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Meridian

Titel: Meridian Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amber Kizer
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müde.«
    »Bist du sicher? Soll ich einen Arzt rufen?«
    »Nicht jetzt. Ich nehme ein paar Aspirin und sehe dann weiter.«
    Ich merkte ihr an, dass sie mir etwas verschwieg. »Aber …«
    »Nein.«
    »Ich könnte …«
    »Hör auf und mach nicht so ein Theater.« Sie brachte mich mit einer Handbewegung zum Schweigen und rieb sich die Augen.
    Obwohl mir nicht wohl bei der Sache war, bedrängte ich sie nicht weiter.
    Sie ging ins Wohnzimmer und ließ sich auf dem Sofa nieder.
    »Ich koche Tee, einverstanden?«
    »Zwei Stück Zucker und einen Schuss Milch«, sagte sie mit geschlossenen Augen.
    Während ich darauf wartete, dass das Wasser kochte, kramte ich in der Speisekammer herum. Keine Lakritze.
Was, wenn ich einen Krankenwagen verständige? Oder wenn ich Tens bitte, sie zum Auto zu tragen? Kann ich sie zwingen, sich ärztlich behandeln zu lassen? Mache ich mich schuldig, indem ich nichts unternehme?
    Die Eingangstür knallte zu, und schwere Stiefel polterten in Richtung Küchentür. Die alte, mit einem Fliegengitter ver sehene Veranda diente im Winter hauptsächlich zur Aufbewahrung schlammiger Schuhe.
    In der Küchentür stehend, beobachtete ich Tens dabei, wie er seine Stiefel aufschnürte und sie sich von den Füßen zerrte. Ich fragte mich, was das schwindelige Glücksgefühl unten an meiner Wirbelsäule zu bedeuten hatte. Liebte ich ihn? Konnte ich ihn lieben? Wie sollte ich dieses fiebrige Prickeln sonst bezeichnen?
    Sein Gesicht erinnerte an das einer Statue und bestand nur aus Kanten und Flächen, als hätte er nie genug zu essen bekommen. Seine Hände – wie konnte man so gefesselt von etwas sein, das man Tag für Tag sah? Bis jetzt hatte ich nie auf Hände geachtet, doch seine zogen meine Blicke an. Wie mochte es wohl sein, wenn er mich so zärtlich berührte wie Custos?
    »Bist du fertig oder brauchst du noch ein paar Minuten?«, erkundigte er sich, ohne aufzuschauen.
    Ich räusperte mich und ging zum Teekessel. »Ach, da bist du ja. Wie schön.«
    »Ja, da bin ich.« Lächelnd zog er sich einen Stuhl heran und setzte sich an den Küchentisch. Ich spürte, dass er forschend meinen Rücken musterte.
    »Wo warst du?«, wollte ich wissen.
    »Hier und da. Hat alles geklappt?«
    »Ja, schon. Ich habe es zwar nicht allein geschafft, aber ich werde besser.« Als der Teekessel pfiff, machte ich mich ans Werk. Teekochen wurde plötzlich zur wichtigen Aufgabe.
    »Hattest du Schmerzen?«
    »Nur vorübergehend.« Ich machte ihm eine heiße Schokolade und stellte die Tasse vor ihn hin.
    »Danke.« Er streifte meinen Arm, worauf mir Schauder bis zur Schulter hinauffuhren.
    Ich nickte und tunkte geistesabwesend die Teebeutel ins Wasser.
    »Ich glaube, der Tee hat lange genug gezogen.«
    Ich warf einen Blick auf den Tee, der so stark war, dass der Beutel fast darin schwamm. »Ich mag ihn so.« Für die Tante gab ich zwei Würfel Zucker und ein wenig Milch dazu. »Wo, sagtest du noch mal, bist du gewesen?«
    »Unterwegs.«
    Als ich seine abweisende Miene bemerkte, gab ich es auf. Vielleicht hatte er ja eine Freundin. Das wäre doch der Gipfel gewesen – sich in einen Typen zu verlieben, der bereits vergeben war! »Ich sollte der Tante den Tee bringen.« Ich griff nach Tasse und Untertasse.
    »Lass sie schlafen.« Tens hielt mich zurück. Tee schwappte auf den Boden.
    »Mist.« Ich stellte die Tasse weg und nahm ein Handtuch. Warum war ich nur so ein Trampel?
    »Mach dir keine Sorgen. Sie schläft in letzter Zeit schlecht und geistert nachts durchs Haus. Sie hat große Angst davor, uns zu verlassen, weil wir im Kampf gegen die Aternocti dann auf uns allein gestellt wären. Deshalb finde ich, dass wir sie nicht wecken sollten. Mehr nicht.« Offenbar glaubte Tens, ich hätte mich über seinen Vorschlag geärgert, nicht weil ich vor seinen Augen Tee verschüttet hatte.
    »Werden sie uns nicht in Ruhe lassen, wenn ich erst so weit bin?« Ich warf das Handtuch in den Wäscheraum und setzte mich.
    »Ich weiß nicht. Willst du das wirklich trinken?« Tens wies mit dem Kopf auf meinen Tee.
    Er war so dunkelbraun, dass er fast schwarz wirkte. »Natürlich.«Ich nahm einen Schluck und versuchte, mir nichts anmerken zu lassen.
    Tens kicherte, schwieg aber. Er hatte eine Art, zu antworten, ohne etwas zu sagen, dass ich anschließend meistens nicht mehr sicher war, was ich überhaupt gefragt hatte. War es seine Gegenwart, die mich verwirrte, oder etwas anderes?
    Ich musste das Thema wechseln. »Wie bist du übrigens

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