Merkels Tochter. Sonderausgabe.
in den fast leeren Innenraum der Maschine und mit der anderen auf den mit Gemüsebrei verschmierten Teller, der immer noch neben dem Herd stand, ebenso wie das leere Breiglas und der Flaschenwärmer. Eine elende Schlamperei! Das hätte es zu seiner Zeit nicht gegeben. Und da wunderten sie sich, dass sie Ziriak nichts beweisen konnten. Die Sachen hätten doch längst zur KTU gebracht werden müssen, wahrscheinlich wimmelte es darauf nur so von Ziriaks Fingerabdrücken.
«Wie ich mir dachte», sagte er, «es war Platz genug in der Maschine. Und meine Tochter war sehr ordentlich. Warum hat sie den Teller nicht eingeräumt?»
Heinen zuckte mit den Achseln, kam jedoch nicht näher. Er war am Vormittag lange genug in der Küche gewesen, um alles wieder so herzurichten, wie es am Mittwochnachmittag gewesen war. Natürlich waren Teller, Glas und Flaschenwärmer längst auf Spuren untersucht worden. Auch der Plastiklöffel, mit dem der Junge gefüttert worden war, der im Ausguss gelegen hatte.
«Sie meinen, dazu sei Ihre Tochter nicht mehr gekommen?», fragte Heinen.
«Quatsch!» Den abfälligen Tonfall konnte Merkel nicht verhindern, wollte er auch nicht. Eine phantastische Kombinationsgabe hatte Kurts vielleicht bester Mann, wirklich einmalig. «Denken Sie mal scharf nach, ehe Sie den Mund aufmachen. Heinen Sie, Irene hätte das Kind im Stehen vor dem Herd gefüttert?» Er schüttelte tadelnd den Kopf. «Nein, sie hätte am Tisch gesessen, den Jungen auf dem Schoß, so füttert man nämlich normalerweise ein kleines Kind. Anschließend hätte sie den Teller in die Maschine gestellt und das leere Breiglas in den Abfalleimer geworfen.»
Während er das sagte, riss er die Tür des Schrankes neben dem Geschirrspüler auf, zeigte auf den Eimer, der innen an der Schranktür befestigt war und automatisch aufklappte. Lukas Heinen kam nicht näher, um sich den Abfalleimer anzuschauen. Er wies Merkel auch nicht darauf hin, dass Gläser längst nicht mehr in den normalen Hausmüll geworfen wurden. Da hinein gehörten nur noch irgendwelche Reste.
Die lagen obenauf, Eierschalen, Kartoffelschalen und ein Klecks Spinat. Das hatte Ulla Fendrich am vergangenen Abend gegessen. Und Heinen hatte in der Eile nicht gewusst, wo er sonst einen gefüllten Müllbeutel hernehmen sollte, damit auch wirklich alles so aussah wie am Mittwoch.
Dass die Schalen noch recht frisch aussahen und der Spinat nur zerkocht, fiel Merkel nicht auf. Er erinnerte sich, dass Irene als Kind gerne Spinat gegessen hatte, weil im Fernseher ein Zeichentrickmännchen den Spinat dosenweise in sich reindrückte und ordentlich Muskeln davon bekam. Da hatte sie geglaubt, sie würde auch groß und stark von Spinat mit Bratkartoffeln und Spiegelei. Dreimal die Woche hatte Heike ihr das servieren können.
Keine Scherben im Eimer! Jedenfalls nicht obenauf, vielleicht lagen sie tiefer. Bei der Tür kniff Heinen leicht angewidert die Augen zusammen, als Merkel begann, mit bloßen Händen in den fremden Resten zu wühlen. Es lagen auch einige Zigarettenkippen im Beutel, aber die machten ihn nicht stutzig, obwohl Irene nicht geraucht hatte.
«Sie meinen, Ihre Tochter hat das Kind nicht selbst gefüttert», stellte Heinen fest.
Merkel nickte und gestattete sich ein überlegenes Grinsen, nach dem ihm überhaupt nicht war. Er spülte seine Hände unter dem Wasserhahn ab, wischte sie notdürftig an der Hose trocken.
«Sie haben es erfasst», sagte er dabei. «Vergessen Sie mal, wie der Kleine sich am Mittwoch aufgeführt hat. Benutzen Sie lieber Ihren Verstand. Ziriak war dreimal die Woche hier, immer um die Mittagszeit, wenn der Kleine auf war. Der Junge kennt ihn gut. Vermutlich kennt er ihn besser als seinen eigenen Vater. Machen Sie einen Test, bringen Sie Ziriak mit dem Kleinen zusammen. Er war in der Lage, ihn ruhig zu halten, darauf verwette ich meinen Hintern. Er hat ihn gefüttert und noch ein bisschen mit ihm gespielt, während Irene …» Weiter konnte er nicht sprechen, brachte es nicht über die Lippen.
Heinen nickte ebenfalls bedächtig, über die beleidigenden Zurechtweisungen sah er hinweg. Merkel hatte ihm soeben die Aussage bestätigt, die Ziriak am Vormittag gemacht hatte, in Anwesenheit seiner Anwältin. Frau Doktor Greta Brand hieß sie nun, hatte vor einem Jahr einen Kollegen geheiratet und Ziriak gut zugeredet, der Polizei zu erzählen, wie es gewesen war.
26. Kapitel
Seiner neuen Aussage zufolge war Helmut Ziriak am vergangenen Mittwoch kurz nach elf in der
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