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Meridian

Titel: Meridian Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amber Kizer
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fuhren wir mit dem Taxi zum Australia Zoo. Dad wollte sich die älteste lebende Riesenmeeresschildkröte ansehen. Über die Frage, ob Darwin sie tatsächlich von den Galapagosinseln nach England mitgebracht hatte, wurde damals erbittert gestritten. Mit meinen neun Jahren war mir das ziemlich egal, aber Dad fand, wir müssten uns unbedingt die Schildkröte anschauen, die den großen Charles Darwin möglicherweise noch persönlich kennengelernt hatte.
    Im Zoo drängten sich Schulklassen und Reisegruppen, so dass wir eine schiere Ewigkeit Schlange stehen mussten. Mein Vater knüpfte Gespräche mit allen Umstehenden an. »Infos sammeln« nannte er das. Die Schildkrötehieß Harriet, wurde aber von allen Etta gerufen. Vor einigen Wochen hatte sie an einer Atemwegserkrankung gelitten, war heute aber wieder so weit genesen, um wieder ins Freigehege zu dürfen. Die Leute standen da und gafften sie an.
    Ich fragte mich, ob sie das wohl genauso störte wie mich, wenn ich angestarrt wurde.
    Ich wurde von der Menschenmenge an die Glasscheibe gedrückt und sah, dass die Schildkröte immer näher auf mich zukam. Alle fanden es so reizend, dass sie uns offenbar begrüßen wollte. Doch ich empfand nur Todesangst. Ich wollte, dass sie wieder kehrtmachte, denn sie war riesengroß und wunderschön. Ihr Panzer erinnerte mich an eine gewaltige Sanddüne. Und ihre Augen waren undurchdringlich.
    Ich wusste, was gleich geschehen würde, war aber absolut machtlos dagegen.
    Obwohl ich die Augen schloss, näherte sich die Schildkröte immer weiter. Bis jetzt war der Himmel bedeckt gewesen, doch plötzlich teilten sich die Wolken. Ein Sonnenstrahl fiel herab, und die Schildkröte blieb darin stehen. Sie wandte den Kopf, so dass ich eines ihrer Augen sah. Es war ein wohlgeformtes, tiefes, klares Auge, durch das ich bis zum Anbeginn der Zeit schauen konnte. Wir blickten einander an.
    Dann legte sie den Kopf in den von der Sonne beschienenen Sand und seufzte. Alle dachten, sie wäre eingeschlafen. Ich jedoch stand eine Viertelstunde lang wie angewurzelt da, während meine Eltern versuchten, mich aus meiner Trance zu reißen. Ich weiß noch, dass Etta meinte, sie habe auf mich gewartet, weil sie mir etwas mitteilen wolle.
    Ich wachte auf und drehte mich ruhelos auf dem Sofa um. Dann zogen mich Ettas Augen zurück ins Traumland.
    Die Augen verwandelten sich in die von Reverend Perimo. Die Iris trudelte davon wie Sonnenflecken, bis nur noch pechschwarze Abgründe übrig blieben, so tief, dass ich befürchtete hineinzufallen. »Glaub ihnen nicht, Meridian«, sagte er zu mir. »Du kannst alles haben. Du bekommst ihn zurück. Du kannst ewig leben. ›Ist das Kind tot? Sie antworteten: Ja, tot.‹« Celias Hände griffen nach mir. Ich sprang auf und fing an zu rennen.
    Ich lief neben einem alten Zug her. Ein lächelnder junger Mann in der Uniform eines Soldaten streckte rufend die Hand nach mir aus, aber ich wurde von hinten festgehalten.
    Als ich mich aus dem Schraubstockgriff losriss, fand ich mich, verheddert in meine Decken, neben dem Sofa auf dem Boden wieder. Custos hob winselnd den Kopf.
    »Alles in Ordnung. Schlaf weiter.« Ich stand auf, wickelte mich in die Decke und ging in die Küche, wo ich mich über einen Behälter Eiscreme mit Mokkageschmack und Schokostückchen hermachte.
    »Das Fieber ist gesunken«, verkündete Tens, als er in die Küche kam.
    Ich fuhr zusammen. »Verdammt, hast du mich erschreckt.«
    »Entschuldige.« Tens kramte einen Löffel aus der Schublade und setzte sich mir gegenüber.
    »Irgendwas habe ich übersehen, das spüre ich genau«, meinte ich, verärgert, weil es mir einfach nicht einfiel.
    Tens verspeiste nur schweigend seine Eiscreme.
    Ich schmeckte kaum, was ich aß, obwohl es doch meineLieblingssorte war. »Es ist genau vor meiner Nase, ich weiß es.«
    »Vielleicht grübelst du zu viel darüber nach.« Er aß weiter und beobachtete mich.
    Ich blickte aus dem Fenster in die Nacht hinaus. »Ich hatte einen verrückten Traum. Mann, es war wie echt.«
    »Du wirst es schon noch verstehen. Denk nicht mehr daran, dann passiert es von allein. Wenn du möchtest, leiste ich dir noch ein wenig Gesellschaft«, erbot sich Tens.
    »Nein, es ist alles in Ordnung.«
    »Geh nach oben und leg dich ins Bett. Ich sehe nach Custos. Auf diesem durchgelegenen Sofa schläft man miserabel.«
    Ich lächelte. »Wird gemacht. Danke.«
     
    Am nächsten Morgen setzte ich Teewasser auf und rührte Pfannkuchenteig an. Im Kühlschrank

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