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Merkels Tochter. Sonderausgabe.

Merkels Tochter. Sonderausgabe.

Titel: Merkels Tochter. Sonderausgabe. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hammesfahr Petra
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auf Lager? Lass doch mal hören.»
Kurt ignorierte den Ton und kam zu den vermeintlichen Wischspuren auf dem Fußboden in der Küche. Das Putzzeug in einem der Küchenschränke war trocken gewesen. Es hatten sich auch keinerlei Blutspuren daran befunden. Folglich hatte niemand versucht, den Boden aufzuwischen. Es mochten Schleifspuren sein. Nur hätte Ziriak Irene nicht über den Boden schleifen müssen.
Ziriak hätte sie ohne Schwierigkeiten die Treppe hinauftragen können. Und getragen worden war sie, entweder von zwei Personen oder einer sehr starken. Fest stand auch, dass Ziriak ihr die Nelken in die Hände gedrückt hatte. Auf der Vase in der Küche hatten sich ebenfalls Fingerabdrücke von ihm befunden. Aber waren die Nelken, dieses ganze Arrangement auf dem Bett nicht ein Zeichen von Ehrerbietung?
Nach dieser Frage kam Kurt mit unbewegter Miene zum größten Widerspruch. Er ersparte Merkel die grausamen Details, sprach nur vom Zeitpunkt des Todes. Inzwischen hatte er den Obduktionsbericht eingesehen und sich genauer informiert. Irene war nicht um vierzehn Uhr gestorben, auch nicht um dreizehn Uhr, wie der Gerichtsmediziner zuerst geschätzt hatte. Nach exakten Berechnungen und einem Abgleich mit der Raumtemperatur stand fest, dass der Tod höchstwahrscheinlich zwischen halb zwölf und zwölf Uhr eingetreten war.
Und Irene war nicht auf der Stelle tot gewesen, deshalb musste man nun davon ausgehen, sie sei genau um halb zwölf angegriffen worden, weil Ziriak zu dem Zeitpunkt geklingelt hatte.
«Natürlich könnte er sofort über sie hergefallen sein», meinte Kurt und spielt die dritte Variante durch, bei der Merkel sich fragte, warum er sich zuvor mit den beiden anderen aufgehalten hatte. Die dritte musste nämlich die richtige sein.
Irene lässt Ziriak rein und geht zurück in die Küche. Sie will mit der Näharbeit fertig werden, ehe der Junge aufwacht. Ziriak zieht bei der Haustür seine schmutzigen Schuhe aus, folgt ihr auf Socken. Sie sitzt bereits wieder am Tisch, macht ihm Vorhaltungen, und da liegt ein Hammer. Er stellt sich hinter sie und schlägt sie nieder. Sie fällt vornüber mit dem Gesicht auf die Nähmaschine. Dafür sprach eine Schramme auf ihrer linken Wange. Ziriak sticht auf sie ein und verlässt das Haus wieder. Ein durchaus übliches Verhalten, Flucht vom Tatort. Und wenn er zur Vordertür hinausgegangen war, hatte Ulla Fendrich ihn nicht bemerken können.
Er läuft in der Gegend herum, will nicht wahrhaben, was er angerichtet hat. Nach einer Weile kehrt er um, kommt diesmal über die Terrasse ins Haus und benimmt sich, als wäre nichts gewesen. Klopft an die Küchentür, ruft nach ihr und so weiter und so weiter.
Allerdings stand diese Version für Kurt und die Ermittler in eklatantem Widerspruch zu Ulla Fendrichs Behauptung, der Agnes sich vehement angeschlossen hatte: Der kleine Patrick hätte das Haus zusammengebrüllt, wäre er nicht um zwölf Uhr von seiner Mutter aus dem Bett geholt und versorgt worden.
Idioten, dachte Merkel. Er hörte ihre Stimme so deutlich, als säße sie ihm gegenüber: «Gestern hat er hier über eine Stunde auf dem Boden gelegen und mit Patrick gespielt, damit ich mal schnell über die Fenster wischen konnte.» Da war sie ja auch nicht in der Nähe und der Knirps trotzdem friedlich gewesen. Der Kleine kannte Ziriak und akzeptierte ihn.
Das war die Erklärung. Und damit hätte er sämtliche Ungereimtheiten auf einen Schlag beseitigen können. Aber er schwieg, legte all die Fragen nur irgendwo im Hirn ab, direkt neben die blutverschmierte Küche, neben das Bett mit der großen, roten Puppe darauf, neben die Nelken in ihren Händen, ihr lachendes Gesicht an der Haustür und die Stärke, die sie damit ausstrahlte, neben die Unmengen von Kaffee, die sie im Laufe eines Tages getrunken hatte und neben ihre Tasse, die den lieben langen Tag griffbereit an der Seite stand, entweder auf dem Tisch oder auf einem der Küchenschränke.
Nicht am Mittwoch!, fiel ihm ein. Da hatten nur der Teller mit den Resten von Gemüsebrei, das leere Glas und der Flaschenwärmer neben dem Herd gestanden. Er sah es ganz deutlich vor sich. Das war vermutlich die aufregendste Frage von allen. Aber kein Polizist konnte sie stellen, weil keiner von Kurts Männern ihre Marotte kannte.
«Habt ihr den Geschirrspüler kontrolliert?», fragte er, ohne es wirklich fragen zu wollen. Er wusste auch schon, als er es aussprach, dass er nach dem Mülleimer hätte fragen müssen. Ziriak kannte ihre

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