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Merlin und der Zauberspiegel

Merlin und der Zauberspiegel

Titel: Merlin und der Zauberspiegel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas A. Barron
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an, es ist Unsinn, mich so in diese Sache hineinzustürzen.
     Dieser Wald hat seit Jahrhunderten überlebt. Sicher kann er noch eine Weile länger überdauern – wenigstens lange genug, bis
     ich mehr darüber erfahren habe, was wirklich vorgeht.«
    »Das stimmt«, sagte sie leise. »Und jetzt wollen wir laufen. Bevor die Sonne noch tiefer sinkt.«
    »Du springst voran«, schlug ich vor. Dann bemerkte ich die leere Scheide und hielt den Atem an. »Mein Schwert! Wo ist es?«
    Hallia fuhr herum. »Dort.« Sie deutete den Hang hinunter. »Siehst du, wo es gelandet ist?«
    Tatsächlich, es war nicht zu übersehen. Mein glänzendes Schwert stand völlig aufrecht – die Spitze in der Erde, den Griff
     hoch in der Luft. Nicht wie eine Waffe, wie eine Grenzmarkierung sah es aus, die das waldige Land oben von dem sumpfigen Morast
     darunter trennte. In der Ferne schienen sich die wirbelnden Nebel fast danach zu strecken, sich um den Griff zu wickeln und
     die Klinge zu packen.
    In diesem Moment stieß ein großer Vogel mit grauen Flügeln vom Himmel herab. Ohne seinen Flug zu bremsenfasste er den Griff mit den Klauen und zog das Schwert aus der Erde. Der Vogel stieß einen lauten Schrei aus, schlug mit einer
     langsamen, rudernden Bewegung die mächtigen Flügel und hob sich wieder in die Lüfte.
    »Komm zurück!« Ich war zu überrascht, um irgendeinen Zauber anzuwenden, selbst wenn ich gewusst hätte, welche Magie hier einzusetzen
     war.
    Mit langsamem, fast müdem Flügelschlag flog der große Vogel der untergehenden Sonne entgegen – und zu dem ausgedehnten verhexten
     Moor. Es dauerte, wie mir schien, Sekunden und zugleich eine Ewigkeit, bis er die wirbelnden Nebelsäulen erreichte. Dann ließ
     er mit einem weiteren Schrei seine Beute los. Mein Schwert blitzte noch einmal hell auf, dann stürzte es hinunter und verschwand
     im Dunst.

IX
VERLOREN
    E ntsetzt beobachtete ich, wie die dunklen Nebel mein Schwert verschlangen – und sah dem Vogel nach, der es gestohlen hatte.
     »Weg«, sagte ich ungläubig. »Weg! Ich muss es zurückholen.«
    »Warte.« Hallias runde Augen spähten zum fernen
    Sumpf, dessen verzerrte Wolken den Horizont säumten. Die tief stehende Sonne malte die ganze Landschaft golden mit einem wachsenden
     scharlachroten Schleier. »Es ist alles so seltsam. Warum sollte ein Vogel so etwas tun? Außer vielleicht, um . . .« Sie schüttelte
     den Kopf, als wollte sie einen unwillkommenen Gedanken verscheuchen.
    »Was?«, drängte ich.
    »Um dich ins Moor zu locken.«
    Ich zog eine Augenbraue hoch. »Eine Falle?«
    »Für dich, junger Falke.«
    »Unwahrscheinlich. Jedenfalls ist es nicht wichtig. Ich brauche mein Schwert.«
    »Es gibt andere Schwerter. Du kannst dieses den Moorghulen überlassen.«
    »Nein, unmöglich. Dieses Schwert ist ein Teil von mir. Ein Teil meiner. . .«
    »Bestimmung?« Sie sah mich finster ein. »Es ist Zeit, dass du deinen eigenen Weg wählst, meinst du nicht auch?«
    »Ja«, sagte ich mit fester Stimme. »Und jetzt bin ich mir sicher. Das
ist
mein Weg.«
    Sie zuckte zusammen und schloss einen Moment die Augen. »Du gehst also dort hinunter?«
    »Und wohin ich sonst noch muss. Hallia, und wenn das Schwert irgendwie mit dem Rest dieser schlimmen Sache zusammenhängt?
     Ich muss tun, was ich kann.« Ich betrachtete ihr kastanienbraunes Haar, das im Licht schimmerte. »Du solltest zu deinem Volk
     zurückgehen. Und zu Gwynnia. Nach dem Moor komme ich zu dir.«
    Beim letzten Satz spürte ich, wie der Ballymag an meinen Rippen schauderte. Seine Klauen klapperten ängstlich in der Schlinge.
     Ich griff nach Hallias Hand und sagte ruhig: »Ich werde trotzdem bei dir sein, das weißt du. Auf eine Art jedenfalls.«
    Ihre Hand zitterte in meiner. »Nein, das ist nicht genug.« Sie senkte die Stimme zu einem Flüstern. »Ich komme mit dir.«
    »Nein, das solltest du nicht . . .«
    »Aber ich tu es.« Sie schaute zum Himmel. »Ich wollte nur, Gwynnia wäre hier und würde auch mitkommen.«
    »Ohnemich!«, schrie der Ballymag und schob den robbenähnlichen Kopf aus den Falten des Tuchs. »Glaubstu ich leideflieh solches
     Schmerzweh, solche Angstschrecken und geh zurück zu klarbestimmter Todgefahr?«
    Er stieß mit zwei scharfen Krallen nach meiner Nase. »Du entsetzbares Menschmonster! Du bringst mir mein Todesaus – und ich
     so kleinjung, nur ein Säuglingsbaby.«
    »Tut mir Leid.« Ich stieß die Klauen weg. »Ich wollte das nicht, wusste nicht . . .«
    »Ausredentschuldigung!«

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