Merlin und der Zauberspiegel
Schmutzlawine frei. Ein großer Teil davon landete in seinem Mund und ließ ihn
heftig spucken und husten. Das wiederum löste noch mehr Sumpfmatsch, den Shim wiederum schluckte, worauf er noch mehr husten
musste. Der Anfall dauerte mehrere Minuten. Um von seinem ruckenden Kopf und den fuchtelnden Armen nicht getroffen zu werden,
wich ich bis zum Rand der Bäume zurück.
Hallia war wieder neben mir und schaute mich ängstlich an. »Du kennst diesen Riesen?«
»Oh ja! Schon seit der Zeit bevor er – nun, so groß geworden ist. Er half mir die weisen Werkzeuge zu retten, als Stangmars
Schloss einstürzte.«
»Er könnte dich immer noch wie einen Wurm zertreten, wenn du nicht vorsichtig bist.«
Ich zeigte mit dem Stock auf die anderen Riesen weiter unten am Hang. Sie waren immer noch so damit beschäftigt, die beiden
Ringer anzufeuern und einander grob herumzustoßen, dass sie gar nicht bemerkt hatten, wie Shim wieder zu sich gekommen war.
»Sie machen mir viel mehr Sorgen. Shim ist ein Freund. Und er könnte wissen, was dort unten im Sumpf wirklich vor sich geht.«
Shims Hustenanfall legte sich und ich wollte zu ihm. Doch Hallias Blick, durchdringend wie ein Speer, hielt mich zurück. »Hör
zu, junger Falke. Riesen sind schlimm genug, doch du kannst ihnen wenigstens davonlaufen. Aber das verhexte Moor ist etwas
ganz Anderes. Was musst du denn noch mehr wissen, als dass es schon zunah ist? Direkt dort unten, am Fuß dieses Hangs! Lass uns verschwinden, so schnell wir können.«
»Glaub mir, ich verstehe dich. Als ich zuvor dort war . . . nun, ich will nicht wieder hin, wenn es nicht unbedingt nötig
ist.«
Tief aus der Schlinge an meiner Brust hörte ich ein unterdrücktes Stöhnen. Sogar wenn er bewusstlos war, äußerte der Ballymag
seine Meinung.
»Wie kannst du auch nur davon reden, zurückzugehen?«, drängte Hallia. »Einmal sollte gereicht haben.«
»Ich weiß nur, dass etwas ganz und gar nicht zu stimmen scheint.« Ich zeigte auf die dunklen Dämpfe, die aus dem Moor stiegen.
»Dort unten ist etwas, das ich lange nicht gespürt habe. Ich kann es nicht genau benennen, aber ich weiß, dass es gefährlich
ist.«
Sie sah mich zweifelnd an. »Vorsicht, junger Falke. Diesmal solltest du dir ganz sicher sein, was du willst.«
»Ich bin mir sicher. Ich will dem Land helfen – unserem Land.«
»Nicht nur jemandes Vorstellung von einem großen Zauberer entsprechen?«
»Nein!« Ich stieß meinen Stock in den Boden. »Und ob du es glaubst oder nicht, ich will auch vorsichtig sein.«
Sie holte langsam, zögernd Atem und schüttelte den Kopf.
VIII
PFEILE, DIE DEN TAG DURCHBOHREN
A ls aus Shims donnerndem Husten ein Krächzen geworden war, trat ich näher. »Erzähl mir, alter Freund, was ist mit dir geschehen?«
Er versuchte sich aufzusetzen und fiel mit einem lauten Plumps zurück. Das Geräusch ging jedoch im anhaltenden Tumult der
ringenden Riesen nicht weit von uns unter. In ihr Grölen und Brüllen, durchsetzt vom heftigen Aufprall der Körper, bei dem
der ganze Hang bebte, mischte sich das Geschrei ihrer zuschauenden Gefährten. »Mbeine armbe Nase«, stöhnte Shim. »So voll
mbit mbatschigemb Mbatsch. Gann gaumb atmben.«
Er wandte mir den massigen Kopf zu und streute dabei noch mehr Dreck und die knorrigen, rindenlosen Reste eines Baums um sich.
»Mberlin. Was bringen dich hierher?«
»Ein Fehler – mein eigener. Aber ich freue mich dich wiederzusehen.«
»Ich mbich auch, sogar mbit so viel egligemb Schlammb.« Er ächzte, hob die Hand und schlug sich auf die Nase. »Ich würden
dich gern nach Hause bringen, aber ich können mbich gaumb bewegen. Ich fühlen mbich so schwach! Bestimmbt, definitiv, absolut.«
»Was ist passiert?«
Seine rosa Augen glühten wie Schmiedezangen. »Sie versuchen die Straße der Riesen zu bloggieren, den altenWeg durchs Mboor. Der waren da, seit Fingayra bestehen. Und es sein unser bester Weg zumb Sommberfischen imb östlichen Meer.«
Ich schaute zu den raufenden Riesen hinunter und schüttelte den Kopf. »Wer könnte so unvernünftig sein? So dreist?«
»Mboorghule.«
»Moorghule?«
»Ja!« Seine gewaltige Hand ballte sich zur Faust. »Wir wollten die Straße wieder öffnen, da greifen sie uns an. Mbit Pfeilen,
mbörderischen Pfeilen, so starg, dass sie den Tag durchbohren.«
Hinter mir schnappte Hallia nach Luft. Zugleich spürte ich, wie der Ballymag in der Schlinge auf meiner Brust sich wieder
regte.
»Was meinst du
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