie nicht«, fiel ich ihm ins Wort. Ich wollte mich nicht mit dem Gefühl auf den Weg machen, dass es für das kleine Mädchen schon zu spät war.
    »Das wäre sehr gefährlich.« Mühsam stand Tante Merry auf. »Du hast recht. Ich sollte selbst gehen.«
    »Nein!«, rief ich. »Ich schaffe das schon. Und sie auch. Du wirst sehen. Alles wird gut.«
    Sie nickte. Sie wirkte zwar noch immer besorgt, widersprach aber nicht. Ich warf Tens einen finsteren Blick zu. Auch wenn es noch so gefährlich sein mochte, durfte ich nicht zulassen, dass statt mir eine zart gebaute und gebrechliche alte Dame in der verschneiten Wildnis herumstapfte.
    »Hast du alles?« Tens öffnete die Hintertür.
    »Ja.« Ich zog das letzte Teil der schwarz und smaragdgrün gemusterten Ausrüstung an. »Wie soll ich in diesem Zeug einen Fuß vor den anderen setzen?«
    »Man gewöhnt sich dran.« Tens grinste beim Anblick meines steifbeinigen Watschelgangs. »Also los.«
     
    Mühsam kämpften wir uns durch die Schneeverwehungen hinter dem Haus. Die eiskalte Luft tat mir in der Lungeweh. Alle drei Meter riefen wir Celias Namen, während wir unseren Weg parallel zur Steinbrücke fortsetzten. Wir hörten das Plätschern des Bachs und das Knacken von Eis in der Ferne. Die mit weißem Schnee bedeckte Welt war wunderschön. Jetzt, am späten Nachmittag, waren überall Vögel zu sehen, die zwitschernd umherflatterten wie ein geflügelter Engelschor. Wie gerne hätte ich mir eingeredet, dass wir nur einen Spaziergang machten, um die Natur zu genießen, anstatt ein verirrtes und sicherlich verängstigtes kleines Mädchen zu suchen. Hoffentlich lebte sie noch.
    Ich atmete tief durch und hielt das seltsame Gefühl in meiner Lunge aus. Eine dünne Schweißschicht stand mir auf der Stirn, als ich Tens einen Wildpfad entlang tiefer in den Wald folgte.
    »Celia!«, rief Tens.
    »Celia?«, schrie ich.
    Ich blieb stehen und lauschte. Da war ein Geräusch. Ein Wimmern. »Hast du das gehört, Tens?«
    »Nein. Ich gehe mal nach links. Dort gibt es ein paar Höhlen der Anasazi, in die sie hineingekrochen sein könnte. Behalt mich im Auge, okay?« Er hastete los und kam im Schnee rasch voran, weil er keine Rücksicht mehr auf mich nehmen musste.
    Ich versuchte, nicht auf meine brennenden und schmerzenden Muskeln zu achten. So viel körperliche Anstrengung war ich nicht gewöhnt. Gleichzeitig durch den Schnee zu waten und mich dabei aufmerksam umzuschauen und die Ohren zu spitzen überforderte mich. Ein Geräusch ließ mich innehalten. Ich war sicher, etwas wahrgenommen zu haben, und wollte mich erst von der Stelle rühren, wennich sicher war, dass es sich nicht um Celia handelte. »Hallo?« Ich stieß einen Pfiff aus. »Ist da jemand? Ich will dir nichts tun.«
    Tens drehte sich zu mir um. »Hast du sie gehört?«, rief er mir zu, aber ich konnte ihn kaum verstehen. Seine Gestalt hob sich dunkel vom Schnee und vom dämmrigen Wald ab.
    Als es Abend wurde, verschwanden die Vögel. Ich schaltete die Taschenlampe ein und leuchtete den Wildpfad vor mir ab. Etwas Buntes zu meinen Füßen ließ mich zusammenfahren.
    Ich bückte mich. Ein rosafarbener Fäustling.
    »Celia?« Ich schrie ihren Namen, bis mir die Stimme versagte und ich keinen Ton mehr herausbrachte. Ganz sicher war sie hier gewesen.
    Tens

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